# taz.de -- US-Demokraten bei Wahlen zum US-Senat: Nun fehlt nur noch ein Sitz | |
> Mark Kelly verteidigt sein Mandat in Arizona, die Partei hat gute | |
> Chancen, doch die Senatsmehrheit zu erringen. Und Trump geht vor Gericht, | |
> um nicht aussagen zu müssen. | |
Bild: Sichert seiner Partei einen hart umkämpften Sitz: Mark Kelly | |
Washington dpa/afp | Die Demokraten von US-Präsident Joe Biden haben | |
gesteigerte Chancen, nach den Zwischenwahlen ihre hauchdünne Mehrheit im | |
Senat zu halten. Nach einem tagelangen Auszählungskrimi gelang es dem | |
Demokraten Mark Kelly, seinen hart umkämpften Senatssitz im Bundesstaat | |
Arizona zu verteidigen. Der ehemalige Astronaut setzte sich am späten | |
Freitagabend gegen den republikanischen Herausforderer Blake Masters durch. | |
Damit sind die Demokraten nur noch einen Sitz von einer möglichen | |
Senatsmehrheit entfernt. Zwei Rennen um Sitze in der Kongresskammer sind | |
noch offen. | |
Die Kongresswahlen hatten bereits am Dienstag stattgefunden. Bei den | |
„Midterms“ in der Mitte der vierjährigen Amtszeit Bidens standen alle 435 | |
Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl und 35 der 100 Sitze im Senat. Auch 36 | |
Gouverneursposten und andere wichtige Ämter in den Bundesstaaten wurden neu | |
besetzt. Die Auszählung der Stimmen in Arizona hatte sich wegen des extrem | |
knappen Rennens zwischen den beiden dortigen Kontrahenten und wegen | |
wahlrechtlicher Besonderheiten in dem Bundesstaat besonders lange | |
hingezogen. | |
Der 36 Jahre alte Masters, ein Tech-Investor mit sehr konservativen | |
Ansichten, war im Wahlkampf vom republikanischen [1][Ex-Präsidenten Donald | |
Trump unterstützt worden]. Masters Niederlage in Arizona reiht sich ein in | |
den Misserfolg diverser anderer republikanischer Kandidaten, die Trump | |
unterstützt hatte. Ihr schwaches Abschneiden fällt auf den Ex-Präsidenten | |
zurück und hat Zweifel an dessen Führungsrolle in der Republikanischen | |
Partei aufkommen lassen. | |
Vor der Wahl war eine Erfolgswelle für die Republikaner vorausgesagt | |
worden, und ein Debakel für die Demokraten. [2][Doch beides blieb aus.] Die | |
Demokraten schnitten deutlich stärker ab als erwartet – auch wenn noch | |
immer offen ist, wer künftig das Sagen im Kongress haben wird. | |
Im Senat kommen Demokraten und Republikaner nach der Entscheidung aus | |
Arizona nun auf jeweils 49 Stimmen. Zwei Sitze sind noch umkämpft: in den | |
Bundesstaaten Nevada und Georgia. In Georgia kommt es am 6. Dezember zu | |
einer Stichwahl zwischen dem demokratischen Senator Raphael Warnock und | |
seinem republikanischen Herausforderer Herschel Walker, weil keiner der | |
beiden Kontrahenten im ersten Anlauf auf mehr als 50 Prozent der Stimmen | |
kam. | |
In Nevada läuft ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der demokratischen | |
Senatorin Catherine Cortez Masto und ihrem republikanischen Gegenkandidaten | |
Adam Laxalt. Die Republikaner hoffen darauf, den Demokraten den Senatssitz | |
abknöpfen zu können. Doch am späten Freitagabend hatte Laxalt nur gut 800 | |
Stimmen Vorsprung. Sollten die Demokraten den Sitz verteidigen, wäre ihre | |
Senatsmehrheit gesichert. Hintergrund ist, dass die demokratische | |
Vizepräsidentin Kamala Harris, die gleichzeitig Präsidentin des Senats ist, | |
in einer Pattsituation mit abstimmen darf. | |
Sollten sich die Republikaner in Nevada durchsetzen, bliebe den Demokraten | |
noch die weitere Chance, in Georgia den Sieg zu holen. Sie brauchen rein | |
rechnerisch wegen Harris' Stimme nur einen der beiden offenen Senatssitze, | |
um die Kammer zu kontrollieren. | |
## Drei Mandate für die Demokraten in Nevada | |
Offen ist auch noch, wer künftig das Repräsentantenhaus dominiert. Für eine | |
Mehrheit sind dort 218 Sitze nötig. Nach bisher ausgezählten Abstimmungen | |
kamen die Republikaner am späten Freitagabend (Ortszeit) auf 211 Sitze und | |
die Demokraten auf 201. Auch dort ist das Rennen deutlich enger als vor der | |
Wahl vorhergesagt. [3][Noch stehen die Chancen für die Republikaner besser, | |
die Mehrheit in der Kammer zu gewinnen]. Doch die Tatsache, dass die | |
Demokraten derart nah dran sind und eine Mehrheit für sie auch im | |
Repräsentantenhaus im Bereich des Denkbaren ist, hatten viele vor der Wahl | |
nicht für möglich gehalten. | |
So haben die Demokraten drei Mandate im sogenannten Battleground State | |
Nevada gewonnen, einer ging an die Republikaner. Die Auszählung in Nevada | |
dauert länger als in anderem Gliedstaaten, weil dort seit einer | |
Wahlrechtsänderung von 2020 auch Briefwahlstimmen mitgezählt werden, die | |
den Poststempel vom Wahltag haben und erst vier Tage danach eintreffen. | |
Einer der Demokraten, die ihre Sitze verteidigten, Steven Horsford, sagte | |
am Freitag, dies sei eine „wichtigsten Wahlen unseres Lebens gewesen“. | |
Einer der unterlegenen Republikaner, Mark Robertson, sagte, er werde nicht | |
wie Ex-Präsident Donald Trump 2020 das Wahlergebnis anzweifeln. „So | |
funktioniert repräsentative Demokratie“, sagte er in einer schriftlichen | |
Erklärung. „Obwohl wir nahe kamen, waren wir am Ende nicht in der Lage, den | |
Zehn-Punkte-Registrierungsvorteil zu überholen, den die Demokraten in | |
diesem Bezirk haben.“ | |
In Arizona gewann der Demokrat Adrian Fontes die Wahl zum Amt des Secretery | |
of State, der eine wichtige Aufsichts- und Kontrollfunktion bei Wahlen in | |
dem US-Staat hat. Sein Herausforderer Mark Finchem hatte am 6. Januar 2020 | |
in Washington an einer Kundgebung von Trump-Anhängern teilgenommen, bevor | |
der Sturm auf das Kapitol begann. | |
Finchem war einer der prominentesten Republikaner, die für Secretery of | |
State-Posten bei den Zwischenwahlen kandidierten und die behaupteten, | |
Präsident Joe Biden sei nicht rechtmäßig gewählt worden. Er hätte den | |
Wahlsieg Bidens in Arizona nicht zertifiziert, hatte er erklärt. Im | |
föderalen System der USA haben die Secretery of States eine wichtige Rolle | |
bei der Gestaltung der Wahlregeln in den einzelnen Staaten und der | |
Zertifizierung der Ergebnisse. | |
## „Ungültig, rechtswidrig und nicht durchsetzbar“ | |
Unterdessen hat Ex-Präsident Donald Trump am Freitag eine Klage gegen die | |
Vorladung durch den Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols | |
eingereicht. Seine Anwälte bezeichneten die Vorladung als „ungültig, | |
rechtswidrig und nicht durchsetzbar“. Sie argumentierten, Trump genieße | |
auch fast 22 Monate nach seinem Ausscheiden aus dem Amt noch das | |
Exekutivprivileg und könne vom Kongress nicht zu einer Aussage gezwungen | |
werden. | |
Der Ausschuss hatte Trump aufgefordert, ab Montag [4][persönlich vor | |
Gericht unter Eid auszusagen]. Zudem sollte er eine umfangreiche Liste von | |
Dokumenten und Mitteilungen im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol | |
vorlegen. | |
Am 6. Januar 2021 hatten hunderte radikale Trump-Anhänger das Kapitol | |
gestürmt, als dort Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl endgültig | |
bestätigt werden sollte. Trump hatte in den Wochen zuvor die | |
Falschbehauptung verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine | |
zweite Amtszeit gebracht worden. Seine Anhänger rief er unmittelbar vor der | |
Kapitol-Erstürmung in einer Rede auf, „auf Teufel komm raus“ zu kämpfen. | |
Die Kapitol-Erstürmung mit fünf Toten und rund 140 verletzten Polizisten | |
sorgte weltweit für Entsetzen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss | |
versucht seit dem vergangenen Jahr, die Hintergründe des Angriffs auf das | |
Parlament aufzudecken. Dabei wurden zahlreiche frühere Trump-Vertraute | |
befragt. | |
Entscheidend für die weitere Arbeit des Untersuchungsausschusses ist der | |
Wahlausgang der Kongress-Zwischenwahlen vom Dienstag. Würden die | |
Republikaner eine Mehrheit erlangen, dürften diese den | |
Untersuchungsausschuss mit Beginn des neuen Parlamentsjahres im Januar | |
rasch auflösen. | |
Trump könnte indes am kommenden Dienstag seine Kandidatur bei der | |
Präsidentschaftswahl 2024 ankündigen. Er hatte für den Tag bereits eine | |
„sehr große Ankündigung“ in Aussicht gestellt. Am Freitag bestätigte Tru… | |
langjähriger Berater Jason Miller entsprechende Vermutungen. Miller | |
erklärte, Trump werde seine erneute Kandidatur für das Präsidentenamt am | |
Dienstag ankündigen. | |
12 Nov 2022 | |
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