# taz.de -- Zwischenwahlen in den USA: Rechte Enttäuschung | |
> Noch sind nicht alle Stimmen gezählt, doch es zeichnet sich ab: Die | |
> Republikaner haben weniger Zugewinne als erwartet. | |
Bild: Zentrum der Macht: Passant:innen am Kapitol in Washington am Wahltag, dem… | |
taz | Es war der konservative republikanische Senator Lindsay Graham, der | |
noch in der Wahlnacht am deutlichsten formulierte, was sich als Nachricht | |
des Tages etablieren sollte: „Das ist definitiv keine republikanische | |
Welle, das ist verdammt klar“, sagte er beim Sender NBC wenige Stunden, | |
nachdem die ersten Ergebnisse eingetroffen waren. | |
Auch am Mittwoch war nicht definitiv klar, ob die Republikaner*innen | |
ihr Ziel erreichen, die Mehrheit in einer oder gar beiden Kammern des | |
Kongresses wiederzuerlangen. Im Senat, wo bislang 50 | |
Republikaner*innen ebenso vielen Demokrat*innen gegenüberstanden, | |
mussten sie lediglich einen Sitz hinzugewinnen, um die Kontrolle zu | |
übernehmen. Aber der einzige Wechsel, der in der Wahlnacht selbst sicher | |
vermeldet werden konnte, ging genau in die andere Richtung: In | |
[1][Pennsylvania] konnte der Demokrat John Fetterman sich gegen seinen | |
republikanischen Konkurrenten durchsetzen, den von Donald Trump | |
unterstützten Mehmet Oz. | |
Aber es wird noch Tage, womöglich Wochen dauern, bis die Mehrheit im Senat | |
entschieden ist. Vier Rennen waren am Mittwoch noch offen: Nevada, Arizona, | |
Wisconsin und Georgia, bis auf Wisconsin alles Senatssitze, die bislang von | |
Demokrat*innen gehalten werden. Können die Republikaner*innen | |
zwei davon drehen, haben sie die Mehrheit im Senat. Aber wann das klar ist, | |
war zunächst gar nicht absehbar. | |
In Nevada lag die demokratische Amtsinhaberin Catherine Cortez Masto gegen | |
Herausforderer Adam Axalt hinten – allerdings machte der Unterschied am | |
Mittwochmorgen Ortszeit nur 23.000 Stimmen aus, und nur 75 Prozent der | |
Stimmen waren ausgezählt. In Nevada haben alle Wahlberechtigten | |
Briefwahlunterlagen erhalten. Eingesandte Stimmen sind gültig, sofern der | |
Poststempel spätestens vom Wahltag selbst stammt. Wie viele Wahlbriefe | |
womöglich noch unterwegs sind, weiß niemand. | |
In Arizona lag der demokratische Amtsinhaber Mark Kelly mit immerhin rund | |
90.000 Stimmen in Führung, aber es waren lediglich 68 Prozent der Stimmen | |
ausgezählt. Zu Beginn des Wahltages hatte es Probleme mit Wahlmaschinen in | |
Maricopa County rund um Phoenix gegeben, einem der bevölkerungsreichsten | |
Wahlkreise des Bundesstaates. | |
Rechte Gerüchte | |
Sofort hatten republikanische Anwälte, die rechte Gouverneurskandidatin | |
Kari Lake und rechte Medien von versuchtem Wahlbetrug gesprochen – und | |
obwohl die Probleme schon nach kurzer Zeit gelöst waren, ist es nicht | |
unwahrscheinlich, dass ein demokratischer Wahlsieg hier zu Anfechtungen | |
führen könnte. Auch 2020 hatten Anwälte im Auftrag von Donald Trump die | |
Wahlen in dem Bezirk angezweifelt. | |
In [2][Wisconsin] lag der republikanische Amtsinhaber Ron Johnson klar in | |
Führung, bei nur noch rund einem Prozent fehlender Stimmen schien hier das | |
Rennen gelaufen. | |
Und so könnte wieder einmal der Bundesstaat Georgia das Zünglein an der | |
Waage sein. Da führte zwar der demokratische Amtsinhaber Raphael Warnock | |
gegen den Footballstar und Politikneuling Herschel Walker – aber keiner der | |
beiden kam über 50 Prozent. Nach Georgias Wahlgesetzen bedeutet das, dass | |
die Entscheidung in einer Stichwahl fällt – und die ist erst für den 6. | |
Dezember angesetzt. | |
Auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus war am Mittwoch noch nicht | |
eindeutig – allerdings lagen republikanische Kandidat*innen in so | |
vielen der noch ausstehenden Wahlkreisen vorne, dass viele Analysten davon | |
ausgingen, dass sie die Grenze von 218 Stimmen wohl überspringen werden. | |
Der bisherige Minderheitsführer Kevin McCarthy würde dann den Posten des | |
Speaker of the House von der Demokratin Nancy Pelosi übernehmen. | |
Unter dem Durchschnitt | |
Bei den Gouverneurswahlen in 36 Bundesstaaten konnten sich in den meisten | |
Fällen die Amtsinhaber*innen behaupten. Mit Spannung wurde auch hier | |
auf Arizona geschaut, wo der Sitz offen war: Auf republikanischer Seite | |
trat Kari Lake, eine Rechtsaußenkandidatin, die wie kaum eine andere Trumps | |
Lüge von der gestohlenen Präsidentschaftswahl verbreitet, gegen Katie Hobbs | |
an, die 2020 als Secretary of State in Arizona die Integrität der Wahlen | |
gegen republikanische Angriffe verteidigt hatte. Hobbs lag am Mittwoch mit | |
lediglich 12.000 Stimmen vorn – weit entfernt von einer klaren Prognose. | |
Sicher ist, dass die möglichen Zugewinne der Republikaner*innen nicht | |
nur unter ihren diesjährigen Erwartungen geblieben sind, sondern sogar | |
unter den durchschnittlichen Zugewinnen der Oppositionspartei bei | |
Halbzeitwahlen. Die Themen Abtreibungsrecht, was die Demokrat*innen in | |
den Vordergrund stellten, und Inflationssorgen, mit dem die | |
Republikaner*innen mobilisieren wollten, hoben sich nach Ansicht von | |
Analyst*innen gegenseitig auf. | |
Darüber hinaus wurde selbst in republikanisch geprägten Diskussionsrunden | |
spekuliert, welchen Einfluss die massive Einmischung [3][Donald Trumps] auf | |
das enttäuschende Ergebnis gehabt haben könnte. Die Partei, so meinten | |
einige, müsse ihn endlich loswerden. | |
9 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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