# taz.de -- Sturm auf das Kapitol: Trump soll aussagen | |
> Ex-Präsident Trump soll vor dem Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen | |
> am 6. Januar 2021 aussagen. Gegen ihn laufen bereits mehrere Verfahren. | |
Bild: Muss vor den Untersuchungsausschuss: Ex-Präsident Donald Trump | |
Donald Trump bekommt eine Vorladung. Das haben die neun Mitglieder des | |
Sonderausschuss, der den gewalttätigen Sturm auf das US-Kapitol untersucht, | |
am Donnerstag einstimmig entschieden. „Wir wollen von ihm hören, weil er | |
die eine Person im Zentrum der Geschichte des 6. Januar ist“, begründete | |
der demokratische Ausschussvorsitzende aus Mississippi, Bennie Thompson. | |
„Wir sind verpflichtet, Antworten von dem Mann zu suchen, der das alles in | |
Gang gesetzt hat“, sagte die republikanische Vize Vorsitzende Liz Cheney | |
aus Wyoming: „jeder Amerikaner hat ein Recht, das zu hören“. | |
Nachdem der Sonderausschuss in den zurückliegenden Monaten Hunderte | |
Augenzeugen vernommen hat, bildete die Vorladung des Ex-Präsidenten den | |
Abschluss des neunten – und vorerst letzten – öffentlichen Hearings. | |
Doch sie war bei Weitem nicht die einzige Überraschung, mit der die sieben | |
Demokraten und zwei Republikaner am Donnerstag aufwarteten. Zusätzlich | |
veröffentlichten sie Videoaufzeichnungen von Aussagen mehrerer ehemaliger | |
Weiße-Haus-Mitarbeiterinnen sowie von dem ehemaligen Generalstabschef der | |
USA, Mark Milley, die bestätigen, dass Trump nach den Wahlen im November | |
2020 im engen Kreis zugegeben hat, dass er verloren hatte. Unterdes redete | |
er öffentlich weiter von einem angeblichen „Wahlbetrug“, strengte | |
Gerichtsverfahren quer durch das Land an (die sämtlich abgewiesen wurden), | |
wiegelte seine Basis zum „Kämpfen“ auf, und verlangte von Wahlbeamten, dass | |
sie Stimmen besorgen, die ihm zum Wahlsieg fehlten. | |
## Trump soll gesagt haben: „Wir kämpfen weiter“ | |
„Yeah, wir haben verloren“, sagte[1][Trump] im Oval Office bei einem Besuch | |
des höchstrangigen Militär der USA, Milley. „Kaum zu fassen, dass ich gegen | |
diesen verdammten Kerl (Joe Biden, d. Red.) verloren habe“, sagte der | |
Ex-Präsident – ebenfalls im Oval Office – seiner Kommunikationsdirektorin | |
Alyssa Farah. Gegenüber seinem Bürochef Mark Meadows gestand er nach | |
Aussage von Meadows Assistentin, Cassidy Hutchinson, „vielfach“ seine | |
Niederlage ein, verlangte aber zugleich: „wir kämpfen weiter“. | |
Bei ihrem neunten Hearing beriefen sich die Ausschussmitglieder auch auf | |
Aussagen von nicht namentlich genannten Geheimdienstmitarbeitern, die das | |
Weiße Haus Tage vor dem 6. Januar gewarnt haben, bewaffnete Trump-Anhänger | |
bereiteten Gewalt – inklusive Tote – vor. | |
Der Ex-Präsident unternahm nichts, um die Gewalt zu verhindern, und heizte | |
die Stimmung mit Lügen über die „gestohlenen Wahlen“ weiter an. „Donald | |
Trump war das Zentrum der Verschwörung“, sagte Ausschussvorsitzender | |
Thompson am Donnerstag, „der 6. Januar war der Höhepunkt eines | |
Putschversuchs“. | |
Zu dem neunten[2][Hearing] waren – anders als bei den [3][vorausgegangenen | |
acht] – keine Live-Zeugen geladen. Stattdessen zeigte der Ausschuss bislang | |
unveröffentlichtes Videomaterial aus den Verstecken, in denen die | |
Abgeordneten und SenatorInnen am 6. Januar Schutz suchten, während die | |
Kapitolsstürmer den Sitzungssaal und ihre Büros zertrümmerten und | |
Vizepräsidenten Mike Pence mit einer Hinrichtung bedrohten. | |
## Pelosi bezeichnete Trump als „Anstifter“ | |
In einem unterirdischen Raum verlangte die Chefin des Abgeordnetenhauses, | |
Nancy Pelosi, am Nachmittag des 6. Januar, dass der Kongress seine | |
Zeremonie zur Bestätigung der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten so | |
schnell wie möglich fortsetze. | |
„Wir müssen das Verfahren abschließen“, sagte sie: „sonst tragen sie ei… | |
kompletten Sieg davon“. Den US-Präsidenten bezeichnete sie in ihrem | |
Versteck als „Anstifter“. Chuck Schumer, der damalige Chef der Demokraten | |
im Senat, verlangte bei Telefonaten mit Ministern der republikanischen | |
Regierung: „Bringen Sie den Präsidenten dazu, diese Leute aufzurufen, das | |
Kapitol zu verlassen“. | |
In dem Chaos und der angstvollen Stimmung jenes Tages zogen zahlreiche | |
Demokraten und Republikaner aus dem Kongress an einem Strang. So drängte | |
auch der damalige republikanische Senatschef, Mitch McConnell, auf eine | |
schnelle Fortsetzung der Zeremonie. | |
Und der Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus berichtete bei seinen | |
telefonischen Hilferufen im Weißen Haus, Kapitolsstürmer wollten ihn | |
umbringen und drängte den Präsidenten, zu einem sofortigen Ende der Aktion | |
aufzurufen. | |
## Die Lüge von den „gestohlenen“ Wahlen | |
Die Einheit der bedrängten Politiker währte nur wenige Stunden. Als der | |
Sonderausschuss wenig später seine Aufklärungsarbeit über den Kapitolssturm | |
begann, lehnte Kevin McCarthy jede Zusammenarbeit ab. Die beiden | |
Republikaner im Ausschuss beschrieb er als Verräter und schloss Cheney aus | |
den Führungsgremien der Partei aus. Trump erledigte den Rest und beendete | |
die politischen [4][Karrieren seiner innerparteilichen Kritiker.] | |
Bei den Halbzeitwahlen im Januar hat er seine Lüge von den „gestohlenen | |
Präsidentschaftswahlen“ zur offiziellen Parteidoktrin gemacht. 299 | |
Kandidaten seiner Partei für den künftigen US-Kongress und für regionale | |
Wahlämter – mehr als die Hälfte der republikanischen Kandidaten – | |
bestreiten den Wahlsieg von Joe Biden. | |
Trump hatte am Donnerstag dieser Woche einen besonders schlechten Tag. | |
Schon Stunden vor der Vorladung lehnte das Oberste Gericht seinen Antrag | |
auf das Eilverfahren ab, mit dem er versucht hatte, die Auswertung der in | |
seiner Residenz in Mar-a-Lago beschlagnahmten Dokumente – darunter | |
zahlreiche Geheimunterlagen – zu verzögern. | |
Wegen der Geheimunterlagen, die er nicht mit nach Florida nehmen durfte, | |
wegen seiner Rolle beim Kapitolssturm vom 6. Januar, wegen | |
Korruptionsvorwürfen und wegen Beeinflussung und Unterdrucksetzung von | |
Wahlbeamte hat der Ex-Präsident gegenwärtig [5][Gerichtsverfahren quer | |
durch die USA.] | |
## Ob er aussagen wird, ließ Trump offen | |
Auf seine Vorladung vor dem Sonderausschuss reagierte Trump am Donnerstag | |
Abend nur mit einer ausweichenden Frage: „Warum haben sie damit bis zum | |
Schluss gewartet?“ Ob er aussagen wird oder nicht, ließ er offen. | |
Für den Sonderausschuss hätte die Vorladung vor allem symbolischen | |
Charakter. Ein weiteres Hearing ist nicht angesetzt. Sollten die | |
Republikaner bei den Halbzeitwahlen die Mehrheit im künftigen | |
Repräsentantenhaus erobern, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es ab | |
Januar keine Fortsetzung der Aufklärungsarbeit im Kongress mehr geben wird. | |
Aber am Donnerstag deutete Ausschussmitglied Peter Aguilar, Demokrat aus | |
Kalifornien, an, dass der Ausschuss weitere Munition gegen Trump haben | |
könnte, die auch die Gerichte interessieren könnte. Aguilar griff einen | |
Vorwurf auf, den Cheney bereits vor Monaten erwähnt hatte: Auf Zeugen, die | |
vor den Sonderausschuss geladen waren, soll Druck ausgeübt worden sein. | |
Aguilar nannte „potenzielle Obstruktion“ und den „Rat, diesem Ausschuß | |
nicht die Wahrheit zu sagen“. Beides wären Straftaten, die auch nach einem | |
Mehrheitswechsel im Kongress weiter verfolgt werden könnten. | |
14 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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