# taz.de -- UN-Expertenbericht zu Milizen in Kongo: IS-Netzwerk für Afrikas Te… | |
> Unterstützer von Somalia bis Südafrika haben Kongos Terrormiliz ADF | |
> erneut stark gemacht. Dies enthüllt ein neuer UN-Expertenbericht. | |
Bild: Särge mit mutmaßlich von der ADF getöteten Schulkindern in Uganda, 18.… | |
KAMPALA taz | Ein afrikaweites Netzwerk unterstützt finanziell und | |
logistisch die islamistische Rebellengruppe [1][ADF (Allied Democratic | |
Forces)] aus Uganda, die sich im Osten der Demokratischen Republik Kongo | |
verschanzt und für zahlreiche Massaker in Kongo und Uganda verantwortlich | |
ist. Der [2][neueste Bericht der UN-Expertengruppe], die die Einhaltung des | |
Waffenembargos gegen Kongos bewaffnete Gruppen überwacht, liefert dafür | |
detaillierte Beweise. | |
Die [3][Ermittler im Auftrag des UN-Sicherheitsrates] zeichnen nach, wie | |
stark sich die einst rein lokal agierende ugandische Miliz | |
internationalisiert hat. Nachgewiesene Kontakte und Finanzströme erstrecken | |
sich von Somalia über Mosambik und Südafrika bis in Kongos Hauptstadt | |
Kinshasa. | |
In den vergangenen zwei Jahren haben sich, so der UN-Bericht, Vertreter der | |
islamistischen Rebellengruppe Ahl al-Sunna wal-Jama’a aus Mosambik, des | |
„Islamischen Staats“ in Somalia, dem Teile der dortigen Shabaab-Rebellen | |
angehören, sowie Kommandeure der ADF mehrfach persönlich im Kongo und in | |
Mosambik getroffen, um ihre Organisationen enger unter dem Dach des | |
„Islamischen Staates“ in Afrika zu vernetzen. | |
Dabei werden gewaltige Summen quer durch den Kontinent transferiert. Die | |
UN-Ermittler recherchieren, wie zwischen 2019 und 2020 rund 400.000 Dollar | |
vom IS in Somalia über Südafrika, Mosambik, Tansania, Kenia und Uganda zur | |
ADF in Kongo gelangten. Involviert in diese Transaktionen sind Somalis, | |
Ugander, Äthiopier und Kenianer. Sie nutzen das islamische | |
Geldüberweisungssystem Hawala oder Transferanbieter wie Mama Money oder | |
Selpal. | |
## Erkenntnisse widersprechen dem offiziellen Narrativ | |
Einige Zahlungen im Umfang von 10.000 bis 30.000 Dollar gingen an | |
ADF-Schläferzellen in Ugandas Hauptstadt Kampala. Dort ließen | |
ADF-Selbstmordattentäter im November 2021 Bomben hochgehen. Ein direkter | |
Zusammenhang sei nicht „endgültig“ nachzuweisen, so die UN-Ermittler, doch | |
könne eine „direkte Verbindung“ zwischen ADF und dem IS Somalia bestätigt | |
werden, „einschließlich Finanzströmen zur Unterstützung der | |
ADF-Aktivitäten“. | |
Sprengkraft haben diese Erkenntnisse auch, weil sie dem offiziellen | |
Narrativ widersprechen. Ugandas und Kongos Armeen bekämpfen seit den | |
Bombenanschlägen in Kampala 2021 gemeinsam die ADF und behaupten, sie | |
entscheidend geschwächt zu haben. Doch offenbar hat sie sich nun neu und | |
internationaler aufgestellt. | |
Die ADF verübt in der Demokratischen Republik Kongo die meisten Massaker an | |
der Zivilbevölkerung. Allein im April 2023 starben im Ostkongo und in | |
ugandischen Dörfern entlang der Grenze fast 100 Menschen durch | |
ADF-Anschläge, zunehmend durch Sprengsätze – eine Handschrift des IS. | |
## Namensliste hat auch Sprengkraft | |
Weitere politische Sprengkraft in einer ganz anderen Richtung birgt eine | |
Namensliste auf Seite 123 des Berichts: Generäle der Streitkräfte und des | |
Militärgeheimdienstes von Ruanda, bis hin zu General James Kaberebe, | |
Sicherheitsberater von Ruandas Präsident Paul Kagame. | |
Ruanda hat bislang immer abgestritten, die Tutsi-Rebellenbewegung [4][M23 | |
(Bewegung des 23. März)] im Osten der Demokratischen Republik Kongo direkt | |
zu unterstützen – die UN-Ermittler konnten das nun widerlegen und die | |
Kommandokette nachweisen, die Befehle für Operationen im Ostkongo gibt. | |
Drohnenaufnahmen, Fotos von militärischem Gerät und Truppen sowie im Kongo | |
gefundene Notizbücher von Soldaten der ruandischen Armee zeugen davon. | |
Brisant ist dies, weil im UN-Bericht auch mehr Beweise zum Massaker im Ort | |
[5][Kisheshe] bekannt werden, wo M23 und Ruandas Armee demnach im November | |
2023 mutmaßlich über 100 Menschen in Massengräbern verscharrt haben. Die | |
M23 hat dies bislang verneint. Der Internationale Strafgerichtshof will in | |
diesem Fall ermitteln. | |
## Zahlreiche Generäle auf der Liste versetzt | |
Ruandas Präsident Kagame hat vergangene Woche zahlreiche Generäle auf der | |
Liste versetzen lassen. Beobachter spekulierten, dies sei kein Zufall | |
gewesen. Ruandas Armeesprecher verneinte dies. | |
Aber auch auf kongolesischer Seite inkriminiert der UN-Bericht hohe | |
Generäle, darunter General Franck Ntumba, Leiter des Militärbüros im | |
Präsidialamt von Staatschef Felix Tshisekedi und zuständig für den Krieg im | |
Ostkongo. Er soll Anweisung gegeben haben, sämtliche Bürgerwehren und | |
Milizen Ostkongos zu einer [6][Allianz gegen die M23 und Ruanda] | |
zusammenzuführen. | |
Zur Allianz gehört auch die ruandische Hutu-Miliz [7][FDLR (Demokratische | |
Kräfte zur Befreiung Ruandas)], in deren Führungsspitze sich Täter des | |
Völkermords an Ruandas Tutsi 1994 tummeln. Dies hat Kongos Regierung | |
bislang abgestritten. Jetzt liegen all diese Beweise dem UN-Sicherheitsrat | |
vor. | |
22 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Jagd-auf-den-Islamischen-Staat/!5814083 | |
[2] https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N23/123/80/PDF/N2312380.pdf | |
[3] https://www.un.org/securitycouncil/sanctions/1533/ | |
[4] /M23-Rebellenchef-ueber-Kongo/!5893776 | |
[5] /Streit-um-Massaker-im-Osten-von-Kongo/!5896732 | |
[6] /Gewalt-gegen-Tutsi-in-Kongo/!5923405 | |
[7] /Kongo-Kriegsverbrecherprozess/!t5020386 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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