# taz.de -- Terror in Ostafrika: Somalias Shabaab töten in Kenia | |
> Gerade hat Kenia seine Grenze zu Somalia wieder geöffnet. Auch die | |
> dortige Eingreiftruppe gegen Shabaab zieht ab. Nun schlägt die Gruppe in | |
> Kenia zu. | |
Bild: Angriffe gab es auch schon früher: im Juni 2014 stehen Bewohner in Mpeke… | |
KAMPALA taz | „Sie kommen jedes Jahr zur gleichen Zeit, um uns | |
anzugreifen“, berichtet Monica Wangui der taz am Telefon. Die 26-jährige | |
Kenianerin stammt gebürtig aus dem Verwaltungsbezirk Lamu mit der | |
gleichnamigen Insel im Indischen Ozean. Heute arbeitet sie in der örtlichen | |
Bezirksverwaltung, auf dem Festland, nur einen Steinwurf von der Grenze zu | |
Somalia entfernt. | |
Aus Somalia dringen immer im Juni die Kämpfer der radikalen islamistischen | |
Miliz Al-Shabaab ein. Am 16. Juni 2014 töteten sie in der kenianischen | |
Kleinstadt Mpeketoni über 60 Menschen; Schulen, Polizeistationen und Häuser | |
wurden niedergebrannt. | |
„Jedes Jahr, wenn wir den Toten von 2014 gedenken, werden wir wieder | |
angegriffen. Es ist wie ein alljährlich wiederkehrendes Trauma“, erzählt | |
Wangui und berichtet vom vergangenen Sonntagabend in den zwei Dörfern | |
Juhudi und Salama. „Zunächst hörten wir Schüsse.“ Die Menschen | |
verbarrikadierten sich in ihren Häusern, aber das nützte nichts. „Sie haben | |
fünf Männern den Kopf abgehackt, darunter einem 19-jährigen Jungen.“ | |
Der neue Terrorangriff fällt zusammen mit dem beginnenden Abzug der | |
afrikanischen Eingreiftruppe, die in Somalia seit Jahren die Shabaab | |
bekämpft. An der 2007 von der Afrikanischen Union (AU) aufgestellten und | |
vom UN-Sicherheitsrat autorisierten Friedensmission Amisom waren zunächst | |
[1][Uganda] und Burundi, später auch Äthiopien und Kenia beteiligt. | |
## Skeptische Stimmen zum Abzug | |
Vergangenes Jahr entschied die AU, der Kampf gegen die Shabaab sei so | |
erfolgreich, dass man die militärische Hoheit jetzt schrittweise der | |
somalischen regulären Armee übergeben könne. Diese wurde in den vergangenen | |
Jahren von internationalen Ausbildern trainiert, darunter auch deutschen | |
Soldaten. | |
Etappenweise sollen bis Ende 2024 alle Eingreiftruppen aus Somalia | |
abziehen. Von einst knapp 20.000 Soldaten sollen ab Ende Juni im Rahmen der | |
Übergangsmission ATMIS (African Union Transition Mission in Somalia) nur | |
noch 2.000 übrig bleiben. Bis Ende 2024 sollen auch diese gehen. | |
Die Truppensteller wie Uganda und Burundi fiebern diesem Abzug entgegen. | |
Sie haben in Somalia viele blutige Verluste hinnehmen müssen. Erst Anfang | |
Juni überfiel die Shabaab eine ugandische Armeebasis in Somalia und tötete | |
mit einer Bombe versteckt in einem Fahrzeug 54 Soldaten. | |
Experten sehen den Abzug jedoch mit Skepsis. ATMIS-Chef Mohamed Souef | |
erklärte dem UN-Sicherheitsrat neulich, dass er die Militärmission gerade | |
umstrukturiere, um die Miliz noch einmal deutlich zu schwächen. Zahlreiche | |
Militärbasen würden nun der somalischen Armee übergeben. Die AU-Truppen, | |
vor allem kenianische und äthiopische Verbände, würden jetzt in kleinen | |
Spezialeinheiten noch einmal eine Offensive gegen die Shabaab führen. Um | |
endgültig abzuziehen, sei eine „kollektive Anstrengung“ notwendig. | |
Gleichzeitig forderte die UN-Somalia-Beauftragte Catriona Laing alle | |
internationalen Partner dazu auf, „sich zu beteiligen und den Menschen | |
zusätzliche Unterstützung zukommen zu lassen“. Gemeint ist damit auch die | |
humanitäre Hilfe. Fast die Hälfte der somalischen Bevölkerung leidet | |
aufgrund des voranschreitenden Klimawandels und der katastrophalen | |
Sicherheitslage an Hunger, weil sie kaum selbst etwas anbauen können. | |
Dieses Jahr sei erneut die Regenzeit von März bis Juni ausgefallen, meldet | |
das UN-Welternährungsprogramm WFP und warnt: „Um eine humanitäre | |
Katastrophe abzuwenden, ist sofortiges Handeln erforderlich.“ | |
In Anbetracht der desaströsen Lage befürchtet Monica Wangui in Kenia jetzt, | |
dass [2][Shabaab-Angriffe] in Zukunft zunehmen. Erst vergangene Woche hat | |
Kenias Innenministerium in Lamu die Grenze nach Somalia wieder geöffnet, | |
nach zwölf Jahren Schließung aus Sicherheitsgründen. „Über diese offenen | |
Grenzen sehen wir nun auch unsere kenianischen Soldaten wieder | |
zurückkehren“, sagt Wangui und berichtet: „Die Menschen hier sind sehr | |
verärgert über unsere Regierung, weil sie uns nicht zu schützen vermag.“ Am | |
Abend des Shabaab-Angriffs hätten die Betroffenen die Polizei verständigt, | |
sie sei aber erst am nächsten Morgen angerückt. | |
27 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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