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# taz.de -- Gewaltsame Proteste in Kenia: Tränengas in Nairobis Armenviertel
> Kenias Opposition ruft zu Protesten gegen die gestiegenen
> Lebenshaltungskosten auf. Die Polizei verbietet alle Versammlungen.
Bild: In Kenias Hauptstadt Nairobi geht die Polizei hart gegen Protestierende v…
Kampala taz | Es war zunächst wie die Ruhe vor dem Sturm: Die sonst so
staugeplagten Straßen in Kenias Hauptstadt Nairobi waren am
Mittwochvormittag wie leergefegt. Läden und Schaufenster waren verrammelt.
Die Regierung hat vorsorglich alle Schulen in den drei größten Städten
Nairobi, Mombasa und Kisumu geschlossen, damit Schüler nicht in Gefahr
geraten.
Der Grund: Die Opposition hat die Bevölkerung erneut zu landesweiten
Protesten gegen steigende Benzin- und Lebensmittelpreise aufgerufen. Drei
Tage soll die Aktion dauern. Der Startschuss sollte am Mittwoch zur
Mittagszeit an verschiedenen Plätzen in Nairobi und anderen Städten
eingeleitet werden, doch diese wurden bereits im Vorfeld von
Polizeieinheiten abgeriegelt, um Menschenansammlungen zu verhindern.
Die ersten Steine und Tränengaskartuschen flogen am Vormittag im berühmten
Kibera-Slum in Nairobi, der als größtes Armenviertel Afrikas gilt. Hier
lieferten sich Jugendliche Auseinandersetzungen mit der Polizei. Videos,
die auf T[1][witter] online gestellt werden, zeigen, wie Sicherheitskräfte
in Zivilkleidung in Mathare, einem weiteren Armenviertel der Hauptstadt,
Menschen festnehmen. Eine Person soll dort erschossen worden sein.
„Sufuria Movement“ heißt die Protestbewegung. „Sufuria“ bedeutet in der
lokalen Sprache Swahili „Topf“ oder „Pfanne“ und steht symbolisch für …
Essen, das in jedem kenianischen Haushalt immer teurer wird. Die Regierung
hat Ende Juni das neue Budget für das im Juli beginnende Haushaltsjahr
veröffentlicht. Darin hat die Regierung die Steuern auf Benzin und Diesel
von acht auf 16 Prozent verdoppelt, was bedeutet, dass die
Lebenshaltungskosten weiter steigen werden, da fast alle Produkte in Kenia
mit Lastwagen transportiert werden müssen.
## UN „besorgt“ über unverhältnismäßige Gewalt
Dagegen will die Opposition jetzt drei Tage lang auf die Straße gehen: „Wir
fordern die Kenianer auf, aus ihren Häusern zu kommen und auf Töpfe und
Pfannen zu schlagen, um den Mangel an Lebensmitteln anzuzeigen“, so Martha
Karua, Mitglied der Oppositionsallianz [2][„Azimio La Umoja“]. Auto- und
Motorradfahrer sollen Hupkonzerte abhalten, so Karua am Dienstag in einer
Pressekonferenz.
Kenias Polizei hat wiederum alle Demonstrationen verboten und davor
gewarnt, dass die Sicherheitskräfte hart durchgreifen würden. Laut Angaben
des Menschenrechtsbüros der Vereinten Nationen waren bei den
[3][Protestaktionen vergangene Woche] 23 Menschen in Folge von
Polizeigewalt ums Leben gekommen.
Zu Beginn dieser Woche zeigte sich Jeremy Laurence, Sprecher des
UN-Menschenrechtsbüros, „besorgt“ über die „Vorwürfe der unnötigen od…
unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt, einschließlich der Verwendung von
Schusswaffen“. Er rief Kenias Behörden auf, Ermittlungen einzuleiten.
Menschenrechtsorganisationen haben die Regierung vor übertriebener
Polizeigewalt gewarnt: „Die kenianischen Behörden sind verpflichtet, das
Recht der Bürger auf freie Versammlung und friedlichen Protest zu
schützen“, sagte Otsieno Namwaya, von Human Rights Watch (HRW).
## Kenia gibt mehr Geld für Schulden aus als für Bildung
Steigende Lebenshaltungskosten gepaart mit oder geschuldet durch
Steuererhöhungen sind weit verbreitet in Afrika. Zu Zeiten der
Coronapandemie waren die Benzinpreise auf dem Kontinent überall drastisch
angestiegen. Eine Preissenkung nach dem Ende der Pandemiekrise blieb aber
aus. Viele Regierungen müssen zudem die Steuern erhöhen, um ihre hohen
Schulden zurückzuzahlen.
Nach Angaben der Weltbank beläuft sich Kenias Gesamtverschuldung auf 67
Prozent des Bruttoinlandsprodukts, damit ist die Schuldenrückzahlung die
größte Ausgabe, weit vor den Bereichen Sicherheit, Bildung oder Gesundheit.
Der Internationale Währungsfonds hat jüngst Risikowarnungen für Kenia
ausgesprochen. Daraufhin war der Kurs des kenianischen Shilling stark
eingebrochen.
Während der jüngsten Haushaltsdebatte im Juni hatte Kenias Finanzminister
Njuguna Ndung’u deswegen versichert, dass der Staat im kommenden
Haushaltsjahr alle anstehenden Schuldenrückzahlungen einhalten werde, um
Investoren nicht zu vergraulen. Stattdessen würden die Steuern steigen
müssen. Daraufhin kündigte die Opposition landesweite Proteste an.
19 Jul 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/citizentvkenya/status/1681621611437346819
[2] /Vor-den-Wahlen-in-Kenia/!5840973
[3] /Protest-gegen-Lebensmittelpreise-in-Kenia/!5947321
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Kenia
Nairobi
Protest
soziale Ungleichheit
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