# taz.de -- Bewaffnete Konflikte in Afrika: Das Leiden der Kinder | |
> In der Demokratischen Republik Kongo, aber auch in den Sahelstaaten sind | |
> immer mehr Kinder vom Krieg betroffen. Tausende Schulen müssen schließen. | |
Bild: Kinder in einem Versorgungszentrum in Kinshasa, Hauptstadt der DR Kongo | |
KAMPALA taz | In der Demokratischen Republik Kongo sind zwei Kleinkinder, | |
nicht einmal ein Jahr alt, mit einem Sprengstoffgürtel aufgefunden worden. | |
Das berichtete Grant Leaity, der Unicef-Vertreter im Kongo, vergangene | |
Woche auf einer [1][Pressekonferenz im Unicef-Hauptquartier in Genf]. Er | |
schlägt Alarm: Die Gewalt im Kongo „hat ein beispielloses Ausmaß erreicht�… | |
sagt er. „Es gibt, wenn überhaupt, kaum einen schlimmeren Ort, um ein Kind | |
zu sein.“ | |
Besonders schlimm sei die Lage für Kinder in den von Milizen | |
kontrollierten Gebieten im Osten des Landes. Vor allem die ugandischen | |
[2][islamistischen Rebellen der ADF] (Vereinigte Demokratische Kräfte), die | |
in den vergangenen Jahren ins Netzwerk des „Islamischen Staates“ (IS) in | |
Afrika eingebunden wurden, rekrutieren und entführen nun zunehmend Kinder, | |
um sie für ihren Krieg zu missbrauchen, wie wohl auch im Fall der beiden | |
Mädchen mit dem Sprengstoffgürtel. „Täglich werden Kinder vergewaltigt und | |
getötet. Sie werden von bewaffneten Gruppen entführt, rekrutiert und | |
ausgenutzt“, so Leaity. | |
Das Beispiel mit den Zwillingsmädchen ist besonders schockierend. Über den | |
genauen Zeitpunkt, wann dies geschehen ist, machte er keine Angaben. Die | |
beiden Mädchen wurden in einem Dorf im Umkreis der ostkongolesischen | |
Handelsstadt Beni aufgefunden, so Unicef. Das unwegsame Gelände in den | |
Bergen rundherum wird von den ADF-Rebellen kontrolliert, die jüngst durch | |
Militäroperationen enorm unter Druck geraten sind. | |
Die Eltern der Kinder sowie der Rest der Familie seien zuvor massakriert | |
worden, so Leaity. Man fand sie allein in einem Haus völlig unterernährt | |
„und an einem Sprengstoffgürtel befestigt“, sagte er. Die Sprengstofffalle | |
sei unter einer Decke und Kleidern versteckt gewesen und war vermutlich | |
angebracht worden, um diejenigen zu töten, die den Kindern zu Hilfe kommen | |
wollten. Glücklicherweise konnte ein UN-Antiminen-Team die Bombe | |
entschärfen. | |
## Unterernährung und Angriffe auf Schulen | |
Rund 2,8 Millionen Kinder seien im Kongo vor allem im Osten des Landes | |
direkte Opfer der bewaffneten Konflikte, so Unicef. Der Ende Juni | |
veröffentlichte [3][UN-Jahresbericht über die Lage von Kindern in | |
bewaffneten Konflikten] meldete im Kongo 3.377 nachgewiesene schwere | |
Verstöße gegen Kinder. Fast die Hälfte von ihnen wurden von Milizen | |
rekrutiert, einige sind gerade einmal fünf Jahre alt, so der Bericht. | |
In den meisten von Rebellen besetzten Gebieten sind die Menschen auf der | |
Flucht. Über 2.000 Schulen sind geschlossen, einige wurden von Milizen | |
geplündert, in anderen hausen vertriebene Familien, die sonst keinen | |
Unterschlupf finden. Sie sind auf Hilfsleistungen angewiesen, weil sie | |
nicht ernten können. | |
Zusätzlich zu der verheerenden Gewalt sind laut Unicef rund 1,2 Millionen | |
Kinder im Alter unter fünf Jahren im Osten von schwerer akuter | |
Unterernährung bedroht. Das Land erlebt außerdem den schlimmsten | |
Cholera-Ausbruch seit mehr als fünf Jahren, was auf die grauenvollen | |
sanitären Bedingungen in den Vertriebenenlagern zurückzuführen ist. | |
Und auch Masern breiten sich wieder aus. Allein bis Ende August dieses | |
Jahres wurden über 780.000 Fälle registriert. Jetzt hat auch noch die | |
Regenzeit angefangen. In den selbst gemachten Zelten in den Lagern drohen | |
nun die Kinder aufgrund von Nässe und Unterkühlung krank zu werden. | |
## Mehr Grundschulen schließen wegen Angriffen | |
In anderen Kriegsgebieten Afrikas ist die Lage ähnlich schlimm. Die | |
internationale Kinderhilfsorganisationen [4][Save the Children schlägt | |
Alarm], dass wegen der zunehmenden Gewalt in den Sahelstaaten [5][Burkina | |
Faso], [6][Mali] und Niger immer mehr Kinder nicht zur Schule gehen können. | |
Die Zahl der aufgrund von Angriffen geschlossenen Grundschulen habe sich im | |
Jahr 2022 um 20 Prozent auf insgesamt 7.800 erhöht, so die NGO. Bis Juni | |
2023 blieb dadurch rund 1,4 Millionen Kindern das Recht auf Bildung | |
verwehrt. | |
In den von Milizen kontrollierten Gebieten in Burkina Faso, Mali und Niger | |
hätten Kinder und Lehrer zunehmend Angst, sich in Schulgebäuden | |
aufzuhalten. Der Grund: Schulen werden gezielt von bewaffneten Gruppen | |
angegriffen. Hinzu kommt, dass viele Kinder vertrieben wurden und allein | |
deshalb nicht zur Schule gehen können. | |
Am stärksten betroffen ist Burkina Faso mit 5.318 geschlossenen Schulen, | |
gefolgt von Mali und Niger. „Die Gewalt in der Sahelzone beraubt die Kinder | |
ihrer Bildung und ihrer Zukunft“, sagt Vishna Shah, Regionaldirektorin bei | |
Save the Children in Westafrika. „Die Angriffe auf Schulen müssen umgehend | |
aufhören“, fordert sie. | |
12 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.unognewsroom.org/story/en/1974/drc-violence-against-children-un… | |
[2] /UN-Expertenbericht-zu-Milizen-in-Kongo/!5939136 | |
[3] https://childrenandarmedconflict.un.org/document/secretary-general-annual-r… | |
[4] https://www.savethechildren.net/news/sahel-school-closures-increase-20-past… | |
[5] /Gewalt-in-Burkina-Faso/!5958654 | |
[6] /Terroranschlaege-in-Mali/!5958967 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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