# taz.de -- Schwere Kämpfe im Ostkongo: Der Krieg eskaliert | |
> Im Großteil der Demokratischen Republik Kongo (DRK) geht der Wahlkampf in | |
> die heiße Phase. Währenddessen wird im Osten wieder scharf geschossen. | |
Bild: Ein Soldat der Truppen der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) in Kibumba | |
Kampala taz | Vergangenes Wochenende begannen gleich mehrere | |
Militäroperationen im Osten Kongos, die sich gegen die Rebellen der M23 | |
richten. Die Bewegung des 23. März kontrolliert einen großen Landstrich | |
entlang der Grenze zu Ruanda in der ostkongolesischen Provinz Nord- Kivu | |
rund um die Handelsstadt Goma und wird laut UN-Ermittlungen von Ruanda | |
unterstützt. | |
Das militärische Vorgehen ist offenbar Teil von Präsident Felix Tshisekedis | |
Wahlkampfstrategie – Ende Dezember stehen Wahlen an. [1][Als dieser 2019 | |
nach umstrittenen Wahlen] sein Amt antrat, versprach er in einer feurigen | |
Rede, dass er im Ostkongo die zahlreichen Milizen zerschlagen und Friede | |
herstellen werde. Davon ist der Ostkongo, nachdem die M23 seit 2021 weite | |
Landstriche eingenommen hat, weiter entfernt als je zuvor. | |
Mit einer erneuten Offensive will er offenbar versuchen, dieses wichtige | |
Versprechen doch noch wahr zu machen. Vergangene Woche war Armeechef | |
General Christian Tshiwewe aus Kinshasa in den Osten gereist, um an den | |
Frontlinien seinen Truppen Moral zuzusprechen. In diesem Zug ernannte er | |
Sikabwe Fall, bisher Chef des Heeres, als neuen Kommandanten über die | |
Offensive in Nord-Kivu. Der gestandene General hat bereits in der | |
Vergangenheit Großoffensiven im Osten angeführt und gilt als Haudegen. | |
## Lokale Milizen und Söldner aus Osteuropa | |
„Wir werden derzeit von allen Seiten angegriffen, sowohl auf dem Boden als | |
auch aus der Luft“, erklärt M23-Rebellenpräsident Bertrand Bisimwa der taz | |
am Telefon. Kongos Armee hat in den vergangenen Wochen sämtliche Kräfte | |
rund um Goma zusammengezogen, um eine Großoffensive gegen die | |
Tutsi-Rebellen der M23 zu starten. Zahlreiche lokale Milizen wurden in die | |
Reihen der kongolesischen Armee integriert, um deren Kampfkraft zu erhöhen. | |
Auch Söldner aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, kämpfen im Auftrag von | |
Kongos Regierung. Bewaffnete Drohnen, Kampfjets und Hubschrauber warfen in | |
den vergangenen Tagen Bomben über den M23-Stellungen ab. [2][Erneut mussten | |
Tausende Zivilisten vor den Luftangriffen fliehen]. | |
Die UN-Mission im Kongo (Monusco) mit ihren 14.000 Blauhelmsoldaten wurde | |
ebenso in die Militäroperationen miteinbezogen. Monusco-Soldaten wurden am | |
Stadtrand stationiert, um Goma zu verteidigen. Mehrfach hat die M23 in der | |
Vergangenheit gedroht, Goma anzugreifen. So gelang es ihnen 2012, die Armee | |
zu schlagen und die Regierung an den Verhandlungstisch zu zwingen. | |
## Burundische Soldaten als Kriegsgefangene | |
Zu heftigen Gefechten kam es vor allem in den [3][Masisi-Bergen], | |
nordwestlich von Goma, woher die meisten M23-Kämpfer stammen. Die Stadt | |
Kitchanga, wo sich mehrere Handelsstraßen treffen, ist heiß umkämpft. Laut | |
der M23 wurden bei den Kämpfen dort auch Kriegsgefangene gemacht. | |
„Bei deren Befragung stellte sich dann heraus, dass es sich um burundische | |
Soldaten handelt, die von Kongos Regierung angeheuert wurden“, so Bisimwa | |
gegenüber der taz. M23-Sprecher Willy Ngoma paradierte die burundischen | |
Soldaten vor den Kameras der lokalen Journalisten. Auf der lokalen | |
burundischen Sprache Kirundi geben sie zu, dass sie in kongolesische | |
Uniformen schlüpfen mussten und in Kongos Kampftruppen integriert worden | |
seien. | |
Dies macht nun die Lage noch komplizierter. Denn burundische Einheiten sind | |
auch offiziell im Ostkongo stationiert – unter einem Mandat der | |
Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) im Rahmen einer regionalen | |
Friedensanstrengung, um ein Waffenstillstandsabkommen zu überwachen, woraus | |
sich die M23 zurückgezogen hat. | |
## Kriegsgefangene werden an rotes Kreuz übergeben | |
Das EAC-Mandat erklärt die ausländischen Truppen als „neutral“. Das | |
Oberkommando über die EAC-Truppen hat ausgerechnet ein burundischer | |
General. Dass Burundis Regierung, die traditionell Kongos Regierung in | |
Kinshasa nahesteht, nun auch bilateral noch zusätzlich Soldaten entsendet, | |
um Kongos Armee aktiv im Kampf gegen die M23 zu helfen, macht sie in den | |
Augen der M23 parteiisch. | |
Hals über Kopf brachen in den vergangenen Tagen die burundisichen | |
EAC-Truppen, stationiert in Kitchanga, ihre Zelte dort ab. Burundis | |
Armeesprecher, Oberst Floribert Biyereke, erklärte am Donnerstag: „Das | |
burundische Kontingent, stationiert im Rahmen der EAC-Truppen, ist | |
gezwungen, angemessene Maßnahmen zu ergreifen.“ Er mahnte die anderen | |
Kontingente aus Kenia, Uganda und Südsudan, weiter den Befehlen des | |
burundischen Kommandanten der EAC-Truppen zu folgen. | |
Das burundische Doppelspiel hat innerhalb der EAC-Regionaltruppen zu | |
Querelen geführt, berichten verschiedene Quellen innerhalb der Kontingente | |
der taz. M23-Chef Bisimwa versichert auf taz-Anfrage, dass die M23 ihre | |
Kriegsgefangenen demnächst an das Rote Kreuz übergeben werden, auch die | |
Burundier. | |
12 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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