# taz.de -- Stürmerin des US-Teams Megan Rapinoe: Captain America | |
> US-Angreiferin Megan Rapinoe kommt über links, auch politisch. Sie kämpft | |
> gegen Rassismus, Polizeigewalt – und natürlich gegen Präsident Donald | |
> Trump. | |
Bild: Stillhalten kommt nicht in Frage: Sportlerin und Aktivistin Megan Rapinoe | |
NEW YORK taz | Nun gut, „Fucking“ hätte sie nicht unbedingt sagen müssen, | |
als sie auf den Amtssitz des US Präsidenten Donald Trump angesprochen | |
wurde, so viel war Megan Rapinoe immerhin bereit zuzugeben. Doch ansonsten | |
entschuldigte sich der Star des US-Teams und vielleicht des gesamten | |
[1][WM-Turniers in Frankreich] für gar nichts. | |
Es ist nicht der Stil der Stürmerin mit dem lavendelfarbenen Haar, etwas | |
zurückzunehmen. Rapinoe steht zu dem, was sie sagt. Etwa [2][dass sie | |
Donald Trump für einen Rassisten und Sexisten hält]. Oder dass sie die | |
Ungleichbehandlung von Fußballerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen | |
für einen himmelschreienden Skandal hält. Oder dass sie das amerikanische | |
Strafrechtswesen für unmenschlich hält. Oder, oder, oder. | |
Megan Rapinoe hält nicht still, daran denkt sie gar nicht. Und schon gar | |
nicht jetzt, da sie die vielleicht größtmögliche Bühne hat, die für eine | |
Sportlerin denkbar ist. Superstar eines Turniers, auf das die ganze Welt | |
schaut, in einem Ausmaß, wie es das in ihrem Sport bislang noch nie gab. Da | |
wird „Pinoe“, wie sie von ihren Mannschafts-Kameradinnen liebevoll genannt | |
wird, einen Teufel tun, den Mund zu halten. | |
Es ist eine einmalige Lage, in die sich Megan Rapinoe da geschossen hat, | |
nicht zuletzt mit ihren zwei glanzvollen Toren im Viertelfinale gegen | |
Frankreich. Wann hat es das schon einmal gegeben, dass nicht eine | |
Randfigur, sondern ein Superstar im Augenblick ihrer größtmöglichen | |
Medienpräsenz derart den Mund aufgemacht hat. „Captain America“, schrieb | |
die Washington Post über ein Rapinoe-Foto, auf dem die Superheldin des | |
US-Teams die Arme im Triumph ausstreckt. | |
## Polit-Aktivistin im Fußballtrikot | |
John Carlos und Tommie Smith vielleicht, damals, 1968 bei den Spielen von | |
Mexiko, als sie während der Siegerehrung die Faust zum Black-Power-Gruß in | |
die Luft streckten. Oder LeBron James, der besonders in der Trump-Ära gerne | |
und ständig den Mund aufmacht. Aber sonst? Man stelle sich vor, Paul Pogba | |
hätte vorm WM-Endspiel die Pressekonferenz dazu benutzt, gegen die | |
französische Einwanderungspolitik und den Alltagsrassismus in Frankreich zu | |
protestieren. | |
Rapinoes Karriere als Polit-Aktivistin im Fußballtrikot begann aus einer | |
Laune heraus. Es war kein Plan oder eine bewusste Entscheidung, die | |
Öffentlichkeit, die sie besitzt, dafür zu nutzen, für ihre Überzeugungen | |
einzutreten. Rapinoe hatte mit Bewunderung und Mitgefühl Colin Kaepernicks | |
stummen Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt verfolgt, während sie | |
versuchte, nach einer Verletzung bei den Olympischen Spielen von 2016 | |
wieder in ihre Saison bei den Seattle Reign hineinzufinden. | |
Als bekennende Lesbe, die sich durch das offene Bekenntnis zu ihrer | |
Sexualität einige Feinde geschaffen hatte, konnte sie seinen Drang, zu | |
seiner Überzeugung zu stehen, nur allzu gut nachvollziehen. So entschloss | |
sie sich bei einem Heimspiel im September 2016 spontan, es Kaepernick | |
gleichzutun: „Er schien so einsam da draußen. Ich fand es wichtig, ihm zu | |
zeigen, dass er nicht alleine ist.“ | |
Die heftige Reaktion auf ihre Aktion traf Rapinoe indes gänzlich | |
unvorbereitet. Bei ihrem nächsten Liga-Spiel in Washington entschloss sich | |
der Gastgeberverein Washington Spirit, die Hymne abzuspielen, während beide | |
Mannschaften noch in der Kabine saßen, um einen erneuten öffentlichen | |
Protest durch Rapinoe zu verhindern. | |
## „Unglaubliche Kraft“ in der Stimme | |
Trotzdem entschied sie sich bei den nächsten zwei Spielen mit der | |
Nationalelf erneut zu einem Kniefall. In den folgenden Monaten wurde sie | |
daraufhin einfach nicht mehr aufgestellt. Die Begründung lautete, dass sie | |
nach ihrer Knieverletzung noch nicht wieder ihr gewohntes Spielniveau | |
erreicht habe. Erst nachdem der US-Verband eine klare Regel gegen das Knien | |
eingeführt hatte, durfte Rapinoe wieder auflaufen. | |
In jener Zeit, so erinnert sie sich heute, hätten sich in ihrem Leben die | |
Weichen neu gestellt. „Ich habe mich dazu entschlossen, zu meinen | |
Überzeugungen zu stehen, auch wenn das bedeutet, einen hohen Preis zu | |
bezahlen.“ Vorbild sei für sie dabei immer Kaepernick gewesen, der seine | |
Karriere aufs Spiel gesetzt hatte, um für seine Rechte und seine Prinzipien | |
einzutreten. | |
Rapinoes Zwillingsschwester Rachel glaubt unterdessen, dass Megans | |
Unbeugsamkeit tiefere Wurzeln in ihrer Biografie hat. „Sie war sehr still | |
und zurückgezogen als Teenager“, erinnert sie sich. Wohl auch, weil sie | |
sich anders fühlte und Raum brauchte, um mit ihrer Homosexualität ins Reine | |
zu kommen. „Aber als sie dann herausbekommen hatte, wer sie ist und warum | |
sie so fühlte, wie sie fühlte, fand sie eine unglaubliche Kraft in ihrer | |
Stimme.“ | |
Megan Rapinoe bestätigt diese Einschätzung: „Es gehört alles zusammen. Ich | |
möchte, dass man mich so respektiert, wie ich bin. Als Frau, als Lesbe, als | |
Berufssportlerin, was auch immer.“ Und so wird sie sich von nichts und | |
niemandem verbiegen lassen. Schon gar nicht von Donald Trump. | |
7 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Moll | |
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