| # taz.de -- Spaniens Konflikt mit Separatisten: Sánchez begnadigt Katalanen | |
| > Der Premier kündigt die Begnadigung von neun Unabhängigkeitsbefürwortern | |
| > an. Vielen Katalanen reicht das nicht. | |
| Bild: In Barcelona wehen katalanische Flaggen für Unabhängigkeit | |
| Madrid taz | Die spanische Regierung wird am Dienstag neun katalanische | |
| Unabhängigkeitsbefürworter begnadigen. Das kündigte Regierungschef Pedro | |
| Sánchez am Montag im Liceu, dem Opernhaus in Barcelona, vor 300 geladenen | |
| Gästen aus der katalanischen Zivilgesellschaft an. Die sieben | |
| Unabhängigkeitspolitiker und zwei Aktivisten kommen damit in den nächsten | |
| Tagen auf freien Fuß. Sie wurden nach der Abhaltung eines | |
| Unabhängigkeitsreferendums im Oktober 2017 festgenommen und sitzen seither | |
| in Haft. 2019 wurden sie wegen Aufstandes zu Strafen zwischen 9 und 13 | |
| Jahren verurteilt. | |
| „Damit holen wir neun Menschen aus dem Gefängnis, aber wir werden Millionen | |
| für das Zusammenleben gewinnen“, erklärte Sánchez in seiner Ansprache mit | |
| dem Titel „Wiederbegegnung: Ein Zukunftsprojekt für ganz Spanien“. „Die | |
| Konfrontation hat keine Probleme gelöst, sie hat sie nur zahlreicher | |
| gemacht und verschärft“, betonte er. Die Begnadigung sei nur ein „erster | |
| Schritt“. Sánchez versprach Dialog. Er könne sich Spanien ohne Katalonien | |
| nicht vorstellen, beteuerte der Sozialist. Seine Rede wurde von | |
| Unabhängigkeitsrufen und der Forderung nach Amnestie unterbrochen. | |
| Weder die katalanische Regierung noch die Unabhängigkeitsparteien, die sie | |
| stützen, schickten Vertreter ins Liceu. Vor dem Theater protestierten | |
| Hunderte Unabhängigkeitsbefürworter. Sie verlangten auch eine Amnestie für | |
| die Tausenden von Helfern, die das Referendum erst möglich gemacht hatten. | |
| Während Sánchez Rede übergaben Befürworter der Unabhängigkeit 200.000 | |
| Unterschriften mit der Forderung nach einem Amnestiegesetz an das spanische | |
| Parlament in Madrid. | |
| Sánchez hatte in den letzten Tagen wichtige Unterstützung für die | |
| umstrittene Begnadigungen gewonnen. Neben dem katalanischen | |
| Unternehmerverband und den Gewerkschaften begrüßen auch die katholischen | |
| Bischöfe der nord-ost-spanischen Region die Maßnahme. Selbst der mächtige | |
| Arbeitgeberverband heißt den ersten Schritt zum Versuch einer Aussöhnung | |
| gut. | |
| Trotzdem nutzt die rechte Opposition jede Gelegenheit, um gegen Sánchez | |
| Stimmung zu machen. Am Wochenende bezeichnete der Sprecher der | |
| konservativen Partido Popular und Bürgermeister von Madrid, José Luis | |
| Martínez-Almeida, die Begnadigungen als „Niederträchtigkeit an Spanien“. | |
| Die Unabhängigkeitspolitiker würden „über alle Spanier lachen“. | |
| ## Die Debatten um das Urteil enden nicht | |
| „Die Begnadigungen sind ein Erfolg für uns“, sagte [1][Oriol Junqueras], | |
| der Vorsitzende [2][der in Katalonien regierenden] Republikanischen Linken | |
| (ERC) und einstige Vizeregierungschef unter Carles Puigdemont, der im | |
| Brüssler Exil lebt. Junqueras wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt. „Die | |
| Begnadigung ist nur das Vorspiel für die Niederlage, die Spanien in Europa | |
| erleben wird“, erklärt der Chef der Kulturvereinigung Òmnium, Jordi | |
| Cuixart, der zu neun Jahren verurteilt wurde. | |
| Mit den Begnadigungen werden die Debatten um das Urteil gegen die neun, das | |
| viele für völlig überzogen halten, nicht enden. Denn einige der | |
| Verurteilten zogen vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Ob das | |
| Urteil der obersten Richter Spaniens dort standhält, ist fragwürdig. | |
| Denn diejenigen, die sich wie der [3][katalanische Ex-Regierungschef Carles | |
| Puigdemont] rechtzeitig ins Ausland abgesetzt hatten, wurden weder von | |
| Deutschland, Belgien oder Schottland ausgeliefert. Die dortigen Richter | |
| sahen das Delikt des Aufstandes nicht gegeben. „Es steht außer Frage, dass | |
| keiner der Politiker zur Gewalt aufrief“, heißt es in einem Bericht der | |
| Parlamentarischen Versammlung des Europarates. | |
| 21 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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