# taz.de -- Rekommunalisierung der Schulreinigung: Stufe für Stufe putzen | |
> Grüne und Linke in Friedrichshain-Kreuzberg sagen, das Bezirksamt | |
> ignoriere Beschlüsse zur Eigenreinigung der Schulen. Schulstadtrat mahnt | |
> zu Geduld. | |
Bild: Unter Zeitdruck und schlecht entlohnt: Putzkraft an einer Schule | |
BERLIN taz | Grüne und Linke in Friedrichshain-Kreuzberg wollen beim Thema | |
Rekommunalisierung der Berliner Schulreinigung Druck machen. Das Bezirksamt | |
werde gebeten, „vor Abschluss der laufenden Wahlperiode einen Stufenplan | |
zur schrittweisen Umstellung der Reinigung der bezirklichen Schulgebäude | |
auf Eigenreinigung in kommunaler Trägerschaft vorzulegen“, heißt es in | |
einem Antrag beider Fraktionen für die Bezirksverordnetenversammlung am | |
Mittwoch. Denn obwohl die BVV im vergangenen Jahr bereits drei Beschlüsse | |
pro Rekommunalisierung gefasst hatte – passiert sei bisher nicht viel, | |
kritisieren Grüne und Linke im Bezirk: „Konkrete Schritte“ seien „bisher | |
nicht aufgezeigt worden“, heißt es in der Begründung des Antrags. | |
Die Rückkehr zur in den 80er-Jahren von den Bezirken an private Firmen | |
outgesourcten Reinigung der Schulgebäude ist gerade immer wieder Thema auch | |
im beginnenden Berliner Wahlkampf. Es geht dabei nicht nur um schlecht | |
gewischte Klassenräume und dreckige Schulklos sondern auch um prekäre | |
Arbeit von Putzkräften, die oft zu Dumpinglöhnen und unter enormem | |
Zeitdruck arbeiten müssen und zudem gewerkschaftlich kaum organisiert sind. | |
Franziska Giffey, SPD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im | |
Herbst, hatte sich in ihrer Krönungsrede auf einem SPD-Parteitag im | |
November explizit für die Schaffung eines Landesbetriebs Schulreinigung | |
ausgeprochen – eine etwas andere Spielart der Rekommunalisierung zwar, als | |
den bezirklichen Schulämtern wieder die Putzarbeit zu übertragen. Die | |
Forderung findet sich auch im [1][Wahlprogrammsentwurf der Genossen]. | |
Und auch Giffeys härteste Konkurrentin ums Bürgermeisterinnenamt, | |
[2][Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch], hat sich zu dem vermeintlich | |
kleinen Thema bereits direkt geäußert: „Rekommunalisierung kann für beides | |
sorgen: mehr Sauberkeit und bessere Arbeitsbedingungen“, hatte sie Anfang | |
März gesagt. Und: Die jetzige rot-rot-grüne Koalition könne, wenn sie denn | |
nur wolle, „noch in dieser Legislatur den Weg freimachen für Pilotprojekte | |
der Bezirke.“ | |
## Ein Stufenplan soll her | |
Philipp Dehne, Sprecher der BürgerInneninitiative Schule in Not, die das | |
Thema seit zwei Jahren mit Bürgerentscheiden in inzwischen mehr als der | |
Hälfte aller Bezirke vorangetrieben hat, findet allerdings: „Die Zeit für | |
Modellprojekte ist vorbei.“ Den Weg habe man in den letzten Jahren versucht | |
in den Bezirken zu gehen, allerdings ohne Erfolge vermelden zu können. „Wir | |
wollen jetzt, dass die Bezirken konkrete Stufenpläne erarbeiten, wie pro | |
Schuljahr an einem Viertel der Schulen die Reinigung wieder in kommunale | |
Trägerschaft zurückgehen kann“, sagt Dehne. | |
Schulstadtrat Andy Hehmke (SPD) weist unterdessen die Kritik zurück, das | |
Bezirksamt ignoriere seit einem Jahr die Beschlüsse der Bezirksverordneten. | |
„Meine Position zur Rekommuanlisierung der Schulreinigung ist ein | |
entschiedenes ‚Ja, aber‘“, sagt Hehmke. Die Rückkehr zur Eigenreinigung | |
könne man nicht mal eben so umsetzen. Vor allem fehle es an Mitteln, auch | |
im Landeshaushalt, um nicht nur Reinigungskräfte anzustellen, sondern auch | |
entsprechende Verwaltungsstellen für die Koordination zu schaffen. | |
Hehmke schätzt, dass er für die Eigenreinigung der 50 Schulen im Bezirk | |
„geschätzt 150-160 Reinigungskräfte“ anstellen müsse, plus | |
Verwaltungsstellen, plus einer „Personalreserve“ und Firmen, „im | |
Standby-Modus“, die einspringen könnten. Im derzeitigen Doppelhaushalt gebe | |
es dafür keine Stellen, sagt Hehmke. Zudem liefen die aktuellen Verträge | |
mit den Reinigungsfirmen in seinem Bezirk noch bis Ende Juli 2022. | |
## Koalitionsvertrag könnte es richten | |
Der SPD-Stadtrat sagt aber auch: „Die wesentliche Entscheidung fällt im | |
Herbst 2021. Steht das Vorhaben im Koalitionsvertrag und wird entsprechend | |
ausfinanziert, können die Bezirke dies sukzessive umsetzen. Steht es nicht | |
im Koalitionsvertrag, kommt es nicht.“ Hehmke betont auch, sein Bezirksamt | |
arbeite an dem verlangten Stufenplan bereits. „Konkret gibt es die | |
Überlegung, an zwei Schulen oder einem Doppelstandort mit einem | |
Pilotprojekt zu starten.“ | |
Die Initiative Schule in Not kritisiert, das sei „zu wenig.“ Sprecher Dehne | |
sagt, bei nur zwei Schulen könne es keine realistischen Erfahrungs- und | |
Kostenwerte geben. Ein Blick nach Düsseldorf, wo die Stadt ihre Schulen | |
bereits wieder selbst putzt, habe gezeigt, dass man mindestens die Hälfte | |
der Standorte miteinbeziehen müsse. | |
Ein bisschen sauberer sind die Schulen übrigens bereits vielerorts | |
geworden: Seit einem Jahr bekommen die Bezirke, auch bedingt durch die | |
Hygieneauflagen in der Pandemie, Geld für eine [3][„ergänzende | |
Tagesreinigung“] an den Schulen – im Klartext heißt das, dass mittags die | |
Toiletten und Waschräume „zwischengereinigt werden“, sagt Hehmke. Immerhin: | |
„Wir haben eine Umfrage an den Schulen gemacht und die Bewertung der | |
Sauberkeit hat sich von einer Vier Minus auf eine 2 Minus verbessert.“ | |
23 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://spd.berlin/magazin/aktuelles/wahlprogramm-soziale-und-sichere-metro… | |
[2] /Landesparteitag-Gruene-in-Berlin/!5756829 | |
[3] /Putzgipfel-in-Berlin/!5593671 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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