# taz.de -- Regierungsbildung in Spanien: Pedro Sánchez hat es geschafft | |
> Er kann mit einer linken Minderheitenkoalition weiter regieren. Aber | |
> dafür musste der Premier eine ganze Reihe von Zugeständnissen machen. | |
Bild: Ministerpräsident Pedro Sánchez und Andoni Ortuzar, Präsident der PNV | |
MADRID taz | Es ist so weit. Spaniens [1][Ministerpräsident Pedro Sánchez] | |
hat die Unterstützung zusammen, um sich Ende nächster Woche im Parlament | |
für weitere vier Jahre ins Amt wählen zu lassen. Am Freitag unterzeichnet | |
der Sozialist, der einer in Minderheit regierenden Linkskoalition seiner | |
Sozialisten und dem linksalternativen Bündnis vorstehen wird, das letzte | |
Unterstützungsabkommen mit der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV). | |
Am Vortag unterzeichnete Sánchez’ sozialistische PSOE mit der katalanischen | |
Junts per Cat – Gemeinsam für Katalonien (JxCat) – in Brüssel ein Abkomme… | |
Außerdem sind die in Katalonien regierende Republikanische Linke | |
Kataloniens (ERC), die baskischen Linksnationalisten von EH Bildu sowie die | |
galicischen Nationalisten und eine Kanarische Regionalpartei mit an Bord. | |
Das Spektrum, das Sánchez in monatelangen Verhandlungen hinter sich | |
vereinen konnte, umfasst damit alle Fraktionen mit Ausnahme der rechten | |
Partido Popular (PP) und der [2][rechtsextremen VOX]. Zwar hatte die PP die | |
Wahlen im Juli gewonnen, doch scheiterte deren Vorsitzender Alberto Nuñez | |
Feijóo am Parlament. Dort unterstützte ihn nur VOX. | |
Alle, die jetzt hinter Sánchez stehen, weigerten sich deshalb, mit der PP | |
zu verhandeln. „Die extreme Rechte zu stoppen, ist demokratische Pflicht“, | |
sagt die baskische EH-Bildu, die als eine der ersten Fraktionen Sánchez | |
unterstützte, und liefert damit die Erklärung, warum es zu so einem breiten | |
Bündnis aus fortschrittlichen und konservativen regionalen Kräften kommen | |
konnte. | |
## Wichtige Zugeständnisse für Katalanen und Basken | |
Sánchez und seine PSOE haben in den Verhandlungen eine Reihe wichtiger | |
Zugeständnisse gemacht. Sie gehen von einem neuen Steuersystem und | |
Schuldenerlass für Katalonien über den seit Jahren ausstehenden Transfer | |
von Kompetenzen an die baskische Autonomieregierung bis hin zu Gesprächen | |
unter internationaler Beobachtung zur Lösung des Katalonienkonflikts. | |
Der wichtigste und umstrittenste Punkt ist ein Amnestiegesetz für weit über | |
1.000 Unabhängigkeitsaktivisten und -politiker, die 2014 und 2017 zuerst | |
eine Volksbefragung und dann ein Referendum über die Unabhängigkeit | |
Kataloniens abhielten. Unter denen, die angeklagt sind, aber straffrei | |
ausgehen werden, sobald das Gesetz vom Parlament verabschiedet wird, | |
befindet sich der ehemalige Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, der | |
seit Ende 2017 im Brüssler Exil lebt und im Europaparlament sitzt. | |
## Die Richterverbände sind wütend über das Abkommen | |
„Es ist der Weg, der Politik das zurückzugeben, was der Politik gehört“, | |
zeigte sich Puigdemont nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen JxCat | |
und PSOE zufrieden. JxCat verpflichtet sich nicht nur, für eine | |
Sánchez-Regierung zu stimmen, sondern für vier stabile Jahre sorgen zu | |
wollen. | |
Die Abkommen stoßen auf unterschiedliche Reaktionen. Während die | |
Gewerkschaften und der katalanische Unternehmensverband begrüßen, dass die | |
Legislatur endlich beginnen kann, beschweren sich unterschiedliche | |
Richterverbände. Für sie greift die Regierung mit der Amnestie direkt in | |
ihre Kompetenzen ein. | |
Was die Richter am meisten empört: Im Abkommen mit JxCat wird ein | |
parlamentarischer Ausschuss vereinbart, der untersuchen soll, inwieweit | |
sich ein Teil der Justiz- und Ermittlungsbehörden für einen juristischen, | |
schmutzigen Krieg – Lawfare – gegen Unabhängigkeitsbefürworter hat | |
einspannen lassen. | |
Ein Verdacht, der dieser Tage wieder zu hören ist. Denn ausgerechnet zwei | |
Tage vor der Unterzeichnung des Abkommens mit seinem Amnestiegesetz leitete | |
ein der PP nahestehender Richter neue Ermittlungen gegen Aktivisten und | |
Politiker aus Katalonien ein, darunter Puigdemont. | |
## Die spanische Rechte mobilisiert gegen den „Verrat“ | |
Die spanische Rechte geht auf die Barrikaden. Seit einer Woche reißen die | |
Proteste nicht ab, zu der das Umfeld von PP und Vox vor den PSOE-Lokalen | |
überall im Land mobilisiert. In Madrid kommt es dabei immer wieder zu | |
Ausschreitungen. Selbst in Brüssel wurde das PSOE-Lokal mit Parolen wie | |
„Verräter“ beschmiert. | |
Die PP distanziert sich von den [3][gewalttätigen Protesten] nur | |
halbherzig. Das Abkommen mit Katalanen und Basken erniedrige Spanien. „Wir | |
stehen vor einer Herausforderung für die spanische Demokratie, die die | |
Reaktion der spanischen Demokraten erfordert, unabhängig von der | |
Ideologie“, ruft der Vorsitzende der PP, Feijóo, zu Kundgebungen in alle 52 | |
Provinzhauptstädte für Sonntagmittag. | |
Vox-Chef Santiago Abascal unterstützt diejenigen, die in Madrid vor dem | |
PSOE-Sitz eine „Nationale Erhebung“ einfordern. Für ihn ist Sánchez ein | |
autoritärer Machthaber. Abascal prophezeit einen „langanhaltenden zivilen | |
Widerstand“. „Es gibt nur ein Ende: Entweder sitzt der Diktator auf der | |
Anklagebank oder wir gehen ins Gefängnis“, heizt Abascal die Stimmung an. | |
10 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schwierige-Regierungsbildung-in-Spanien/!5963272 | |
[2] /Vor-den-Wahlen-in-Spanien/!5945201 | |
[3] /Proteste-gegen-Amnestiegesetz-in-Spanien/!5971890 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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