# taz.de -- Regionalwahlen im Baskenland: Baskische Brandmauer gegen ETA | |
> Am Sonntag könnte ein Parteienbündnis die Wahlen gewinnen, von dem Teile | |
> aus dem Umfeld der Separatistenorganisation ETA stammen. | |
Bild: Wahlplakat der PNV in einer Bushaltestelle im Baskenland | |
Madrid taz | Im spanischen Baskenland zeichnet sich ein Wandel ab. 13 Jahre | |
nach dem endgültigen Ende der bewaffneten Aktionen der | |
Separatistenorganisation ETA und sechs Jahre nach deren Auflösung sehen die | |
Umfragen für die Wahlen zum Autonomieparlament am Sonntag erstmals die | |
linksnationalistische EH Bildu an der Spitze der Wählergunst. | |
Neben linken Formationen, die seit jeher politische Gewalt ablehnen, gehört | |
dem Parteienbündnis EH Bildu federführend auch das politische Umfeld | |
[1][der aufgelösten ETA] an. Sollten sich die Umfragen bestätigen, würden | |
die Linksnationalisten die konservative Baskische Nationalistische Partei | |
(PNV), die von einer kurzen Unterbrechung abgesehen seit 44 Jahren die | |
Region regiert, auf Platz 2 verweisen. | |
Die Wahlen am Sonntag sind die Wahlen der neuen Gesichter. Die beiden | |
großen Parteien, EH Bildu und PNV treten mit jungen, relativ unbekannten | |
Kandidaten an. Die PNV schickt überraschend nicht den Lehendakari – den | |
baskischen Regierungschef – Iñigo Urkullu (62) ins Rennen, sondern den | |
jüngeren Technokraten Imanol Pradales (48). „Indar Berria, Euskadi Berria“ | |
(Neue Kraft, neues Baskenland) lautet das Motto. Pradales soll den stetigen | |
Abwärtstrend der PNV an den Urnen nach 12 Jahren unter Urkullu beenden. | |
Es sind vor allem soziale Probleme, die dazu führten: die Sparpolitik in | |
den öffentlichen Dienstleistungen, das teilweise privatisierte | |
Gesundheitssystem, die Inflation und steigende Wohnkosten. Dies ergeben | |
Umfragen des DeustoBarometro der Baskischen Privatuniversität Deusto. | |
## Das Wort „Terrroristen“ kam ihm nicht über die Lippen | |
An diesen Punkten setzt EH Bildu mit ihrer Kampagne unter dem Schlagwort | |
„Aldaketa“ (Wechsel) an. Ihr Kandidat, Pello Otxandiano (41), verspricht | |
bessere öffentliche Dienstleistungen und weniger Privatisierungen. Er redet | |
von Umweltschutz und einer Wirtschaft für das 21. Jahrhundert. Dass | |
Otxandiano ins Rennen geschickt wird statt – wie von allen erwartet – | |
Parteichef Arnaldo Otegi, ist eine Überraschung. Denn anders als Otegi, der | |
die Auflösung der ETA ausgehandelt hat, hat Otxandiano keine Vergangenheit | |
im bewaffneten Kampf für Unabhängigkeit. | |
Dennoch verfolgt ihn die Presse genau mit diesem Thema. Ob er ETA als | |
„terroristische Bande“ verurteilen würde, wurde Otxandiano in einem | |
Radiointerview gefragt. Er wich aus. ETA sei „eine bewaffnete | |
Organisation“, deren Gewaltausübung sei „Ausdruck eines zurückliegenden | |
politischen Zyklus“. „Zum Glück“ gebe es ETA nicht mehr, das Baskenland | |
könne so nach vorn schauen, antwortete er. Nur das Wort „Terroristen“ | |
wollte ihm partout nicht über die Lippen kommen. | |
Das war Anfang der Woche. Seither versuchen die anderen Kandidaten, dies | |
gegen Otxandiano zu nutzen. Ob das gelingt, ist fraglich: Im | |
DeustoBarametro geben nur 0,5 Prozent den Terrorismus als Problem an. | |
Überraschenderweise spielt im Wahlkampf – anders als in Katalonien, wo | |
Mitte Mai gewählt wird – das Thema Unabhängigkeit kaum eine Rolle. Die PNV | |
spricht von einem weiteren Ausbau der Autonomie und EH Bildu wirbt für eine | |
bilaterale Beziehung mit Madrid und damit für mehr Souveränität, um über | |
wichtige soziale und politische Maßnahmen ohne Einmischung aus Madrid | |
entscheiden zu können. | |
## Sozialisten schließen ein Bündnis mit EH Bildu aus | |
Dass EH Bildu allerdings im Fall eines Wahlsiegs die Regierung stellen | |
wird, scheint unwahrscheinlich. Pradales dürfte Präsident der Region | |
bleiben. Denn für eine Mehrheit im Baskenparlament ist ein Bündnis | |
mindestens mit den Sozialisten (PSE) notwendig. Und die schließen ein | |
Zusammengehen mit EH Bildu im Baskenland aus. | |
Nach den letzten Kommunalwahlen, bei denen EH Bildu stärkste Kraft wurde, | |
sprang außerdem die im Baskenland schwache konservative Partido Popular | |
(PP) ein, um PNV und PSE in mehreren Gemeinden und in einer der drei | |
Provinzregierung zu einer Mehrheit zu verhelfen, damit EH Bildu nicht | |
regiert. | |
Dieses Szenario könnte sich jetzt im Baskenparlament wiederholen. Welche | |
Auswirkungen dies auf die [2][Minderheitsregierung des Sozialisten Pedro | |
Sánchez in Madrid hat], wird sich zeigen. Der ist nur dank der Stimmen von | |
PNV und von EH Bildu im Amt. | |
20 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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