# taz.de -- Rechtswidriger Steuernachlass: Ohrfeige für die Stadtverwaltung | |
> Kieler Kommunalaufsicht erklärt Entscheidung der Oberbürgermeisterin | |
> Gaschke für rechtswidrig und einen Verstoß gegen das Beihilferecht der | |
> EU. | |
Bild: Die Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) will erstmal schwei… | |
HAMBURG taz | Rechtswidrig und ein Verstoß gegen das europäische | |
Beihilferecht war der Steuernachlass, den die Kieler Oberbürgermeisterin | |
Susanne Gaschke (SPD) einem Augenarzt gewährt hat. Zu diesem Schluss ist | |
die Kommunalaufsicht Schleswig-Holsteins gekommen. Ganz überraschend ist | |
das Ergebnis nicht, aber die Vorwürfe, die Innenminister Andreas Breitner | |
(SPD) gestern vorstellte, wiegen schwer. | |
Geklärt werden muss nun, wie die Einigung zwischen dem Mediziner und der | |
Stadt aufgehoben werden kann. Gaschke hatte dem Augenarzt und | |
Klinikbetreiber Detlef Uthoff für nicht gezahlte Steuern aus | |
Immobiliengeschäften Mahngebühren und Zinsen in Millionenhöhe erlassen. Die | |
Bürgermeisterin schweigt. | |
Einem säumigen Steuerzahler könnten Schulden unter anderem erlassen werden, | |
wenn der Lebensunterhalt nicht mehr bestritten werden kann, sagte Breitner: | |
„Gemeint ist das Existenzminimum – nicht Yacht, Villa, BMW und Flugzeug.“ | |
Das war – so sehr Breitner sonst betonte, allgemein statt über den | |
konkreten Fall zu sprechen – ein klarer Hinweis auf den Arzt und | |
Unternehmer Uthoff. | |
Eine Ohrfeige ist das Gutachten der Kommunalaufsicht nicht nur für die | |
Bürgermeisterin, sondern auch für die Kieler Stadtverwaltung. Offenbar gab | |
es niemanden im Backsteinrathaus, der gemahnt hätte, bevor Gaschke – die | |
kein Verwaltungsprofi ist – die Einigung unterschrieb. Zumindest seien in | |
den vier Aktenordnern, die aus dem Rathaus an die Kommunalaufsicht | |
geschickt wurden, keine entsprechenden Hinweise zu finden, sagte Breitner. | |
Von der Stadt gab es ein dürres Statement: Peter Todeskino, grüner | |
Bürgermeister der Landeshauptstadt und Stellvertreter Gaschkes, sagte, das | |
Gutachten werde geprüft. Mit der Kommunalaufsicht werde die Stadt sich | |
„selbstverständlich eng abstimmen“. Dies hatte Breitner angeboten, aber er | |
betonte auch: „Der Ball liegt bei der Stadt.“ Kiel sei die größte Stadt d… | |
Landes mit der größten Verwaltung. „Ich erwarte, dass die ihren Job tun.“ | |
Dazu gehört, die Einigung mit Uthoff aufzuheben – was nicht einfach zu sein | |
scheint. „Die Einigung ist in der Welt, auch wenn sie rechtswidrig ist“, | |
sagte ein Fachmann des Innenministeriums. Letztlich werde der Vertrag wohl | |
aber aufgehoben. | |
Dabei spielt eine Rolle, dass die Stadt Kiel zurzeit das EU-Recht auf | |
Gleichbehandlung verletzt: Die Steuer-Millionen, die der Mediziner nicht | |
zahlen muss, werden wie eine staatliche Beihilfe gewertet. Und die wäre in | |
dieser Höhe und ohne überzeugende Gründe nicht zu erklären. Maximal und nur | |
in Ausnahmefällen wäre eine Beihilfe von 500.000 Euro an eine einzelne | |
Firma denkbar – Uthoff wurden 3,7 Millionen Euro erlassen. | |
Weiter offen ist das politische Schicksal von Oberbürgermeisterin Susanne | |
Gaschke, die noch bis Ende der Woche krankgeschrieben ist. Inzwischen | |
fordern fast alle politischen Kräfte im Stadtrat wie auf Landesebene, die | |
Quereinsteigerin möge „die Konsequenzen ziehen“, also zurücktreten oder | |
zumindest ihr Amt ruhen lassen. Vermutlich wird die Ratsversammlung in der | |
kommenden Woche einen entsprechenden Antrag beschließen. Gegen Gaschke | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft, parallel prüft das Land einen Verstoß | |
gegen das Disziplinarrecht. | |
Befriedet ist allein ein Nebenkriegsschauplatz: Breitner und Gaschkes | |
Ehemann, der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels, beendeten ihren | |
zivilrechtlichen Streit, bei dem es darum ging, ob Bartels versucht habe, | |
Breitner zu nötigen. Beide Politiker erklären in dem Vergleich, dass sie | |
bei ihren jeweiligen eidesstattlichen Aussagen bleiben, aber Bartels | |
bedauert das Missverständnis. | |
Offen ist noch, was die Bundesanwaltschaft zu dem Vorwurf sagt: Da Breitner | |
in seiner Funktion als Landesminister betroffen ist, muss auf höchster | |
Ebene entschieden werden – und die Beteiligten können das Verfahren von | |
sich aus nicht niederschlagen. | |
23 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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