# taz.de -- Rassistischer Mordanschlag von 2020: Stilles Gedenken in Hanau | |
> Am vierten Jahrestag versammeln sich Opferfamilien und Überlebende auf | |
> dem Hanauer Hauptfriedhof. Reden der Offiziellen waren unerwünscht. | |
Bild: Angehörige und Freunde gedenken auf dem Hauptfriedhof in Hanau der Opfer… | |
HANAU taz | Angehörige der Opfer und Überlebende des [1][rassistischen | |
Mordanschlags] vom 19. Februar 2020 haben am Montag auf dem Hanauer | |
Hauptfriedhof der Toten gedacht. In seiner Ansprache beklagte Imam Macit | |
Bozkurt den alltäglichen Rassismus in Deutschland, „den viele nicht sehen | |
und nicht verhindern wollen“. Die Grabmäler für die neun Opfer auf dem | |
Hanauer Hauptfriedhof seien nicht nur Grabsteine, sondern auch ein Zeichen, | |
wohin Rassismus führen könne, sagte der Geistliche bei einer Trauerfeier. | |
„Tot sind wir erst, wenn wir vergessen sind“, steht auf dem Grabstein von | |
Ferhat Unvar, auf dem das fröhliche Foto des jungen Mannes mit der | |
schwarzen Kappe zu sehen ist. Bei der Demonstration am vergangenen Samstag | |
trugen Tausende die Fotos und Namen der neun Ermordeten auf Plakaten durch | |
die Innenstadt von Hanau. Am vierten Jahrestag versammeln sich nun | |
Opferfamilien und Überlebende auf dem islamischen Teil des Hanauer | |
Hauptfriedhofs. Vor dem offiziellen Beginn kommen die ersten Angehörigen, | |
legen Blumen nieder, umarmen sich, trösten sich gegenseitig, sprechen | |
stille Gebete. In den vier Jahren seit den Morden haben sie die Erinnerung | |
an die Opfer wachgehalten, immer wieder laut und unüberhörbar Aufklärung | |
und politische Konsequenzen eingefordert. | |
Neben Ferhat Unvar liegen hier auch Hamza Kurtović und Said Nesar Hashemi. | |
An die übrigen sechs Opfer des rassistischen Mordschützen erinnern | |
blumengeschmückte Grabplatten. Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat | |
Gürbüz, Vili-Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin haben in der | |
Türkei, in Rumänien, Bulgarien oder auf Friedhöfen in Hanaus Umgebung ihre | |
letzte Ruhestätte gefunden. In ihrer Trauer stehen ihre Angehörigen | |
zusammen. | |
## Auf Arabisch und auf Deutsch | |
Pünktlich um 10 Uhr beginnt die Trauerfeier. „Von Allah kommen wir und zu | |
ihm kehren wir zurück“, ruft Imam Bozkurt in arabischer und deutscher | |
Sprache. Imame aus den Nachbarstädten Hanaus lesen Suren aus dem Koran. | |
„Sucht Hilfe in der Geduld und Standhaftigkeit!“, wendet sich Bozkurt an | |
die Familien der Opfer, die „in jungen Jahren Opfer von Hass und | |
entfesselter Hetze“ geworden seien. Nicht die Toten seien verloren, | |
versichert der Geistliche, „sondern die, die nicht dafür gesorgt haben, die | |
Kinder zu beschützen, die das Vertrauen der Angehörigen nicht haben | |
wiedergewinnen können“, sagt Bozkurt und nimmt so die Kritik auf. | |
VertreterInnen der Opferfamilien hatten rund um den Jahrestag erneut | |
beklagt, dass sie selbst für die Aufklärung von Fehlern und Versäumnisse | |
hätten sorgen müssen und dass die dafür politisch Verantwortlichen keine | |
Verantwortung übernommen hätten. | |
Die Feier endet mit einem Gebet. „Mache alle Länder zu Ländern des | |
Friedens!“, betet der Imam. Ausdrücklich nennt er die Ukraine, den Nahen | |
Osten und Gaza. Israel erwähnt er nicht. | |
Die Angehörigen hatten ein stilles Gedenken gewünscht und sich Reden der | |
Offiziellen verbeten. So warten am anderen Ende des Friedhofs die | |
VertreterInnen von Stadt, Land und Bund, darunter mehrere MinisterInnen, | |
Abgeordnete und Verantwortliche der Stadt. Hanaus Oberbürgermeister Claus | |
Kaminski, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der stellvertretende | |
hessische Ministerpräsident Kaweh Mansoori, alle SPD, legen Kränze nieder. | |
Im Anschluss gibt es kurze Statements. Angesichts von Vertreibungsfantasien | |
und des Erstarkens rechter Kräfte sei das Gedenken an die rassistischen | |
Morde von Hanau wichtig, sagt Bundesinnenministerin Faeser: „Umso wichtiger | |
ist es, sich dagegenzustellen“. Das Erstarken der AfD und das „Gerede von | |
Vertreibung und Remigration“ nennt OB Kaminski menschenverachtend. Die | |
zahlreichen Demonstrationen gegen rechts lobt er als den Protest von | |
„Verfassungspatrioten“. | |
19 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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