# taz.de -- Prigoschins Flugzeugabsturz: Russlands Interessen in Afrika | |
> Am Tag seiner Rückkehr aus Mali stürzte ein Flugzeug über Russland ab – | |
> mutmaßlich mit Söldnerchef Prigoschin. Ein Zusammenhang scheint | |
> naheliegend. | |
Bild: Russische Söldner der Wagner-Gruppe 2022 im Norden von Mali | |
KAMPALA taz | Erst am Dienstagmorgen war Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin aus | |
Afrika nach Russland zurückgekehrt. Abends stürzte dann das Flugzeug, | |
mutmaßlich mit ihm als Insassen, nahe der russischen Stadt Twer ab – | |
Prigoschin ist offenbar tot. | |
Am Tag zuvor hatte ein [1][Handyvideo in den sozialen Medien] die Runde | |
gemacht. Darin sah man den Wagner-Chef in voller Kampfuniform in einer | |
sandigen Wüste, im Hintergrund ein Pick-up. „Hier sind Temperaturen von | |
über 50 Grad“, erklärte Prigoschin. Er werde nun die Wagner-Operationen | |
überall auf dem Kontinent ausweiten, um die afrikanischen Völker „freier“ | |
zu machen, hatte er angekündigt. | |
Verschiedene Quellen vermuten, das Video sei in Mali entstanden. Sicher | |
bestätigt ist das aber nicht, genauso wenig wie das Aufnahmedatum. [2][Das | |
Flugzeug, mit dem die Wagner-Crew nun am Dienstagabend in Russland | |
abgestürzt ist], war nach Angaben von Flight-Trackern am 18. August von | |
Moskau gestartet und via syrischer Hauptstadt Damaskus zunächst nach Mali | |
geflogen. Angeblich war Prigoschin in Mali, um weitere lokale Milizen als | |
Verbündete im Kampf gegen den Terror zu gewinnen. | |
Auf den Wagner-nahen Telegram-Kanälen zirkulierten Handyfotos: Darauf zu | |
sehen sind angeblich drei Kämpfer der malischen Dozo-Miliz. Dazwischen | |
steht ein weißer Soldat in Kampfuniform. Genau solch eine Uniform trägt | |
auch Prigoschin in dem Wüsten-Video. | |
## Aus für Wagner in Afrika? | |
Doch dann musste der Wagner-Chef Mali anscheinend überhastet verlassen. Der | |
Grund: auf den Wagner-Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram wurden | |
Gerüchte laut, dass Russlands Verteidigungsministerium und der russische | |
Militärgeheimdienst GRU Wagners Engagement in Afrika beenden wollen. | |
Ein Indiz dafür war ein Rekrutierungsaufruf der privaten russischen | |
Sicherheitsfirma Redut, die auch Kämpfer und Übersetzer für Afrika und den | |
Nahen Osten sucht. Die Firma ist eng verbandelt mit dem Militärgeheimdienst | |
GRU sowie dem Staatskonzern Gasprom und damit mit dem Kreml. | |
Auf den Telegram-Kanälen wurden schnell Vermutungen laut, Russlands | |
Verteidigungsministerium wolle nun bald Ressourcen umleiten und andere | |
kremlnahe Sicherheitsfirmen würden schon in den Startlöchern stehen, um | |
Wagner nun auch in Afrika zu ersetzen. | |
Konkret wurden Pläne laut, dass GRU-Vizedirektor Andrei Awerjanow, | |
verantwortlich für geheime Spezialoperationen, eine 20.000 Mann starke | |
Truppe aufstellen wolle, um die bisher von Wagner-Truppen durchgeführten | |
Operationen in Afrika zu übernehmen. Prigoschin wollte dies verhindern, | |
offenbar vergeblich. | |
Nicht einmal eine Stunde nach dem Flugzeugabsturz in Twer, bei dem | |
Prigoschin vermutlich ums Leben kam, hob eine Maschine des russischen | |
Katastrophenschutzministeriums in Moskau ab, flog zunächst nach Damaskus | |
und dann weiter nach Mali: dieselbe Flugroute, die Prigoschin vergangenes | |
Wochenende genommen hat. Dies mag kein Zufall sein. | |
## Streit um russische Kontrolle afrikanischer Märkte | |
Einige afrikanische Milizenführer und Putschisten dürften sich Sorgen | |
machen, wie es um ihre Beziehungen nach Moskau steht und welche Folgen dies | |
für ihren eigenen Machterhalt hat. Ein Beispiel ist der sudanesische | |
General Mohammed Hamdan Daglo alias Hametti, Anführer der paramilitärischen | |
Rapid Support Forces (RSF). | |
Seit dem [3][Beginn des Bürgerkrieges im Sudan Mitte April] hat er mehrfach | |
Waffenlieferungen aus Russland erhalten. Diese wurden über Wagner-Kontakte | |
und deren Stützpunkt im südlichen [4][Nachbarland Zentralafrikanische | |
Republik] in den Sudan geliefert. Mit an Bord des abgestürzten | |
Wagner-Flugzeugs war auch Alexander Totmin, einer von Prigoschins engen | |
Leibwächtern, stationiert im Sudan. | |
„Ich denke, der Tod Prigoschins hat etwas zu tun mit Afrika“, so Christo | |
Grozev, Investigativjournalist beim nicht-staatlichen Recherchenetzwerk | |
Bellingcat. „In der letzten Woche sahen wir die Eskalation eines tiefen | |
Grabenkampfes zwischen dem Verteidigungsministerium sowie dem Kreml auf der | |
einen Seite und Prigoschin auf der anderen Seite um die Kontrolle über | |
einige sehr lukrative Märkte in Afrika, beispielsweise Mali und die | |
Zentralafrikanische Republik. Prigoschin war in den vergangenen Tagen in | |
Mali, um zu versuchen, dort nicht die Kontrolle zu verlieren. Und ich | |
denke, es ist diese Eskalation des Streites um die Interessen Russlands in | |
Afrika, die nun zu diesen Aktionen gegen Prigoschin geführt haben.“ | |
24 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=YeecZUvKEeE | |
[2] /Wagner-Soeldner-in-Russland/!5955807 | |
[3] /Schwerpunkt-Krieg-in-Sudan/!t5930698 | |
[4] /Zentralafrikanische-Republik/!5949298 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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