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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Polen: Schuss vor den Bug
> Polens Rechte hat in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen über 50
> Prozent der Stimmen geholt. Der Sieg des Liberalen Trzaskowski ist knapp.
Bild: Der Warschauer Bürgermeister und Präsidentschaftskandidat Rafał Trzask…
Warschau taz | Die beiden Favoriten der Präsidentschaftswahl in Polen
müssen in zwei Wochen in die Stichwahl: Rafał Trzaskowski von der
liberalkonservativen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) hat zwar mit
31,1 Prozent der Wählerstimmen den Sieg errungen, doch sein Widersacher
Karol Nawrocki, den die rechtspopulistische Oppositionspartei Recht und
Gerechtigkeit (PiS) ins Rennen schickte, folgt ihm sehr dicht mit 29,1
Prozentpunkten.
Überraschend haben es mit Sławomir Mentzen und Grzegorz Braun zwei
r[1][echtsradikal-antisemitische Kandidaten] auf den dritten (14,8) und
vierten (6,3 Prozent) Platz der Wählergunst geschafft. Damit kommt das
rechte Lager auf über die Hälfte aller Wählerstimmen, was die Siegeschancen
Trzaskowskis in der zweiten Wahlrunde am 1. Juni fast schon aussichtslos
erscheinen lassen.
Fatal für die [2][Regierungskoalition unter Premier Donald Tusk] (PO) ist,
dass die Kandidaten der Koalitionsparteien Dritter Weg, Szymon Holownia
(4,9 Prozent), und der Linken, Magdalena Biejat (4,1 Prozent) dramatisch
schlechte Ergebnisse eingefahren haben. Sicher können die Verlierer der
ersten Runde ihre Wähler und Wählerinnen auffordern, in der Stichwahl dann
für den demokratischen Kandidaten Trzaskowski zu stimmen, doch rein
rechnerisch haben die Rechten die Nase vorn.
Viele in der PO hatten diese Situation vorausgesehen. Um die eigenen Wähler
und die noch Unentschlossenen zu mobilisieren, kündigten sie schon vor
Monaten einen großen „Marsch der Patrioten“ für Sonntag, den 25. Mai an,
also für das Wochenende zwischen den beiden Präsidentschaftswahlrunden. Bei
den Parlamentswahlen Ende 2023 hatte das geklappt. Der PO-Marsch war damals
ein großer Erfolg, und die PiS wurde nach acht zerstörerischen
Regierungsjahren abgewählt.
## Nawrocki ruft zu Gegendemo auf
Doch in der Wahlnacht kündigte Karol Nawrocki überraschend an, dass er an
eben diesem Sonntag in Warschau am großen „Marsch für Polen“ teilnehmen
werde, einer Gegendemonstration der PiS. Er lud alle ein, „denen Polen
wichtig ist – unabhängig von ihrer politischen Überzeugung“, sich diesem
Marsch anzuschließen. So wird es also in einer Woche zwei
Großdemonstrationen in Warschau geben. Offen ist, ob Donald Tusk und
Jarosław Kaczyński, die Parteivorsitzenden von PO und PiS, daran teilnehmen
werden.
Trzaskowski ließ sich auf seiner Wahlparty im südostpolnischen Sandomierz
nicht anmerken, dass die undemokratischen Kandidaten ihm gefährlich nahe
gekommen waren. Er feierte ausgelassen seinen Sieg über Nawrocki und
schöpfte möglicherweise auch Hoffnung aus den [3][Präsidentenwahlen in
Rumänien]. Dort hatte am selben Tag der parteilose Mathematikprofessor
Nicușor Dan allen Unkenrufen zum Trotz seinen nationalistischen Gegner in
der Stichwahl besiegt. Bisherige Nichtwähler hatten einen rechtsextremen
Präsidenten Rumäniens verhindern wollen und gingen zu Zehntausenden an die
Wahlurnen.
Trzaskowski will als Präsident die Reformen beschleunigen, die aufgrund der
Veto-Politik des bisherigen Präsidenten Andrzej Duda festgefahren sind.
Duda, der sich als Nachlassverwalter der PiS empfindet, torpediert jeden
Versuch der Koalition, das Land wieder zu einem demokratischen Rechtsstaat
umzubauen. Nawrocki würde diese Veto-Politik im Sinne der PiS fortführen,
die – so fürchten Analysten – zum Zerfall der Tusk-Regierung und zu einer
neuen PiS-Regierung führen könnte.
## Euphorie auf der Wahlparty
Auf Nawrockis Wahlparty herrscht euphorische Stimmung. Alle gehen davon
aus, dass [4][die rechtsradikalen Wähler] in der zweiten Wahlrunde für den
PiS-Kandidaten stimmen werden. Nawrocki wetterte: „Sie haben schon den
Sejm, den Senat, den Premier. Jetzt wollen sie den Präsidenten haben, um in
Polen den Euro einzuführen, den Migrationspakt zu beschleunigen, den Hass
gegen die Opposition zu schüren.“ Anders als Trzaskowski habe er keinen
Parteichef. Er sei weder durch Parteidisziplin noch Anweisungen noch
Verpflichtungen gegenüber seinem Chef gebunden, erklärte der PiS-Kandidat.
Sławomir Mentzen vom rechtsextremen Parteienbündnis Konfederacja freute ich
über „das historisch beste Ergebnis unserer Gruppierung“. Der dritte Platz
oder rund 15 Prozent im Präsidentenwahlkampf – das seien zwei bis drei
Millionen Menschen. Den Nachwahlbefragungen zufolge waren dies vor allem
junge Wähler, mehr Männer als Frauen, eher bildungsfern und oft in Ostpolen
lebend.
Auch der Linke Adrian Zandberg zog vor allem junge Wähler an, doch die
Zersplitterung – es traten zwei Frauen und ein Mann von der Linken an –
ließ die Partei völlig bedeutungslos wirken. In der zweiten Runde will
Zandberg keine Wahlempfehlung abgeben, auch nicht für den Demokraten
Trzaskowski.
19 May 2025
## LINKS
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[4] /Anti-ukrainische-Stimmung-in-Polen/!6079188
## AUTOREN
Gabriele Lesser
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