# taz.de -- Landwirte in Honduras: Palmöl-Bauern hoffen auf ein deutsches Gese… | |
> Palmöl-Bauern reichen eine Beschwerde auf Basis des Lieferkettengesetzes | |
> ein. Ihre Unterstützer fordern, dass es nicht abgeschafft wird. | |
Bild: Palmölplantage in Guatemala | |
Berlin taz | Wenn Yoni Rivas, Landwirt aus Honduras, in den kommenden Tagen | |
durch Deutschland reist, erklärt er, was das hiesige Lieferkettengesetz für | |
ihn bedeutet. Er hat die Hoffnung, dass Palmöl-Anbauer wie er in Zukunft | |
nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen. Deutsche Unternehmen und ein | |
Bundesamt sollen ihm dabei helfen. | |
Auf seiner Tour nach Münster, Köln, Bremen, München und Berlin will Rivas | |
die Beschwerde präsentieren, die er beim Bundesamt für Wirtschaft (Bafa) | |
eingereicht hat. Darin sind heftige Beschuldigungen dokumentiert: Einem | |
honduranischen Unternehmen wird die Ermordung von Bauern vorgeworfen, um an | |
deren Land zu kommen. In letzter Konsequenz würden davon auch [1][Firmen in | |
Deutschland profitieren], die hier Produkte mit Palmöl verkaufen, so der | |
Vorwurf. | |
Für die Entwicklungsorganisation Romero-Initative, die Rivas unterstützt, | |
hat das Ganze eine bundespolitische und europäische Dimension. Denn | |
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will das Lieferkettengesetz, auf dem die | |
Beschwerde basiert, und eine entsprechende EU-Richtlinie aushebeln, was | |
Beschwerden gegen Menschenrechtsverstöße erschwerte und hiesige Unternehmen | |
teilweise oder ganz aus ihrer Verantwortung entließe. | |
Die aus den Früchten der Ölpalme gewonnene Flüssigkeit dient als Rohstoff | |
unter anderem für Reinigungsmittel und Speiseöl. Honduras ist mittlerweile | |
ein großer Produzent. Im Norden des Landes, wo Yoni Rivas und zahlreiche | |
bäuerliche Kooperativen arbeiten, betreibt auch die Firma Dinant große | |
Plantagen. | |
## Sicherheitsfirmen sollen getötet haben | |
Es herrscht Konkurrenz um Anbauflächen. Vor diesem Hintergrund führt die | |
Beschwerde mehrere Fälle zwischen 2023 und 2025 auf, bei denen | |
Sicherheitsfirmen, die mit Dinant angeblich kooperierten, Landwirte getötet | |
und Einwohner vertrieben haben sollen. | |
Juristisch richtet sich die Beschwerde gegen die international tätigen | |
Handelsfirmen Archer Daniels Midland Company (ADM) und Cargill | |
Incorporated, die Palmöl von Dinant gekauft und an deutsche Firmen | |
weiterveräußert hätten. | |
Das grundsätzliche Argument: ADM, Cargill, deutsche Weiterverarbeiter und | |
Einzelhändler seien mitverantwortlich für die Verstöße gegen die | |
Menschenrechte der Landwirte in Honduras, weil sie nichts dagegen | |
unternahmen. ADM und Cargill weisen die Vorwürfe zurück. Genannt wird unter | |
anderem der Chemiekonzern BASF SE, der nach entsprechenden Hinweisen | |
allerdings kein Palmöl von Dinant mehr beziehe. | |
Die Kritiker fordern nun, das Bundesamt für Wirtschaft solle den Handel von | |
ADM und Cargill durchleuchten und Druck auf die Firmen ausüben. Gegenüber | |
der taz äußern will sich die Behörde nicht. Das Lieferkettengesetz ist seit | |
zwei Jahren in Kraft, die ähnliche Richtlinie der EU wurde vor einem Jahr | |
beschlossen. Beide [2][würde Bundeskanzler Merz gern abschaffen], was aber | |
mit der SPD nicht zu machen ist. | |
## Manche Unternehmen kooperieren | |
Auf EU-Ebene plädiert Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dafür, | |
die Richtlinie abzuschwächen. Offiziell soll das dazu dienen, Unternehmen, | |
die in der augenblicklichen Stagnation schon genug Probleme hätten, von | |
Bürokratie und Kosten zu entlasten. Deshalb ist momentan insgesamt unklar, | |
wie ernsthaft das Bundesamt neue Beschwerden bearbeitet. | |
Noch aber sagt Dominik Groß von der Romero-Initiative: „Die Ergebnisse | |
vieler Unternehmensbeschwerden und die anschließende Kommunikation mit den | |
Firmen bewerten wir als positiv.“ Ein Grund dafür: Manche Unternehmen | |
reagieren kooperativ und versuchen, die Missstände in ihren Lieferketten zu | |
lindern. | |
Teilweise in diese Richtung weist auch [3][eine aktuelle Untersuchung der | |
Organisationen Brot für die Welt, dem European Center for Constitutional | |
and Human Rights ECCHR und Misereor]. „Das Lieferkettengesetz zeigt Wirkung | |
– aber nur, wenn es konsequent durchgesetzt wird“, sagte Annabell | |
Brüggemann, leitende Rechtsberaterin beim ECCHR. | |
Kritik äußerten die Organisationen am unzureichenden Zugang der | |
BeschwerdeführerInnen zum Bundesamt und der mangelnden Transparenz der | |
Behörde. Nur in wenigen Fällen habe sich die Situation der betroffenen | |
Beschäftigten im Ausland verbessert. | |
## Ohne Gesetz ist die Rechtslage unsicher | |
In die Debatte schalteten sich zudem 90 europäische ÖkonomInnen mit einer | |
öffentlichen Erklärung ein. „Die EU-Richtlinie verursacht nur geringe | |
Kosten, sie wird der europäischen Wettbewerbsfähigkeit nicht schaden, | |
sondern setzt die richtigen Anreize zu einer zukunftsorientierten | |
Spezialisierung“, sagte der Wiener Wirtschaftsforscher und Mitinitiator | |
Johannes Jäger. | |
Eine Gruppe internationaler JuristInnen warnte zudem vor Rechtsunsicherheit | |
für Unternehmen, sollte die EU ihre Richtlinie abschwächen. Denn wegen | |
unklarer Regeln könnten auf Firmen mehr Prozesse zukommen. „Das wäre | |
schlecht fürs Geschäft und für Investitionen“, sagte Thom Wetzer, | |
Juraprofessor der Universität Oxford, dem Spiegel. | |
19 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Entwicklungsministerin-fordert/!6084838 | |
[2] /Abschaffung-des-EU-Lieferkettengesetzes/!6087462 | |
[3] /Europaeische-Lieferkettenrichtlinie/!6088922 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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