| # taz.de -- Neue Tierart in Deutschland: Goldschakale bis zur Nordseeküste | |
| > Man sieht sie nicht, dabei sind sie längst da: In der Bundesrepublik | |
| > breiten sich Goldschakale aus. Grund dafür ist der Klimawandel. | |
| Bild: Der Goldschakal: ein Mittelding zwischen Fuchs und Wolf | |
| Berlin taz | Wenn ein [1][Goldschakal] heult, dann klingt das wie eine | |
| Mischung aus Winseln und Schreien. Manchmal kommt auch nur ein Knurren aus | |
| der Kehle. Oder ein heiseres Bellen. Man kann sich das eigentlich nur im | |
| Internet anhören. Denn in freier Wildbahn hört und sieht man diese Tiere in | |
| aller Regel nicht. | |
| Dabei sind sie längst da. Nach tierischen Rückkehrern wie den lange Zeit | |
| verschwundenen Wölfen, Luchsen und Bibern sowie eingewanderten oder | |
| eingeschleppten Arten wie Waschbär und Marderhund breiten sich jetzt auch | |
| Goldschakale in ganz Deutschland aus. Der bislang letzte Nachweis stammt | |
| von der Nordseeküste: Am 16. November um 6.52 Uhr tappte ein Schakal im | |
| Kreis Cuxhaven in eine Fotofalle. | |
| Vom Aussehen und von der Größe her ist das Raubtier mit dem lateinischen | |
| Namen Canis aureus ein Mittelding zwischen Fuchs und Wolf. Sein Fell glänzt | |
| zwar nicht, wie der Name suggerieren könnte, richtig golden, es changiert | |
| eher zwischen gelblichem Grau und rötlichem Braun. Nach Angaben des | |
| Deutschen Jagdverbands erreichen Goldschakale ein Gewicht von 15 Kilogramm | |
| und eine Körperlänge von bis zu 90 Zentimetern. Dazu kommen noch 20 bis 30 | |
| Zentimeter für die Lunte, also den Schwanz. | |
| Als opportunistische Allesfresser sind Goldschakale bei ihren Mahlzeiten | |
| nicht wählerisch. Auf ihrem Speisezettel stehen neben Beeren und Mais, Aas | |
| und Schlachtabfällen etwa Insekten, Amphibien, Fische sowie auch kleine | |
| Säugetiere wie Mäuse. Nur wenn es unbedingt sein muss, wagen sich | |
| Goldschakale auch mal an größere Beutetiere heran. Sie können dabei, vor | |
| allem wenn sie als Paar oder im Rudel jagen, durchaus auch Rehe, | |
| Frischlinge und Schafe erlegen. In Schleswig-Holstein wurden 2017 drei | |
| Schafe von einem Goldschakal angegriffen und leicht verletzt. | |
| ## Keine Gefahr für den Menschen | |
| Menschen brauchen keine Angst vor Angriffen zu haben. Goldschakale sind | |
| sehr scheu, meiden Siedlungen und leben in kleinen Territorien. Zudem sind | |
| sie vor allem in der Dämmerung und in der Nacht unterwegs beziehungsweise | |
| auf der Jagd. | |
| Das traditionelle Verbreitungsgebiet des Goldschakals erstreckt sich von | |
| Südasien über den Nahen Osten bis zur Balkanhalbinsel, allein in Europa | |
| sollen bis zu 120.000 dieser Tiere leben – rund fünfmal so viele wie Wölfe. | |
| Aber erst seit einigen Jahren tauchen Goldschakale auch in mittel- und | |
| nordeuropäischen Ländern auf, zum Beispiel in Österreich, der Schweiz, | |
| Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und sogar in Finnland. „Er ist kein | |
| Rückkehrer, sondern eine völlig neue Tierart“, sagt Schakalexperte Felix | |
| Böcker von der forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt | |
| Baden-Württemberg. | |
| Mindestens 25 gesicherte Goldschakalnachweise seit 1997 zählt Jörg Tillmann | |
| von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt auf. Die Tiere wurden in Fotofallen | |
| geknipst, anhand ihres Kots genetisch identifiziert oder, wie schon | |
| mehrmals in Niedersachsen, von Autos überfahren. Zuletzt wurde im Juni ein | |
| Goldschakal-Weibchen auf der Autobahn 7 bei Hannover tot aufgefunden, auch | |
| bei Osnabrück gab es einen Totfund. | |
| ## Schneearme Winter, heiße Sommer | |
| Wahrscheinlich handele es sich bei den 25 nachgewiesenen nur um einen | |
| Bruchteil der eingewanderten oder durchziehenden Tiere, sagt Tillmann. Aus | |
| seiner Sicht ist der Klimawandel ein Grund für die Ausbreitung der | |
| Goldschakale. Die schneearmen Winter der vergangenen Jahre und die | |
| trockenen, heißen Sommer – für den Vierbeiner seien das gute Bedingungen, | |
| um inzwischen bis nach Nordeuropa vorzudringen. | |
| „Wenn sich der Goldschakal hier etabliert, verändert das das Ökosystem in | |
| seinem Verbreitungsgebiet“, prognostiziert Tillmann. Sein Appell: Damit | |
| potenzielle künftige [2][Konflikte, wie sie aktuell beim Wolf zu beobachten | |
| sind], gar nicht erst entstehen, sei „von Anfang an eine wissenschaftlich | |
| belastbare Datenbasis wichtig“. Interessengruppen wie Naturschützer und | |
| Landnutzer sollten deshalb schon jetzt über Fachinformationen und | |
| Bestimmungshilfen für das mögliche Auftreten der Art sensibilisiert werden. | |
| Sobald dokumentiert sei, dass der Goldschakal hierzulande Nachkommen | |
| aufziehe, sollte er aktiv über ein Monitoring erfasst werden. Auf dieser | |
| Grundlage könne dann ein Managementplan erarbeitet werden. | |
| In der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie der Europäischen Union wird der | |
| Goldschakal als Tierart von gemeinschaftlichem Interesse geführt. Das | |
| heißt, die EU-Mitgliedsstaaten müssen einen günstigen Erhaltungszustand der | |
| Art gewährleisten, bevor sie Tiere bejagen dürfen. Beim Goldschakal ist | |
| dieser Zustand für Deutschland allerdings noch nicht definiert. Und – | |
| obwohl niemand weiß, wie viele Exemplare sich in den Wäldern verstecken – | |
| schon gar nicht erreicht. | |
| Im alten Ägypten wurde der Goldschakal übrigens als heiliges Wesen verehrt | |
| und der Totengott Anubis mit einem Schakalkopf dargestellt. Die in Afrika | |
| lebende Art wurde 2015 allerdings als eigenständig eingestuft und heißt | |
| seitdem Goldwolf, weil sie im Gegensatz zu den hiesigen Goldschakalen | |
| genetisch enger mit dem Wolf verwandt ist. | |
| 10 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Reimar Paul | |
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