# taz.de -- Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Sanktionsspirale dreht sich weit… | |
> Die EU fordert die Freilassung des Kremlkritikers Alexei Nawalny und | |
> kündigt neue Sanktionen gegen Russland an. Moskau kündigt umgehend | |
> Vergeltung an. | |
Bild: Leonid Wolkow fordert Sanktionen gegen Kreml-nahe Oligarchen | |
BRÜSSEL taz | Ungeachtet massiver Warnungen aus Moskau hat die EU neue | |
Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Sie sollen zur Freilassung | |
des Kreml-Kritikers [1][Alexei Nawalny] beitragen, hieß es bei einem | |
Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Details will der | |
Auswärtige Dienst ausarbeiten. Nach Angaben von EU-Diplomaten sollen vier | |
ranghohe Mitarbeiter der russischen Sicherheitsbehörden mit Reiseverboten | |
und Vermögenssperren belegt werden. | |
Nawalny war vor drei Wochen bei seiner Rückkehr aus Deutschland verhaftet | |
worden. Die russische Justiz wirft ihm Verstöße gegen Bewährungsauflagen | |
und die Verleumdung eines Weltkriegsveteranen vor. Der [2][Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte] hatte in der vergangenen Woche seine | |
umgehende Freilassung gefordert. Darauf berufen sich nun auch die | |
EU-Außenminister: Es gehe darum, internationales Recht durchzusetzen. | |
Allerdings hat die EU nicht immer so schnell auf Urteile des | |
Menschenrechtsgerichtshofs reagiert. Im Fall des türkischen | |
Oppositionspolitikers [3][Selahattin Demirtaş] unternahmen die | |
Außenminister gar nichts, obwohl dessen Freilassung seit Dezember | |
überfällig ist. | |
Ungewöhnlich ist auch, dass sich die EU-Minister mit Vertrauten von Nawalny | |
abgesprochen haben. Bundesaußenminister Heiko Maas reiste dafür sogar schon | |
am Sonntag nach Brüssel. Details wurden nicht bekannt, Maas stand für | |
Fragen von Journalisten nicht zur Verfügung. | |
## Sanktionen auch gegen Oligarchen? | |
Umso offener zeigte sich der Nawalny-Mitarbeiter Leonid Wolkow. Er forderte | |
die EU am Montag auf, auch Sanktionen gegen Kreml-nahe Oligarchen zu | |
verhängen. Ohne sie sei die „Unterdrückungsmaschinerie“ nicht vorstellbar. | |
Diese Auffassung teilt auch eine Mehrheit im Europaparlament. Im | |
Ministerrat gibt es aber rechtliche Bedenken. Es sei kaum möglich, eine | |
direkte Verantwortung von Oligarchen für die Inhaftierung Nawalnys | |
nachzuweisen. Deshalb wollen die EU-Außenminister nun zunächst auf Polizei | |
und Justiz in Russland abzielen. | |
Es ist bereits das zweite Mal, dass die EU im Fall Nawalny [4][Sanktionen] | |
verhängt. Erste Strafen waren im Herbst wegen der Vergiftung des | |
Kremlkritikers – mutmaßlich durch den russischen Geheimdienst – erlassen | |
worden. | |
Anfang Februar war dann der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach Moskau | |
gereist, um Möglichkeiten für ein Tauwetter auszuloten. Sein russischer | |
Amtskollege Sergei Lawrow ließ ihn jedoch auflaufen, in Brüssel spricht man | |
von einer „Demütigung“. Seither liegen die Nerven blank. 70 | |
Europaabgeordnete forderten Borrells Entlassung, auch ein Stopp der | |
deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 wird verlangt. Lawrow wiederum | |
droht mit dem Abbruch der Beziehungen zur EU. | |
Die neuen Sanktionen dürften die Lage nicht entspannen – im Gegenteil: | |
Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow hat bereits Vergeltung | |
angekündigt. | |
22 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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