# taz.de -- Nächtliche Beratung zum Bundeshaushalt: Milliarden gegen die Pande… | |
> In einer Marathonsitzung beschließt der Haushaltsausschuss den neuen | |
> Bundesetat. 180 Milliarden Euro neue Schulden sind eingeplant. | |
Bild: Hier der Bruchteil des Milliardenhaushalts der Großen Koalition | |
BERLIN dpa | Die Große Koalition will im kommenden Jahr fast 180 Milliarden | |
Euro neue Schulden aufnehmen und deutlich mehr Geld als geplant in | |
Gesundheit, Verkehr und Infrastruktur investieren. Das ergaben die | |
abschließenden Beratungen des Haushaltsausschusses am frühen Freitagmorgen | |
in Berlin. | |
Der Bundeshaushalt für 2020 sieht nun Ausgaben von insgesamt rund 498,6 | |
Milliarden Euro vor – kaum weniger als im laufenden Jahr, als wegen der | |
Pandemie spontan milliardenschwere Hilfsprogramme finanziert wurden. Der | |
Bundestag will den Haushaltsentwurf in der Woche vom 8. bis 11. Dezember | |
verabschieden. | |
In der mehr als 17-stündigen „Bereinigungssitzung“ beschlossen die | |
Haushälter noch mehrere Änderungen am Entwurf von Finanzminister Olaf | |
Scholz (SPD), [1][den das Kabinett im September gebilligt hatte]. Unter dem | |
Strich wurden die Ausgaben im Vergleich dazu nun um mehr als 85 Milliarden | |
Euro erhöht. | |
Mehrere Anpassungen hatte Scholz bereits selbst vorgenommen. Er musste | |
Kosten für Impfstoffe gegen das Coronavirus und weitere Milliardenhilfen | |
für die vom erneuten Teillockdown betroffene Wirtschaft einplanen. Der | |
Finanzminister stockte die geplanten Zusatzkredite kurz vor der finalen | |
Ausschusssitzung noch einmal von 96 auf 180 Milliarden Euro auf. Die letzte | |
Anpassung über 20 Milliarden wurde nach den Bund-Länder-Beratungen vom | |
Mittwoch nötig, als unter anderem neue Wirtschaftshilfen für den Dezember | |
vereinbart worden waren. | |
Die Haushälter legten an einigen Stellen noch mal drauf, strichen an | |
anderen etwas zusammen. 39,5 Milliarden Euro stehen nun für | |
Überbrückungshilfen für die Wirtschaft zur Verfügung, auch Corona-Hilfen | |
etwa für Profisportvereine wurden verlängert. Für die Beschaffung von | |
Corona-Impfstoffen sind rund 2,7 Milliarden Euro eingeplant. | |
## 15 Euro mehr Kindergeld | |
Große Summen fließen auch in Entlastungen für viele Haushalte. Im kommenden | |
Jahr müssen die meisten Bürger keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen – | |
das ist die größte Steuersenkung der vergangenen Jahre. Außerdem sollen | |
Familien pro Kind und Monat 15 Euro mehr Kindergeld bekommen. Für alle | |
Steuerzahler steigt der Grundfreibetrag, auf den man keine Einkommensteuer | |
zahlt. Die Haushälter beschlossen zudem etwa höhere Mittel zur Sanierung | |
kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur und | |
stockten die humanitäre Hilfe um 170 Millionen Euro auf. | |
„Der Bundeshaushalt 2021 steht ganz im Zeichen der Coronapandemie“, | |
erklärte der Haushälter der Union, Eckhardt Rehberg. „Die hohen Schulden | |
sind erforderlich, um unser Land sicher durch die Jahrhundert-Pandemie zu | |
bringen.“ Dafür solle im Bundestag erneut die grundgesetzlich verankerte | |
Schuldenbremse ausgesetzt werden. Allerdings habe die Belastung des Bundes | |
auch Grenzen, betonte Rehberg. „Es ist nicht länger hinnehmbar, dass sich | |
die Länder ihrer finanziellen Verantwortung entziehen.“ Die Bundesregierung | |
müsse über eine Länderbeteiligung an den Wirtschaftshilfen verhandeln. | |
Auch der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, bezeichnete die | |
Kreditaufnahme als richtig. Allerdings habe der Haushalt der Großen | |
Koalition eine soziale Schieflage und lasse Arbeitslose und | |
Soloselbstständige im Regen stehen. Die Investitionen für den | |
klimaneutralen Umbau der Wirtschaft seien viel zu gering, stattdessen rette | |
die Bundesregierung mit Milliarden Großkonzerne, die mit fossilen Energien | |
Geld verdienen. „Dieser Haushalt ist eine Gefahr für das Klima“, betonte | |
Kindler. | |
FDP-Haushälter Otto Fricke dagegen kritisierte die hohen Kredite scharf. | |
Union und SPD nähmen doppelt so viele Schulden auf wie nötig. Statt | |
Sparvorschläge aufzugreifen und das dadurch frei werdende Geld etwa in | |
hochwertige FFP2-Masken zu investieren, mache es sich die Koalition | |
einfach. „Sie stellt der Regierung mittels einer globalen Mehrausgabe einen | |
Blanko-Scheck über 35 Milliarden aus und entledigt sich damit der weiteren | |
Ideenentwicklung“, kritisierte Fricke. „Nie zuvor wurden in einer | |
Bereinigungssitzung vom Haushaltsausschuss binnen Stunden so viele | |
zusätzliche Schulden beschlossen. Das ist ein Rekord, leider aber ein | |
trauriger.“ | |
27 Nov 2020 | |
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