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# taz.de -- Corona-Hilfen für Lockdown-Betriebe: Lob der Gießkanne
> Manche Unternehmer kriegen zu viel Corona-Hilfen, andere zu wenig. Das
> Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit ist aufwändig – besser ist das der
> Gießkanne.
Bild: Was damals den Gastwirten zu wenig gezahlt wurde, wird nun obendrauf gele…
Da kann Neid aufkommen: Die [1][staatlichen Corona-Hilfen] fallen im
November und Dezember so großzügig aus, dass manche Gastwirte oder
Konzertveranstalter im Lockdown mehr Geld erhalten dürften, als sie im
Normalbetrieb verdienen würden. Geld fürs Nichtstun – das hätte jeder gern.
Es geht um stattliche Summen: Wie das Institut der deutschen Wirtschaft
(IW) ausgerechnet hat, gibt der deutsche Staat etwa 10 Milliarden Euro mehr
aus, als eigentlich nötig gewesen wären. 30 Milliarden Euro sind jetzt
eingeplant, um die [2][Lockdown-Opfer] zu entschädigen – 20 Milliarden
hätten wahrscheinlich auch gereicht.
Die IW-Forscher argumentieren mit denkbaren Einzelfällen: So gibt es
beispielsweise viele Kneipen, die mit Aushilfen arbeiten. Im Lockdown
müssen diese Kräfte natürlich nicht bezahlt werden. Die Betriebe sparen
also bei den Kosten, bekommen aber trotzdem 75 Prozent ihres Umsatzes aus
dem Vorjahresmonat erstattet. Zurück bleibt ein zusätzlicher Gewinn, der
auf Staatskosten erzielt wird.
Die IW-Forscher wenden somit das Prinzip der „Einzelfallgerechtigkeit“ an,
das bei den Deutschen generell hoch im Kurs steht – ganz egal, worum es
gerade geht. Die Idee ist: Jeder soll stets punktgenau das bekommen, was
ihm oder ihr zusteht. Dieses Prinzip erklärt auch, warum etwa die
Einkommenssteuererklärung hierzulande so kompliziert ist: Statt einfach
großflächig Pauschbeträge vorzuschreiben, wird in Deutschland jede
Handwerkerrechnung einzeln abgesetzt. In vielen anderen Ländern wäre das
undenkbar.
Der deutsche Hang zur Einzelfallgerechtigkeit ist bereits im Normalbetrieb
ziemlich aufwändig – in der Coronapandemie ist er schlicht nicht mehr
durchzuhalten. Wenn erst haarklein berechnet würde, welcher Betrieb welche
Kosten im Lockdown hat, würde es Monate dauern, um die Corona-Hilfen
auszuzahlen. Bis dahin wären nicht wenige Firmen schon pleite.
Es ist also richtig, dass die Bundesregierung umgeschwenkt ist und
neuerdings auf das „Prinzip Gießkanne“ setzt. Die Anträge lassen sich viel
schneller bearbeiten, wenn nur nachzuweisen ist, wie viel Umsatz vor einem
Jahr beim Finanzamt angegeben wurde.
Zudem trifft die warme Gelddusche genau die Richtigen: Die [3][Betriebe],
die jetzt im Lockdown sind, waren auch schon im Frühjahr geschlossen –
damals aber war die Hilfe vom Staat kümmerlich und wurde meist nur als
Notkredit gewährt. Was damals zu wenig gezahlt wurde, wird nun obendrauf
gelegt. Das ist gerecht und effizient. Neid ist nicht angebracht.
1 Dec 2020
## LINKS
[1] /Bundeshaushalt-in-der-Coronakrise/!5729463
[2] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5732099
[3] /Einkaufen-als-patriotischer-Akt/!5731690
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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