| # taz.de -- Myanmar nach dem Putsch: Unerhörte Hilferufe | |
| > Die Protestbewegung gegen das Militärregime in Myanmar hatte sich viel | |
| > Unterstützung aus dem Ausland erhofft. Nun fühlt sie sich alleingelassen. | |
| Bild: Solidaritätskundgebung und Trauer um die Opfer in Myanmar vor den UN-Bü… | |
| Nyaung Shwe/Berlin taz | Tagelang hat der IT-Ingenieur Nyi Nyi Aung Htet | |
| Naing in Myanmars Metropole Yangon (Rangun) mit einem Schild demonstriert | |
| mit der Aufschrift: „Wie viele Tote sind nötig, damit die Vereinten | |
| Nationen eingreifen?“ Der 23-Jährige stand damit auch vor den Vertretungen | |
| von UN-Organisationen in der Stadt und postete die Frage bei Facebook, wo | |
| sie vielfach geteilt wurde. | |
| Am Sonntagvormittag wurde er nahe der „Protestkreuzung“ Hledan von Kräften | |
| des Putschregimes erschossen. Am Dienstag nahmen ihm und anderen Opfern zu | |
| Ehren in Yangon Tausende Menschen an einem Trauermarsch teil. | |
| Mit mindestens [1][18 Toten allein an dem Sonntag] war es der bisher | |
| blutigste Tag beim Versuch des Regimes, die Massenproteste gewaltsam zu | |
| unterdrücken. Diese gingen jedoch auch am Dienstag in mehrere Städten | |
| weiter. | |
| Laut einem regimenahen Sender sind Polizei und Militär angeblich | |
| angewiesen, nicht mehr scharf auf Demonstrant:innen zu schießen. Sie | |
| hatten immer häufiger geschossen, teilweise gezielt auf die Köpfe. | |
| ## Kritik an Appellen von Asean-Staaten | |
| Eine Bestätigung für die angebliche Anordnung gab es nicht. In Yangon | |
| wurden am Dienstag viele Blendgranaten, Gummigeschosse und Tränengas | |
| eingesetzt, im nordwestlichen Kalay (Kale) wurde wieder scharf geschossen. | |
| Nach Angaben von Ärzten wurden dabei 3 von 20 Angeschossenen schwer | |
| verletzt. | |
| Die Außenminister der südostasiatischen Asean-Staatengruppe berieten am | |
| Dienstag per Videokonferenz erstmals über den Putsch in ihrem Mitgliedsland | |
| Myanmar. Bisher galt in der Asean eine Politik der Nichteinmischung in | |
| innere Angelegenheiten der Mitglieder. | |
| Jetzt gab es ungewöhnlich deutliche Kritik einzelner | |
| Asean-Außenminister:innen an den Schüssen auf Demonstrant:innen | |
| und die Forderung an die Junta, die gestürzte Regierungschefin Aung San Suu | |
| Kyi freizulassen und mit ihr zu verhandeln. | |
| „Wir fürchten, dass dies der Junta Legitimität verleiht“, sagt aber der | |
| junge Aktivist Sai, ein ethnischer Shan, zur Forderung nach Verhandlungen. | |
| Er vertritt damit eine von vielen geteilte Position. | |
| Wegen massiver Proteste musste Indonesiens Außenministerin Retno Marsudi | |
| letzte Woche schon einen Besuch bei ihrem neuen, von der Junta ernannten | |
| Amtskollegen, absagen. „Das Ergebnis der Wahlen vom November muss | |
| respektiert werden,“ sagt der 25-jährige Sai. Mit dem Putsch wurden die | |
| Wahlen für ungültig erklärt, angeblich wegen Manipulationen. Die Wahlen | |
| sind deshalb für viele Militärgegner nicht verhandelbar. | |
| ## Enttäuschte Hoffungen auf die UNO | |
| Die Bewegung zivilen Ungehorsams, unter der sich der Widerstand formiert, | |
| twitterte an die Asean-Mitglieder gerichet: „Bitte hören Sie sofort auf, | |
| die terroristische Junta zu Asean-Sitzungen einzuladen.“ | |
| Die Birmesen setzen ohnehin wenig Hoffnung auf die Asean-Nachbarn. Die | |
| haben meist autoritäre Regierungen oder wie Thailand selbst eine von | |
| Putschisten geführte Regierung. | |
| Mehr Hoffnungen wurden bisher auf die UNO gesetzt, aber inzwischen auch | |
| enttäuscht. Dabei haben der UN-Generalsekretär António Guterres, die | |
| UN-Sonderbeauftragte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, und der | |
| UN-Sonderbeauftragte für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, den | |
| Militärputsch schon mehrfach scharf verurteilt. | |
| Viele Birmesen fordern von der UNO ein Eingreifen bis hin zu militärischen | |
| Mitteln, manche fordern dies auch von den USA. Sie geben [2][China] und | |
| Russland die Schuld, dass sich der UN-Sicherheitsrat nicht auf eine | |
| gemeinsame Verurteilung des Staatsstreiches einigen konnte. Peking und | |
| Moskau wollten nicht einmal von einem Putsch sprechen. | |
| Sai sagt, dass „die jungen Leute protestieren, damit die internationale | |
| Gemeinschaft weiß, was in Myanmar geschieht. Aber kümmert es die Welt | |
| wirklich?“ Myat, der jetzt auch demonstriert, denkt daran das Land zu | |
| verlassen: „Ich habe keine Hoffnungen.“ | |
| 2 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Robert Bociaga | |
| Sven Hansen | |
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