# taz.de -- Pressefreiheit in Myanmar: „Politisches Kidnapping“ | |
> Der japanische Journalist Toru Kubota berichtete über verfolgte | |
> Minderheiten in Myanmar. Nun wurde er von der Militärjunta zu 10 Jahren | |
> Haft verurteilt. | |
Bild: „Keine Diktatur“: Demonstration gegen den Militärputsch in Yangon im… | |
Der japanische Dokumentarfilmer Toru Kubota ist von einem der | |
[1][Militärjunta Myanmars] unterstehenden Gericht zu Haftstrafen von zehn | |
Jahren verurteilt worden. Er soll sie im berüchtigtem Insein-Gefängnis | |
verbringen. Dies bestätigten am Donnerstag ungenannte japanische Diplomaten | |
gegenüber Nachrichtenagenturen in Yangon. | |
Der 26-jährige Kubota, der bereits Filme über die verfolgte muslimische | |
Minderheit der Rohingya und andere ethnische Gruppen in Myanmar gemacht | |
hatte, war im Juli in der früheren Hauptstadt Yangon am Rande eines | |
juntakritischen Protests festgenommen worden, den er gefilmt hatte. Er | |
wurde am Mittwoch wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur elektronischen | |
Kommunikation zu sieben und wegen Anstiftung zum Aufruhr zu drei Jahren | |
Haft verurteilt. Ein weiteres Verfahren wegen Verstoßes gegen | |
Einwanderungsgesetze soll noch anhängig sein. | |
Kubota ist der fünfte ausländische Journalist, der in Myanmar seit dem | |
Militärputsch vom 1. Februar 2022 festgenommen wurde. Die US-Amerikaner | |
Nathan Maung und [2][Danny Fenster], der Japaner Yuki Kitazumie und der | |
Pole Robert Bociaga wurden abgeschoben, bevor sie ihre Haftstrafen ganz | |
verbüßt hatten. | |
Der Fotograf Bociaga hatte unter anderem für deutsche Medien gearbeitet | |
und auch [3][einen Artikel für die taz] geschrieben. Fenster, der für die | |
Zeitung The Frontier in Yangon arbeitete, war im Mai 2021 am Flughafen | |
festgenommen worden, als er das Land verlassen wollte. Er wurde zu elf | |
Jahren Haft verurteilt. Nachdem er sechs Monate abgesessen hatte, konnte | |
der frühere US-Gouverneur Bill Richardson seine Freilassung aushandeln. | |
## Indirekte Anerkennung | |
Die Junta hat auch andere Ausländer wie kürzlich den australischen | |
Wirtschaftsberater der gestürzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi, | |
[4][Sean Turnell], und die britische Ex-Botschafterin Vicky Bowman, zu | |
Haftstrafen verurteilt. Die Verurteilungen verschaffen der international | |
isolierten Junta eine indirekte Anerkennung, weil dann Diplomaten mit ihr | |
das Gespräch suchen müssen, um ihre Staatsbürger freizubekommen. | |
Kubotas Verurteilung nennt der Videojournalist [5][Kyaw Soe] „eine Art | |
politisches Kidnapping“. Er war Teilnehmer des letzten Workshops der taz | |
Panter Stiftung für Journalisten aus Myanmar und macht derzeit ein | |
Praktikum bei der taz. | |
Die Verurteilung von Ausländern erzeugt eine Aufmerksamkeit, von der lokale | |
Gefangene nur träumen können. Doch jetzt kann die Weltöffentlichkeit | |
genauer hinschauen. [6][Laut der lokalen Menschenrechtsorganisation AAPPB] | |
wurden seit dem Putsch mindestens 15.766 Zivilisten festgenommen, 2.336 | |
getötet und 84 zum Tode verurteilt. | |
Die Verurteilung von Kubota ist symptomatisch für den Umgang mit den | |
Medien. In der [7][Rangliste der Pressefreiheit] der Organisation Reporter | |
ohne Grenzen liegt Myanmar auf Platz 176 von 180. | |
Kritische Medien wurden nach dem Putsch verboten. Ein Großteil der | |
Journalisten musste den Beruf wechseln, untertauchen oder fliehen. Da in | |
Myanmar in den Personalausweisen auch der Beruf verzeichnet ist, bedeutet | |
eine Eintragung als Journalist das permanente Risiko der Verhaftung bei | |
einer Kontrolle. Viele Journalisten flohen deshalb ins Exil, doch können | |
dort nur die wenigsten als Journalisten arbeiten. | |
## Keine kritischen Fragen bei Presskonferenzen | |
Die Exilmedien bedienen sich hauptsächlich sogenannter Bürgerjournalisten, | |
die unter hohem persönlichen Risiko über die Gräueltaten des Militärs wie | |
über den zivilen wie bewaffneten Widerstand berichten. Werden | |
Bürgerjournalisten festgenommen, gefoltert oder getötet, sorgt das selten | |
für internationale Schlagzeilen. | |
„Die meisten Medien, die noch innerhalb des Landes arbeiten, wurden von der | |
Junta eingeschüchtert oder werden vom Militär unterhalten“, sagte kürzlich | |
Nathan Maung, des Gründer des Medienhauses Kamayut, [8][in einem Interview] | |
mit dem Onlineportal Mohinga Matters. Auch er saß schon im Gefängnis. | |
Bei den seltenen Pressekonferenzen von Juntavertretern sei deren geringes | |
Medienverständnis offensichtlich. Viele der anwesenden Journalisten hätten | |
offenbar bisher nicht in diesem Job gearbeitet und stellten keine | |
kritischen Fragen, so Maung. | |
6 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Buergerkrieg-in-Myanmar/!5882944 | |
[2] /Pressefreiheit-in-Myanmar/!5815280 | |
[3] /Myanmar-nach-dem-Putsch/!5750748 | |
[4] /Neue-Urteile-in-Myanmar/!5884831 | |
[5] /Workshopteilnehmer-der-Panter-Stiftung/!5843922 | |
[6] https://aappb.org/?p=23106 | |
[7] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2022 | |
[8] https://mohingamatters.com/2022/06/09/truth-over-the-junta-the-choice-that-… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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