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# taz.de -- Nach dem Putsch in Myanmar: Generalstreik gegen Generäle
> Eine Rekordzahl an Menschen beteiligt sich an den Massenprotesten gegen
> das Militär. Ein Generalstreik legt trotz Todesdrohungen das Land lahm.
Bild: Protestierende in Myanmar rufen zu einem Generalstreik auf
Berlin taz | Drei Wochen nach dem [1][Militärputsch] sind in Myanmar am
Montag Hunderttausende Menschen gegen das Regime der Generäle auf die
Straße gegangen. Das lokale Webjournal [2][Irrawaddy] schrieb gar von
Millionen von Demonstrant:innen. In den Großstädten Yangon und Mandalay wie
in der Hauptstadt Naypyidaw und auch beispielsweise in den Städten
Myitkyina, Taunggyi, Lashi, Myawaddy, Dawei, Pathein, Monywa und Bago stand
das öffentliche Leben jenseits der friedlichen Massenaufmärsche still. Dies
zeigten auf Twitter kursierende Bilder.
Nur Am Rand von Naypyidaw soll es Medienberichten zufolge zwischen einem
Dutzend und 20 Festnahmen gegeben haben. In Yangon wichen laut dem
Webportal [3][Frontier] Demonstrant:innen der in zwei Stadtteilen
aggressiv auftretenden Polizei aus, die offenbar Straßenschlachten
provozieren wollte. Es blieb völlig friedlich.
Die Menschen in dem südostasiatischen Land waren einem Aufruf zum
Generalstreik gefolgt. Der war nach der Festnahme vieler Politiker der
bisherigen Regierung von der weitgehend führerlosen Demokratiebewegung
ausgegangen. Die [4][Kampagne des zivilen Ungehorsams], die im Gesundheits-
und Bildungssektor begonnen hatte, entlarvt schon seit gut zwei Wochen mit
Streiks die Behauptungen der Putschgeneräle als dreiste Lügen und
verweigert ihnen die Gefolgschaft.
Inzwischen fordern viele Demonstrant:innen nicht mehr nur die
Wiedereinsetzung der gestürzten Regierung der Friedensnobelpreisträgerin
Aung San Su Kyi und ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD), sondern
auch die Abschaffung der bisherigen politischen Sonderrechte des Militärs
sowie eine föderale Verfassung.
## „Five Twos“ lautet das Kürzel des Generalstreiks
Nach Meinung von Beobachtern war dies der größte Protest, seitdem die
Regierung am 1. Februar wegen angeblichen Wahlbetrugs vom Militär gestürzt
worden war.
Unmittelbar vor dem Generalstreik, der wegen des Datums 22. 2. 2021 als
„Five Twos“ bezeichnet wird, hatte das Militärüber den staatlichen
Fernsehsender MRTV noch unter Verweis auf das Versammlungsverbot mit dem
Einsatz tödlicher Gewalt gedroht: „Die Demonstranten stacheln die Menschen,
vor allem emotionale Teenager und Jugendliche, zu einem Konfrontationskurs
an, bei dem sie den Verlust ihres Lebens erleiden werden.“
Darauf sperrte der Internetkonzern Facebook die Seite von MRTV. Bereits
zuvor waren Seiten des Militärs und einige Generäle gesperrt worden. Der
bisherige Armeechef und jetzige Putschführer Min Aung Hlaing war schon 2018
von Facebook verbannt worden, weil er in dem sozialen Netzwerk für die
gewaltsame Vertreibung der muslimischen Minderheit der Rohingya eingetreten
war.
Die jetzt seit einer Woche andauernde nächtliche Sperre von Internet und
Mobilfunk durch das Militär war am Montag erstmals bis in den späteren
Morgen verlängert worden. Offenbar soll dies die Menschen verunsichern und
ihre Kommunikation stören, die Organisierung von Protesten erschweren und
zugleich die Verbreitung von Bildern der Repression erschweren. Eine
offizielle Begründung für die Sperren gab es bisher nicht. Doch gehört die
Betonung von „Disziplin“ zum Mantra der Putschgeneräle.
Bisher waren seit dem Putsch [5][vier Menschen] durch Schüsse von Polizei
und Militär getötet worden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation
[6][AAPP] sind bisher 684 Menschen festgenommen worden, von denen sich noch
637 in Haft befanden.
## Die Repression scheint den Widerstand nur zu stärken
Doch die Menschen lassen sich bisher nicht einschüchtern. Vielmehr scheint
die Repression vielen klarzumachen, dass sie entschlossen für ihre Rechte
auf die Straße gegen müssen. Die Proteste sind „divers, friedlich,
entschlossen, würdig“, schrieb ein in Yangon lebender Beobachter bewundernd
bei Facebook. „Zumindest in Yangon, Myanmars größter Stadt, sind so gut wie
alle Geschäfte geschlossen.“
UN-Generalsekretär António Guterres forderte in einer Videobotschaft zur
Eröffnung der Frühjahrssitzung des Menschenrechtsrats in Genf ein
sofortiges Ende von Gewalt und Unterdrückung in Myanmar. „Lassen Sie die
Gefangenen frei. Beenden Sie die Gewalt. Respektieren Sie die
Menschenrechte und den in Wahlen ausgedrückten Willen des Volkes“, sagte er
an die Adresse des Militärs gerichtet. „Putsche haben keinen Platz in
unserer modernen Welt.“
## EU bereitet Sanktionen vor
In einer am Montag von den EU-Außenministern beschlossenen Erklärung wird
„ein sofortiges Ende des Ausnahmezustands, die Wiederherstellung der
rechtmäßigen Zivilregierung und die Eröffnung des neugewaält Parlaments“
gefordert. Alle im Zuge des Putsches festgenommenden Personen müssten
unverzüglich freigelassen werden.
Man wolle alle diplomatischen Kanäle nutzen, um auf eine Deeskalation
hinzuwirken, bereite aber auch Sanktionen vor, falls dies nicht gelinge,
erklärte der deutsche Außenminister Heiko Maas laut dpa.
22 Feb 2021
## LINKS
[1] /Staatssteich-in-Myanmar/!5744873
[2] https://www.irrawaddy.com/news/burma/millions-myanmar-join-nationwide-gener…
[3] https://www.frontiermyanmar.net/en/myanmar-protests-live/
[4] /Protest-gegen-Putsch-in-Myanmar/!5751983
[5] /Proteste-in-Myanmar/!5753425
[6] https://aappb.org/?p=13222
## AUTOREN
Sven Hansen
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