| # taz.de -- Mietendeckel in Berlin: Es kann gedeckelt werden | |
| > Ursprünglich ein Projekt der SPD, scheiterte der Mietendeckel im letzten | |
| > Moment beinahe an dieser. Nun aber stehen alle Mieten still. | |
| Bild: Vorschläge für Mietendeckel gab es viele | |
| Berlin taz | Mit 50 Minuten Verspätung betritt Stadtentwicklungssenatorin | |
| Katrin Lompscher (Linke) am Dienstag die Bühne der Senats-Pressekonferenz | |
| im Roten Rathaus. Sie lächelt. Aus der vorausgegangenen Krisensitzung des | |
| rot-rot-grünen Senats ist sie als Siegerin hervorgegangen. „Der Senat | |
| beschließt die Einführung landesrechtlicher Regelungen zur Begrenzung der | |
| Miethöhen (sog. Mietendeckel) und die vorgelegten Eckpunkte“, lautet der | |
| zentrale Satz der Einigung. Für mehr als 1,5 Millionen Berliner | |
| Mietwohnungen sollen die Mieten fünf Jahre lang eingefroren, zudem sollen | |
| Mietobergrenzen festgelegt werden. | |
| Die Einigung sei „wirksam mit dem Datum des heutigen Beschlusses“, so | |
| Lompscher. Das bedeutet, von nun an sind Mieterhöhungen für alle | |
| nicht-preisgebundenen Wohnungen unwirksam – für Sozialwohnungen gelten | |
| eigene Regelungen. Das Gesetz, dessen Text bis Mitte Oktober vorgelegt | |
| werden und das ab Januar gelten soll, wird eine rückwirkende | |
| Stichtagsregelung enthalten. Laut Lompschers Rechtsauffassung sind auch die | |
| Mieterhöhungen, [1][die in den vergangenen Tagen verschickt wurden], | |
| unwirksam, sofern Mieter diesen noch nicht zugestimmt haben. Der Berliner | |
| Mieterverein hat dieser Auffassung widersprochen. | |
| Noch kurz vor der Einigung im Senat hatte es so ausgesehen, als mache die | |
| SPD dem Vorhaben, das sie ursprünglich selbst angestoßen hatte, [2][einen | |
| Strich durch die Rechnung]. Am Montagabend hatte der Senatskanzleichef | |
| Christian Gaebler (SPD) quergeschossen. Umstrittene Punkte wie die | |
| Mietobergrenze und damit verbundene Mietsenkungen standen plötzlich | |
| infrage, ein gemeinsamer Senatsbeschluss schien fraglich. Es kursierte eine | |
| geänderte Fassung für den Beschluss, nach der der Senat die vorgelegten | |
| Eckpunkte nur noch „zur Kenntnis“ nehmen, also nicht beschließen sollte. | |
| Ein zentrales Argument, der sich plötzlich formierenden Gegner des Deckels | |
| innerhalb der SPD: Ein Mietenstopp, der auch für die landeseigenen | |
| Wohnungsbaugesellschaften gelte, gefährde deren Neubauziele. Fachpolitiker | |
| der Linken und von den Grünen zeigten sich fassungslos. Die SPD | |
| „torpediere“ den Mietendeckel hieß es, auch von einem „gezielten | |
| Selbstmordplan“ der Partei war die Rede. | |
| ## Grünen setzen Änderung durch | |
| Dass nun sowohl das Einfrieren der Mieten als auch die Anfang Juni | |
| vorgelegten Eckpunkte für ein nun zu erarbeitendes Gesetz beschlossen | |
| wurden, darf daher als Überraschung gelten. Womöglich liegt es daran, dass | |
| viele in der SPD, etwa die zuständige Fachpolitikern Iris Spranger, den | |
| Mietendeckel unbedingt wollten. Zudem: Hätte sich der Senat nicht geeinigt, | |
| wäre das für ihn der Super-GAU. | |
| An dem ursprünglichen Eckpunktepapier wurde nur im Detail geschraubt, und | |
| nicht die SPD, sondern die Grünen verhandelten die einzige relevante | |
| Änderung: So sollen Mieterhöhungen nach energetischen Sanierungen auf | |
| Antrag möglich sein. Lompscher sprach von einer „Balance zwischen Mieter- | |
| und Klimaschutz.“ Ansonsten bleibt es bei dem ursprünglichen Vorschlag: | |
| Höhere Mieten von bis zu 50 Cent pro Quadratmeter sind nach Sanierungen | |
| erlaubt; eventuelle Ersparnisse bei den Nebenkosten werden mit | |
| eingerechnet. | |
| Etwas konkreter wurde Lompscher bei der Mietobergrenze, über deren Höhe | |
| bislang noch nichts bekannt ist. Nun hieß es, es werde ein „differenziertes | |
| Mietobergrenzensystem“ geben, womöglich angelehnt an den Mietspiegel, der | |
| zwischen Baujahr, Ausstattung und Lage unterscheidet. Mieten, die darüber | |
| liegen, müssen bei Wiedervermietung und in bestehenden Verhältnissen auf | |
| Antrag der Mieter gesenkt werden. | |
| „Der Berliner Senat hat Mut bewiesen“, so Reiner Wild vom Berliner | |
| Mieterverein. „Eine öffentlich-rechtliche Mietenkappung wird den | |
| Mieterschutz deutlich stärken, denn zukünftig werden Mieter bei Forderungen | |
| der Vermieter den Staat in ihrem Rücken wissen.“ Der Vermieterverband Haus | |
| & Grund, [3][der seine Mitglieder zu schnellen Mieterhöhungen aufgerufen | |
| hatte], forderte von der Bundesregierung, nun „klare Signale zu setzen“. | |
| Die Angst ist groß, dass andere Städte folgen könnten. Haus & | |
| Grund-Präsident Kai Warnecke sagte über den Deckel: „Dieser Fehler darf auf | |
| keinen Fall Nachahmer finden.“ | |
| Senatskanzleichef Gaebler war am Dienstagmittag via Twitter zurück | |
| gerudert. Er schrieb: „Ich hatte keine einschneidenden Änderungen ins Spiel | |
| gebracht, sondern wir haben über mögliche begleitende Prüfaufträge und | |
| Erläuterungen gesprochen.“ Festgehalten wurde nun, Mietobergrenze und | |
| Absenkung von Mieten hinsichtlich verfassungsrechtlicher Risiken und | |
| Auswirkungen auf vor allem gemeinwohlorientierte Vermieter zu prüfen – ein | |
| Allgemeinplatz. | |
| Der Verband der Wohnungsbaugenossenschaften Berlin hatte noch am Dienstag | |
| mit Anzeigen in verschiedenen Berliner Tageszeitungen gegen den | |
| Mietendeckel Stellung genommen. „Jetzt reicht's Genossen! Mietendeckel | |
| stoppen“, stand da. Lompscher reagierte gelassen, sie sprach von einem | |
| „Missverständnis“. Die Genossenschaften müssten ihre Wirtschaftspläne | |
| anpassen. Ergäben sich daraus Härtefälle, greife eine entsprechende | |
| Regelung. Auf Antrag bei der Investitionsbank Berlin Brandenburg seien auch | |
| zukünftig Mieterhöhungen möglich. | |
| Auch dem Argument, dass der Neubau leiden würde, begegnete Lompscher | |
| gelassen. Es sei ihr Interesse, dass auch künftig gebaut werde. | |
| Unterschiedliche Berechnungen gehen von Einnahmeverlusten für die | |
| landeseigenen Unternehmen von etwa 200 Millionen Euro in fünf Jahren durch | |
| den Mietendeckel aus. Lompscher verwies auf die Jahresabschlüsse der | |
| Gesellschaften, die zuletzt deutlich höhere Gewinne verzeichneten. | |
| 18 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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