# taz.de -- Meta in der EU: Der Gute wird böse | |
> Bisher hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg nach den EU-Regeln gespielt. | |
> Jetzt klagt er über Zensur. Die EU-Kommission weist das zurück. | |
Bild: Daumen runter: Facebook will weniger kontrollieren | |
Die Onlinewelt war aus EU-Sicht bisher recht simpel: Mark Zuckerberg, der | |
Facebook-Chef, war der Gute, der sich an EU-Regeln wie das | |
„[1][Digitale-Dienste-Gesetz]“ (DSA) hält und Fake News oder Hassrede aktiv | |
bekämpft. Elon Musk hingegen, der Boss von „X“, der Böse. Der biedert sich | |
zudem immer mehr bei den Rechten an und will am Donnerstag sogar live mit | |
AfD-Chefin Alice Weidel chatten – eine Provokation. | |
Doch jetzt provoziert auch Zuckerberg. Der will nicht nur das von der EU | |
hoch geschätzte [2][Faktencheck-Programm] abschaffen – wenn auch zunächst | |
nur in den USA. Er wirft den Europäern zudem vor, amerikanische Konzerne | |
zu Zensur zu drängen. In Europa gebe es „immer mehr Gesetze, die die Zensur | |
institutionalisieren und es schwierig machen, dort etwas Innovatives zu | |
entwickeln“, erklärte Zuckerberg. Gemeint war offenbar das DSA, das | |
Facebook und andere Plattformen für ihre Inhalte in die Pflicht nimmt. | |
Die EU-Kommission will sogar noch weitergehen und einen „Demokratieschild“ | |
einführen, der die Regulierung noch engmaschiger macht. „Wir sind Pioniere | |
bei der Internetregulierung“, brüstet sich EU-Kommissionspräsidentin | |
Ursula von der Leyen. Ihre Gesetze würden nicht nur in Europa, sondern | |
weltweit Geltung erlangen. Doch nun ist die EU-Behörde in die Defensive | |
geraten. | |
„Wir weisen jede Behauptung einer Zensur entschieden zurück“, sagte | |
Kommissionssprecherin Paula Pinho am Mittwoch. Zuckerberg liege voll | |
daneben. Die EU greife nicht in die Inhalte ein, sondern stelle lediglich | |
sicher, dass kein „illegaler oder schädlicher Content“ verbreitet werde, | |
ergänzte der für das DSA zuständige Kommissionssprecher Thomas Regnier. Was | |
illegal oder schädlich sei, lege nicht die EU fest, sondern werde durch | |
nationale Gesetze geregelt. Auch die Art und Weise, in der der Content | |
kontrolliert wird, werde nicht von Brüssel vorgeschrieben. Die bisher von | |
Facebook genutzten Faktenchecker seien nur eine Möglichkeit. Denkbar seien | |
auch „Community Notes“, wie sie „X“ eingeführt hat. Hauptsache, die Re… | |
würden eingehalten. | |
Das Problem ist, dass diese Regeln neu sind – und dass die Durchsetzung | |
viel Zeit und Aufwand braucht. So prüft die EU-Kommission die Maßnahmen bei | |
„X“ bereits seit einem Jahr – bisher ohne Ergebnis. Allein mit dem DSA si… | |
schon 150 Kommissionsmitarbeiter beschäftigt – dabei ist es nur eins von | |
mehreren Internetgesetzen. Ob Verstöße am Ende wirksam geahndet werden, | |
ist offen. | |
Auf dem Papier drohen Musk gigantische Strafen von bis zu 6 Prozent des | |
weltweiten Jahresumsatzes. Als Grundlage könnten nicht nur die Zahlen von | |
„X“ herangezogen werden, sondern theoretisch alle Unternehmen – darunter | |
auch die Raumfahrtfirma SpaceX und der Elektroautobauer [3][Tesla], der | |
zuletzt rund 100 Milliarden Euro Umsatz meldete. Die Prüfung laufe noch, | |
heißt es in Brüssel. | |
Doch dass es jemals zu so hohen Strafen kommen wird, ist fraglich. | |
Spätestens seit dem Eintritt von Musk ins Team des künftigen US-Präsidenten | |
Donald Trump ist die Internetregulierung zum Politikum geworden. Dass sich | |
nun auch noch Zuckerberg den Wünschen der Republikaners fügt, macht die | |
Sache nicht besser. Im Gegenteil: Jede EU-Strafe wäre ein Affront gegen den | |
US-Präsidenten. | |
Zuckerbergs neue Linie gelte bisher nur für die USA, nicht jedoch in | |
Europa, heißt es in Brüssel. Man sei guter Hoffnung, dass die | |
Zusammenarbeit mit Facebook und den Faktencheckern in der EU wie bisher | |
weitergehe. Viel mehr als eine Hoffnung ist das aber nicht. Der | |
transatlantische Machtkampf um das Internet und seine Regeln hat gerade | |
erst begonnen – die EU könnte den Kürzeren ziehen. | |
8 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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