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# taz.de -- Justiz in Thailand: 28 Jahre Haft für Facebook-Posts
> Wegen 14-facher Majestätsbeleidigung hat ein Mann eine Rekordhaftstrafe
> bekommen. In Bangkok fordern drei Hungerstreikende eine Gesetzesreform.
Bild: Mongkhon Thirakot soll wegen Majestätsbeleidigung auf Facebook für 28 J…
Mae Sot taz | In Nordthailand hat ein Gericht einen Mann zu 28 Jahren
Gefängis wegen Majestätsbeleidung verurteilt. Dies teilte sein Anwalt am
Donnerstag gegenüber Agenturen mit. Mongkol Tirakote war im August 2022
festgenommen worden, weil er zuvor beleidigende und diffamierende
Kommentare über [1][König Maha Vajiralongkorn] bei Facebook gepostet haben
soll.
Angeklagt war der Versandhändler und Aktivist sogar wegen 27-fachen
Verstoßes gegen den berüchtigten Paragraphen 112 („lese majeste“) des
thailändischen Strafgesetzbuches. Der erinnert an die Zeiten der absoluten
Monarchie und wird immer wieder missbraucht, um Regierungskritiker
einzuschüchtern. Der vom Gericht in Chiang Rai verurteilte Mongkol, dessen
Alter mal mit 27 oder 29 angegeben wird, wurde aber in 13 Fällen
freigesprochen.
Für die anderen 14 Fälle bekam er je drei Jahre Haft. Die Gesamtstrafe von
42 Jahren reduzierte das Gericht wegen Kooperation des Angeklagten um ein
Drittel auf 28. Wegen Einspruchs bleibt der Verurteilte zunächst gegen
Kaution auf freiem Fuß, doch muss er sich bereits im März wegen eines
weitere Falles vor Gericht verantworten.
Der Paragraph 112 sieht ein Strafmaß von 3 bis 15 Jahren je Verstoß vor.
Nach Angaben von Sunai Phasuk vom Human Rights Watch war dies die
zweihöchste wegen Majestätsbeleidigung verhängte Strafe jemals. Die
Rekordstrafe lag bisher bei 43 Jahren und war 2021 gegen eine Frau verhängt
worden, deren Strafmaß ursprünglich sogar 87 Jahre betragen sollte.
Im Jahr 2020 war die [2][thailändische Demokratiebewegung] wieder
auferstanden, deren Ziel auch eine Abschaffung oder Reform der Monarchie
ist. Mit der durch strikte Pandemie-Maßnahmen erleichterten Unterdrückung
der hauptsächlich von Studierenden getragenen Bewegung haben die Verfahren
wegen Majestätsbeleidigung wieder stark zugenommen.
## Hunger- und Durststreik in Bangkok
Laut der Menschenrechtsorganisation [3][Thai Lawyers for Human Rights]
(TLHR) wird seit November 2020 gegen 228 Personen wegen
Majestätsbeleidigung ermittelt, darunter gegen 18 Minderjährige. In der
Regel handelt es sich um Fälle friedlicher Meinungsäußerung.
Zwei ebenfalls wegen Majestätsbeleidigung verurteilte junge Frauen,
Tantawan Tuatulanon („Tawan“) und Orawan Phuphong („Bam“), haben am 18.
Januar in Bangkok gegen ihre Kautionsauflagen protestiert und vom Gericht
den Antritt ihrer Haft verlangt. Sie waren ursprünglich im Februar und März
2022 bei öffentlichen Protestaktionen festgenommen worden.
Jetzt protestierten sie etwa gegen den Zwang zum Tragen einer
elektronischen Fußfessel wie auch dagegen, dass andere Verurteilte nicht
gegen Kaution freigelassen würden. Nach der Wiedereinweisung ins Gefängnis
begannen Tantawan und Orawan einen zuvor angekündigten Hunger- und
Durststreik. Inzwischen sind sie stark geschwächt und mussten in ein
Krankenhaus verlegt werden.
Bereits zuvor hatte nach Angaben seines Anwalts der 26-jährige
Auslieferungsfahrer Sitthichok Sethasavet in Bangkok einen Hungerstreik
begonnen. Er war am 17. Januar zu 24 Monaten Haft verurteilt worden, weil
er ein Bild des Königs verbrannt haben soll, berichtete das Onlineportal
[4][Prachatai] am Donnerstag.
Nach Darstellung seine Anwalts soll er aber versucht haben, das Feuer des
brennenden Königsbildes auszutreten, als er mit seinem Lieferfahrzeug
zufällig vorbeigefahren sei. Mit seinem Hungerstreik will er dagegen
protestieren, dass er nicht auf Kaution freikommt.
## Solikundgebung mit Kerzen und Sonnenblumen
In Bangkok und an der Universität in Thailands zweitgrößter Stadt Chiang
Mai hat es Medienberichten zufolge bereits Solidaritätsaktionen gegeben. In
Chiang Mai sollen am Dienstag laut [5][Prachatai] dabei zwei Studierende
festgenommen worden sein, die zur Untermauerung ihrer Forderung nach
Freilassung aller politischen Gefangenen Häftlingskleidung trugen und damit
laut Polizei für „Panik und Verwirrung sorgten“.
In Bangkok äußerten am Donnerstagabend mehrere hundert Menschen mit Kerzen
und Sonnenblumen ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden und forderten
die Abschaffung des Straftatbestandes der Majestätsbeleidigung, berichtete
die [6][Bangkok Post].
Sympathisanten besuchten laut [7][Prachatai] inzwischen Parteizentralen und
forderten dort Solidarität ein. Voraussichtlich im Mai wird in Thailand ein
neuers Parlament gewählt. In der Frage von Kautionsbedingungen scheint es
Verhandlungsbereitschaft zu geben.
An den Paragraph 112 traut sich aber keine Partei richtig ran – selbst die
von vielen jungen Leuten als einzig wählbar angesehene Move Forward-Partei
nicht. Sie schlägt nur vor, das Strafmaß auf ein Jahr Haft zu senken. Weil
die Strafen so drastisch sein können, lässt allein die Drohung mit dem
Paragraphen 112 viele verstummen, die sonst deutlicher Kritik äußern
würden.
27 Jan 2023
## LINKS
[1] /Thailands-Monarch-in-Bayern/!5675208
[2] /Demokratiebewegung-in-Thailand/!5723238
[3] https://tlhr2014.com/en/home
[4] https://prachataienglish.com/node/10205
[5] https://prachataienglish.com/node/10202
[6] https://www.bangkokpost.com/thailand/general/2492154/hundreds-rally-as-hung…
[7] https://prachataienglish.com/node/10203
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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