# taz.de -- Maßnahmen gegen Stickoxidbelastung: Hauptsache kein Diesel-Fahrver… | |
> In fünf Modellstädten finanziert der Bund bis 2020 saubere ÖPNV-Konzepte. | |
> Kritiker*innen fordern mehr Radikalität und ganzheitliches Denken. | |
Bild: Was macht unsere Luft sauberer? In fünf Modellstädten werden neue Konze… | |
BERLIN taz | Günstigere Fahrkartenpreise, Jobtickets, Taktverdichtungen, | |
und ausgebaute Radwege – mit insgesamt 130 Millionen Euro will der Bund bis | |
2020 in fünf deutschen Modellstädten innovative Verkehrsprojekte | |
finanzieren, die zur Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung (NO2) | |
beitragen sollen. | |
Im Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) stellten | |
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Verkehrsminister Andreas Scheuer | |
(CSU) und Bürgermeister*innen der Modellstädte Bonn, Essen, Herrenberg, | |
Mannheim und Reutlingen am Dienstag ihre Pläne vor. Laut Umweltministerin | |
Schulze wurden Städte mit ganz unterschiedlichen Profilen ausgewählt, um | |
eine Übertragbarkeit von besonders [1][wirkungsvollen Pilotprojekten] auf | |
möglichst viele andere Städte zu gewährleisten. | |
Der Bund trägt durchschnittlich 95 Prozent der Gesamtkosten der Projekte, | |
die wissenschaftlich begleitet und hinsichtlich ihres | |
NO2-Reduktionspotentials ausgewertet werden. Mit dem Modellvorhaben | |
reagiert der Bund auf anhaltenden [2][Druck der EU-Kommission]. Diese hatte | |
Deutschland wegen der grenzüberschreitenden Stickoxidwerte vor dem | |
Europäischen Gerichtshof verklagt hat. Auch deswegen sollen die Projekte so | |
schnell wie möglich umgesetzt werden. | |
Mit Bonn und Reutlingen wollen gleich zwei Städte das „Wiener Modell“, also | |
ein ÖPNV-Jahresticket für 365 Euro nach Vorbild der österreichischen | |
Hauptstadt, testen. In Bonn ist jedoch schon klar, dass Neukund*innen den | |
öffentlichen Nahverkehr nur ein Jahr lang für einen Euro pro Tag nutzen | |
können. Im europäischen Vergleich ist dieser Preis günstig – für eine | |
Jahreskarte der Tarifbereiche AB zahlt man in Berlin derzeit doppelt so | |
viel. | |
## Kein ganzheitlicher Ansatz | |
Christian Specht, erster Bürgermeister von Mannheim, will außerdem den | |
Lieferverkehr ins Visier nehmen: Ein Micro-Hub soll das Umladen von | |
Sendungen auf E-Lastenräder ermöglichen, die im innerstädtischen Bereich | |
für umweltfreundliche Logistik sorgen. Herrenberg will eine Mobilitäts-App | |
entwickeln, die auch Umsteigemöglichkeiten auf Pedelecs beinhaltet. | |
Unbedingt vermeiden wollen alle Städte ein [3][Fahrverbot für | |
Dieselfahrzeuge]. | |
Ob die Pilotprojekte nach Ablauf des zweijährigen Förderzeitraums | |
weitermachen können, blieb unklar. Eine Zwischenbilanz aus den Städten wird | |
im Sommer 2019 erwartet. | |
Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz | |
Deutschland, kritisiert das Konzept: „Statt nur in einzelnen Modellstädten | |
gute Projekte zur Verkehrswende zu fördern, muss die Bundesregierung | |
endlich beginnen, die Mobilität in Deutschland ganzheitlich zu denken“, | |
sagte Hilgenberg. Für die Einhaltung der Grenzwerte von Stickstoffdioxid | |
und die Klimaziele sei ein „radikaleres Vorgehen“ notwendig. | |
Im Jahr 2015 überschritten noch 90 deutsche Städte die EU-Grenzwerte für | |
den Ausstoß von NO2, 2017 waren es 65 Städte. Ein langsamer Fortschritt, | |
der durch die Projekte der Modellstädte beschleunigt werden soll. Die | |
EU-Kommission sei bereits informiert, sagte Verkehrsminister Scheuer. | |
Umweltministerin Schulze unterstrich ihre Forderung nach einer | |
Hardwarenachrüstung von Dieselfahrzeugen: „Die Dinge, die wir hier | |
voranbringen, werden nicht reichen“, so die SPD-Ministerin. Besonders die | |
Automobilkonzerne müssten ihrer Verantwortung deutlich stärker nachkommen. | |
Scheuer äußerte jedoch „rechtliche, technische und organisatorische | |
Bedenken“ gegenüber dieser Maßnahme. Mitte September wird eine | |
Stellungnahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet. | |
15 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Lin Hierse | |
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