| # taz.de -- Mobilitätsforscher über Dieselverbot: „Kein Untergang des Abend… | |
| > Einchecken, losfahren, auschecken: Andreas Knie setzt auf vernetzte | |
| > Verkehrsmittel in den Städten. Mit dem Auto gehe man weniger emotional um | |
| > als früher, sagt er. | |
| Bild: In Essen sieht der Zugang zum Nahverkehr schon sehr modern aus. Er steckt… | |
| taz: Herr Knie, die Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig halten | |
| Dieselfahrverbote für zulässig. Was bedeutet das für Bund, Länder und | |
| Kommunen? | |
| Andreas Knie: Der Staat wird dazu verpflichtet, etwas zur Vermeidung von | |
| gesundheitlichen Schäden in den Städten zu tun – mehr als bisher. Vor allem | |
| die Kommunen müssen nun darüber nachdenken, wie sie die Luft sauber | |
| bekommen. Aber klar ist auch: Der Bund muss handeln. Etwa mit der | |
| Einführung einer blauen Plakette. Das Urteil ist jedoch noch lange kein | |
| Untergang des Abendlandes. | |
| Aber: Steht uns nun eine Revolution im Verkehrswesen bevor oder nicht? | |
| So, wie es bisher funktioniert hat, geht es nicht mehr weiter. Wir müssen | |
| uns Gedanken machen, wie der Verkehr der Zukunft aussieht. | |
| Verbrennungsmotoren wie im bisherigen Umfang darf es nicht mehr geben. Es | |
| kann einfach nicht sein, dass Autos in dieser enormen Menge auf den Straßen | |
| fahren oder auf Stellplätzen in den Städten stehen. Da müssen wir | |
| umsteuern. | |
| Und wie genau stellen Sie sich das vor? | |
| Eine technische Optimierung des Verkehrs – wie zum Beispiel mithilfe von | |
| Elektrobussen oder E-Taxis – allein wird nicht ausreichen, um die Luft | |
| sauber zu halten. Etwa 40 Prozent der Maßnahmen wirken erst durch ein | |
| grundsätzlich verändertes Verhalten. Weniger Auto fahren, mehr Nahverkehr, | |
| mehr Fahrrad nutzen – das ist es. Aber letztlich muss es vor allem weniger | |
| Autos geben. | |
| Mit einem kostenlosen ÖPNV schlagen wir die falsche Richtung ein – sagen | |
| Sie. Warum? | |
| Keiner hat eine Idee, wie die bundesweit rund 14 Milliarden Euro an | |
| ÖPNV-Einnahmen ersetzt werden. Wir brauchen zudem deutlich mehr Kapazitäten | |
| – die kosten aber mindestens weitere 6 Milliarden Euro. Außerdem glaube ich | |
| nicht, dass mehr Menschen tatsächlich auf den Nahverkehr umsteigen werden, | |
| nur weil wir an der Preisschraube drehen. Das Kernproblem ist nämlich ein | |
| ganz anderes. | |
| Aber welches? | |
| Der Nahverkehr, wie wir ihn kennen, stammt aus dem 19. Jahrhundert. Man | |
| weiß heutzutage überhaupt nicht, welche Verkehrsmittel man im öffentlichen | |
| Nahverkehr nutzen kann oder wann S-Bahnen oder U-Bahnen fahren. Man muss | |
| den ÖPNV eigentlich völlig neu denken. | |
| Was bedeutet das für die Städte? | |
| Vor allem eins: Autoeigentümer gibt es künftig nicht mehr, dafür genügend | |
| Verkehrsmittel für alle. Man muss nur wissen, wie man diese nutzen kann – | |
| dazu muss man sie digital vernetzen. Morgens checken die Bürger in den | |
| Verkehr ein, dann steigen sie in das Verkehrsmittel ein, das für sie am | |
| ehesten passt. Ob das ein Auto oder die U-Bahn ist, ob sie den Scooter | |
| nehmen oder das Fahrrad, spielt letztlich keine Rolle. Je nach Strecke kann | |
| jeder das Verkehrsmittel beliebig oft tauschen. Am Ziel angekommen, checkt | |
| man sich aus dem Verkehr wieder aus. | |
| Das heißt: Alle teilen alle Verkehrsmittel mit allen. Ist das in der | |
| Autofahrernation Deutschland nicht schlicht Utopie? | |
| Im Zuge der Digitalisierung hat sich die Gesellschaft stark verändert. Wir | |
| erleben längst eine Säkularisierung des Autos. Viele kennen nicht mal die | |
| Marke ihres Wagens, und „Autoquartett“ wird auch nicht mehr gespielt. Die | |
| Entemotionalisierung des Autos hat längst stattgefunden. Aber wahr ist | |
| auch: Das Auto ist einfach immer noch fürchterlich bequem. Es steht vor der | |
| Tür, bringt mich schnell von A nach B und ist einfach praktisch. | |
| Also zählt der Pkw fürs Individuum doch zum Verkehr der Zukunft? | |
| Das Prinzip Teilen muss in den Vordergrund rücken. Wir brauchen mehr | |
| Sharingmodelle und auch eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes. Das | |
| bedeutet: Geschäftsideen wie der Fahrdienst Uber müssen auch bei uns | |
| möglich sein. Digitale Plattformen und das Mitnehmen von Personen dürfen | |
| nicht nur Taxis oder dem ÖPNV überlassen werden. Es muss ein offener Markt | |
| entstehen. | |
| Wie lange wird es dauern, bis es den geben wird? | |
| Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag lediglich auf Ansätze | |
| geeinigt. Viel Mut werden sie im Verkehrsbereich vermutlich nicht zeigen. | |
| 28 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Tanja Tricarico | |
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