| # taz.de -- Leidende Zivilgesellschaft in Ungarn: Die NGOs bluten aus | |
| > Die ungarische Zivilgesellschaft wird von Viktor Orbáns Partei Fidesz auf | |
| > vielfältige Weise gegängelt. Das bekommen auch Umweltschutz-NGOs zu | |
| > spüren. | |
| Bild: Sie applaudieren für den neuen starken Mann in Ungarn, Péter Magyar | |
| Ein gesichtsloses Wohnhaus im Budapester Bezirk Josefstadt, erster Stock. | |
| Das Apartment ist vollgestellt mit betagten Möbeln. Selbst der Balkon zum | |
| Hinterhof dient als Abstellfläche – ein Sofa, ein Wäscheständer, Kartons. | |
| Es sind Zeugnisse eines Bürodowngradings. | |
| Wer sich ein Bild vom Niedergang der ungarischen Umwelt-NGOs und der | |
| prekären Lage der Zivilgesellschaft insgesamt machen möchte, ist hier an | |
| der richtigen Adresse, am Hauptsitz von Levegő Munkacsoport, auf Englisch | |
| Clean Air Action Group (CAAG), einer der bekanntesten und einstmals | |
| einflussreichsten Umweltorganisationen des Landes. | |
| 1988 wurde sie kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs gegründet mit dem | |
| Ziel, die heftige Luftverschmutzung in Budapest zu bekämpfen. Später kamen | |
| weitere Arbeitsfelder wie grüne Mobilität und Energiewende hinzu. Es | |
| folgten EU-weite Kooperationen mit Umweltorganisationen, etwa mit dem BUND, | |
| dem Verkehrsclub Deutschland und der Deutschen Umwelthilfe. Im Jahr 2006 | |
| war die CAAG Ungarns „NGO des Jahres“. | |
| Einige der Kooperationen sind der CAAG geblieben. Ansonsten aber nicht | |
| besonders viel. „Heute haben wir noch drei Vollzeit- und drei | |
| Teilzeitstellen“, sagt András Lukács, 72, Mitgründer und Präsident der | |
| CAAG, der auf einem der Balkonstühle neben den Kartons sitzt. „Vor 2010 | |
| waren es 17 Vollzeitstellen, plus eine Reihe externer Experten.“ | |
| 2010, das war das Jahr, in dem Viktor Orbán mit seiner Partei Fidesz zum | |
| zweiten Mal an die Macht kam – und seitdem alles tut, um diese nicht wieder | |
| abgeben zu müssen. | |
| ## Alles nur keine unabhängigen NGOs | |
| „Seitdem Fidesz Ungarn regiert, haben der Umweltschutz und unabhängige NGOs | |
| es sehr schwer“, sagt Lukács. Kurz nach dem Wahlsieg wurde das | |
| Umweltministerium abgewickelt und ins Landwirtschaftsministerium | |
| eingegliedert. Es folgten „Säuberungen“, wie Lukács es nennt. Viele | |
| Fachleute wurden durch willfährige Parteidiener ersetzt. Umweltschutz ist | |
| aus Fidesz-Sicht lediglich lästig. | |
| Im Fall der riesigen E-Auto- und Batteriefabriken beispielsweise, die | |
| mithilfe massiver Subventionen überall im Land emporwachsen, oft im | |
| Hauruckverfahren, unter Umgehung von Umweltauflagen. Anwohner werden über | |
| Folgen und Gefahren im Dunkeln gelassen, allzu kritische | |
| Gemeindeverwaltungen kurzerhand entmachtet (und von Gewerbesteuern | |
| abgeschnitten), indem ihr Verwaltungsgebiet zu einer „Sonderwirtschaftszone | |
| von nationalem Interesse“ erklärt wird. | |
| Und das selbst dann, wenn es um Probleme geht, an deren Lösung eigentlich | |
| allen gelegen sein sollte. Wie der gesundheitsschädlichen Luftverschmutzung | |
| in Ungarns Städten, verursacht etwa durch Dieselfahrzeuge und das Heizen | |
| mit Holz, Kohle oder Müll – eins der Hauptthemen der CAAG. | |
| So weit, sagt Lukács, sei es in Orbáns Ungarn gekommen: Lieber lasse man | |
| die Menschen giftige Luft atmen, als unabhängigen NGOs eine Stimme zu | |
| geben. | |
| Das Balkongespräch fällt in eine politisch spannungsgeladene Zeit, wenige | |
| Wochen vor dem ungarischen Superwahltag am 9. Juni, an dem neben den | |
| Europawahlen auch die Kommunalwahlen stattfinden. Zum ersten Mal seit | |
| Langem wird [1][Ungarn von einer Aufbruchstimmung erfasst], die auch die | |
| erfolgsverwöhnte Fidesz – bei den letzten Parlamentswahlen 2022 erreichte | |
| sie einen Stimmenanteil von 54 Prozent – vor ein Problem stellt. | |
| ## Ehemaliger Fidesz-Mann führt Proteste an | |
| Hunderttausende Menschen sind seit Februar in Budapest und dem ganzen Land | |
| [2][auf die Straßen gegangen], um gegen die Korruption der Regierung und | |
| für deren Rücktritt zu demonstrieren. Auslöser war das Bekanntwerden der | |
| Begnadigung eines Pädophilenhelfers durch die ungarische Präsidentin, | |
| [3][die daraufhin von ihrem Amt zurücktrat]. Anders als in früheren Fällen | |
| sieht Fidesz sich diesmal einem Gegner gegenüber, dem mit den üblichen | |
| Mitteln, vom Einsatz gleichgeschalteter Medien bis zu | |
| Social-Media-Diffamierungskampagnen, nicht so leicht beizukommen ist. | |
| [4][Angeführt werden die Proteste von Péter Magyar], der aus dem innersten | |
| Fidesz-Machtzirkel stammt und bis vergangenes Jahr mit Judit Varga | |
| verheiratet war, die im Februar, ebenfalls wegen des Pädophilenskandals, | |
| als Justizministerin zurücktrat. | |
| Kurz darauf war Magyar als harscher Kritiker von Orbáns „Mafiastaat“ und | |
| Whistleblower in Erscheinung getreten. Für die Europawahl hat sich der | |
| Fidesz-Überläufer von der Partei Tisza auf Listenplatz 1 setzen lassen, die | |
| laut jüngsten Umfragen mit einer Zustimmungsrate von 25 Prozent binnen | |
| kurzer Zeit zur wichtigsten Oppositionskraft aufgestiegen ist. | |
| Die Großdemonstrationen seien ein Ventil für viel aufgestaute | |
| Unzufriedenheit, sagt Ellen Bos, Professorin für Vergleichende | |
| Politikwissenschaft und Prorektorin der nichtstaatlichen deutschsprachigen | |
| Andrássy-Universität in Budapest. Seit Februar herrsche in Ungarn eine | |
| ungekannte Aufbruchstimmung, Hoffnung auf Veränderung mache sich breit. | |
| Fidesz sei das erste Mal seit vielen Jahren in die Defensive geraten, sagt | |
| sie und wirkt selbst noch ein bisschen ungläubig angesichts der Situation. | |
| ## Unzählige Anti-EU-Plakatwände | |
| Anfang Mai kamen Zehntausende Menschen nach Debrecen, im Osten des Landes, | |
| eigentlich eine Fidesz-Hochburg. Bos ist beeindruckt von dieser | |
| Mobilisierungsmacht Magyars: Er wisse genau, wie er Leute erreichen und für | |
| sich gewinnen könne, in den sozialen Medien, aber auch auf der Straße. | |
| Am Ende der Proteste in Debrecen fassten sich alle an den Händen und riefen | |
| gemeinsam „Schritt für Schritt und Stein für Stein werden wir uns unser | |
| Land zurückholen und ein friedliches, modernes, europäisches, | |
| demokratisches, fröhliches und lebenswertes Ungarn aufbauen.“ Es ist | |
| Magyars Slogan. | |
| Zu den Protesten und dem bevorstehenden Superwahltag möchte CAAG-Präsident | |
| András Lukács lieber nichts sagen. „Wir, wie auch die anderen unabhängigen | |
| NGOs, versuchen, parteipolitische Positionierungen aller Art zu vermeiden.“ | |
| Eine Sache allerdings sei bemerkenswert – und sie zeige, wie es um die | |
| Demokratie in Ungarn bestellt ist. Er meint die unzähligen | |
| Anti-EU-Plakatwände, die landauf, landab zu sehen sind. Sie zeigen neben | |
| EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und anderen von Fidesz | |
| Verpönten auch Péter Magyar. | |
| „Diese Art der Wahlwerbung“, sagt Lukács, „ist eigentlich illegal. Sie i… | |
| durch öffentliche Gelder finanziert. Dieses wird in regierungsnahe | |
| Fake-NGOs geleitet, die damit dann diese Kampagnen bezahlen. Und auch | |
| EU-Subventionen werden dazu missbraucht, um den Einfluss der Regierung in | |
| allen Bereichen der Gesellschaft zu erhöhen.“ | |
| Fake-NGOs, sagt Lukács, seien auch einer der Hebel, mit denen Fidesz den | |
| echten Nichtregierungsorganisationen in den vergangenen Jahren das Wasser | |
| abgegraben habe. Denn in diese Fake-NGOs würden inzwischen so gut wie alle | |
| staatlichen Gelder fließen, die offiziell zur Förderung der | |
| Zivilgesellschaft gedacht sind. „Vor dem Regierungswechsel stammte die | |
| Hälfte des CAAG-Budgets aus staatlichen Töpfen oder aus Spenden von | |
| Staatsunternehmen wie den Ungarischen Staatsbahnen“, sagt Lukács. „Danach | |
| versiegten diese Quellen.“ | |
| ## Fast alle Medien sind auf Linie gebracht worden | |
| [5][Außer mit schmerzhaften finanziellen Einbußen] haben unabhängige NGOs | |
| auch mit Schmutzkampagnen zu kämpfen, die teils nach ähnlichem Strickmuster | |
| ablaufen wie die aktuelle Anti-EU-Kampagne. Und mit einer Medienlandschaft, | |
| die von Fidesz in den vergangenen 14 Jahren [6][fast vollständig umgepflügt | |
| und auf Linie gebracht worden ist]. Der größte Teil der ungarischen | |
| Zeitungen und Magazine, TV- und Radiosender befindet sich inzwischen | |
| entweder direkt unter staatlicher Einflussnahme oder wurde von Orbán | |
| nahestehenden Geschäftsleuten übernommen. | |
| In dieser Monokultur fällt es leicht, unliebsame Themen oder kritische | |
| Umwelt-NGOs zu „ghosten“ – sie werden komplett ignoriert, verschwinden aus | |
| dem Bewusstsein des Medien-Mainstreams. | |
| „Wir dringen mit unseren Anliegen nicht mehr zu den Menschen vor“, sagt | |
| CAAG-Präsident Lukács. Ein Indikator für diesen Einflussverlust sind die | |
| Medienerwähnungen seiner Organisation. Die CAAG führt darüber akkurat | |
| Buch. Vor 2010 umfasste diese monatliche Auflistung oft neun bis zehn | |
| Seiten. Inzwischen sind es vielleicht noch zwei oder drei – und die | |
| wichtigsten Mediennamen sind aus dieser Liste vollständig verschwunden. | |
| „Wir sagen nichts anderes als vor dem Regierungswechsel, zum Beispiel: | |
| Verbrennt keinen Müll in euren Öfen! Obwohl verboten, ist das eine immer | |
| noch gängige Praxis in Ungarn, und die ist giftig für uns alle – egal, ob | |
| wir politisch rechts oder links stehen. Aber wir finden damit in den Medien | |
| kein Gehör mehr.“ | |
| Und wenn doch, klagt Lukács, würden ihre Positionen oft tendenziös | |
| wiedergegeben, teils bis ins Groteske verfälscht. „Einmal, bei einem | |
| Fernsehinterview mit dem regierungsnahen Nachrichtensender Hír TV, wurden | |
| meine Zitate derart aus dem Zusammenhang gerissen, dass meine Aussage | |
| praktisch ins Gegenteil verkehrt wurde.“ Der Sender habe später noch ein | |
| paar Mal für Interviews angefragt, erzählt Lukács. Und er habe sogar | |
| zugesagt – unter einer Bedingung: Die Interviews müssten live stattfinden. | |
| Sie kamen nie zustande. | |
| ## Journalismus im Exil | |
| Die desaströse Situation der Medien, die mittlerweile zu großen Teilen mehr | |
| einem Propagandanetzwerk der Regierung denn einer „vierten Gewalt“ im Staat | |
| gleichen, ist der Grund, warum Réka Kinga Papp seit ein paar Jahren als | |
| Chefin des Onlinemagazins Eurozine in Wien arbeitet. Sie schreibt über | |
| Umwelt-, Menschenrechts- und Sozialthemen und tritt auch als | |
| Stand-up-Comedian auf. „In Ungarn war ich massiven Anfeindungen ausgesetzt, | |
| und die Medienlandschaft bietet nicht die Art von Arbeitsplatzsicherheit, | |
| von der ich meine Familie ernähren könnte, es gibt einfach kaum Medien in | |
| Ungarn, für die ich schreiben könnte – oder wollte“, sagt sie. Jetzt macht | |
| sie Journalismus im Exil. | |
| Für Réka Kinga Papp ist Orbáns Vorgehen gegen die ungarischen NGOs ebenso | |
| wie die Umgestaltung der Medienlandschaft durch die Fidesz klar an Wladimir | |
| Putins Vorbild orientiert. „Es geht Orbán darum, die liberalen Strukturen | |
| komplett zu zerstören. Jede Art von kritischer Öffentlichkeit, von | |
| Zivilgesellschaft ist ihm ein Dorn im Auge, weil sie seine Macht infrage | |
| stellt.“ | |
| Auf Linie gebrachte Medien und ihrer Stimme beraubte NGOs: Laut Réka Kinga | |
| Papp bleiben so selbst einige der elementarsten Umweltprobleme in Ungarn | |
| ungelöst, Bewusstsein darüber existiere kaum. Zum Beispiel gebe es in | |
| Ungarn wie in ganz Mittel- und Osteuropa einen dramatischen Rückgang des | |
| Grundwasserspiegels – einerseits durch den Klimawandel, andererseits durch | |
| die auch von der EU geförderte Landwirtschaftspolitik. | |
| Das bedrohe nicht nur die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch die | |
| Trinkwasserversorgung, was auch im zuständigen Ministerium angekommen sei. | |
| Réka Kinga Papp sagt: „Die Experten im Ministerium haben zwar einige | |
| Veränderungen eingeleitet, um Dürren zu vermeiden. Aber sie haben sich | |
| dabei große Mühe gegeben, dass das unter dem Radar bleibt. Im öffentlichen | |
| Diskurs wird sofort alles politisiert. Wenn eine strittige Frage Teil des | |
| Kulturkampfes zu werden droht, sind Sachentscheidungen kaum noch möglich. | |
| Das kann sogar dringend benötigte Gesetzgebungen im Keim ersticken.“ | |
| ## „Natürlich findet da Selbstzensur statt“ | |
| Veronika Móra, 54 Jahre alt, ist ein Urgestein in der ungarischen | |
| NGO-Szene. In ihrer Arbeit für die Stiftung Ökotárs versucht sie schon seit | |
| 1997, NGOs in Ungarn zu unterstützen. Wenn es keine ungarische Finanzierung | |
| gibt, versucht sie, ausländische Fördermittel aufzutun. Móra sagt, dass | |
| seit 2010 offiziell zwar nur wenige Umweltgruppen aufgegeben haben, viele | |
| aber einen massiven Bedeutungsverlust erlitten hätten – oder nur noch auf | |
| dem Papier bestünden. So wie der CAAG gehe es vielen Umweltorganisationen | |
| im Land. | |
| Um nicht auf den Radar der Regierungspropaganda zu geraten, haben sie sich | |
| zum Teil auch selbst verzwergt und sind auf weniger kontroverse Themen oder | |
| Methoden ausgewichen. So seien laut Móra viele vom Aktivismus auf | |
| Umweltbildung oder Bewusstseinsbildung für Umweltthemen umgestiegen. | |
| „Jeder, der sich in Ungarn öffentlich positionieren will, weiß um die | |
| Risiken, die damit einhergehen“, sagt sie. „Natürlich findet da | |
| Selbstzensur statt.“ | |
| Trotzdem seien in den letzten Jahren neben den großen alten NGOs wie der | |
| CAAG immer wieder neue Umweltinitiativen und Protestbewegungen entstanden, | |
| insbesondere solche, die gegen konkrete umweltschädliche Großprojekte | |
| gerichtet sind, wie etwa die Bebauung des Ufers des Neusiedler Sees oder | |
| die Riesenbatteriefabrik des chinesischen CATL-Konzerns bei Debrecen. | |
| Trotz der von Viktor Orbán angezettelten antidemokratischen Eiszeit: | |
| Komplett in die Winterstarre verfallen sind die Umweltbewegung und die | |
| Zivilgesellschaft in Ungarn noch nicht. Doch steht nun, in Zeiten der | |
| Anti-Fidesz-Aufwallungen, auch ein neuer Frühling für sie bevor? | |
| ## Um Magyar herum ist ein Personenkult entstanden | |
| Réka Kinga Papp und Veronika Móra gehören verschiedenen Generationen an und | |
| haben – Journalistin die eine, NGO-Akteurin die andere – unterschiedliche | |
| Rollen und Perspektiven. Aber was die aktuellen Großdemonstrationen | |
| betrifft, sind sie sich in ihrer Zurückhaltung einig. „Péter Magyar sucht | |
| nicht die Nähe der Zivilgesellschaft, und darum gibt es in unseren Kreisen | |
| eine weitverbreitete Skepsis gegenüber seinen Motiven“, sagt Móra. „Auch | |
| seine Aussagen über Rechtsstaatlichkeit sind nicht gerade | |
| vertrauenerweckend.“ Sie sagt, Magyar suggeriere, dass „Brüssel“ die | |
| Forderung nach Rechtsstaatlichkeit lediglich als Werkzeug nutze, um Ungarn | |
| seinen Willen aufzuzwingen – was dann schon wieder sehr nach Fidesz klingt. | |
| Réka Kinga Papp kritisiert den Personenkult, der um Magyar herum entstanden | |
| sei (sein Nachname bedeutet übersetzt übrigens so viel wie „der Ungar“), | |
| sowie dessen „absolute Verweigerung, sich mit anderen Oppositionellen oder | |
| der Zivilgesellschaft zu verbinden“. Äußerlich wirke er wie ein | |
| erfolgreicher, cooler, Sneaker tragender Geschäftsmann. „Wenn man nach | |
| einigen seiner Äußerungen geht, scheint er zu glauben, dass Fidesz | |
| grundsätzlich die richtige Politik verfolge, dabei nur halt leider deutlich | |
| zu viel Korruption zulasse.“ | |
| Dass Magyar direkt aus dem innersten Machtzirkel Orbáns komme, würde von | |
| vielen seiner Unterstützer nicht als Makel empfunden, im Gegenteil. „Die | |
| Ungarn lieben autoritäre Typen, die Macht ausstrahlen“, sagt Papp. „Das | |
| passiert halt, wenn man ein Volk jahrelang niederdrückt.“ | |
| Etwas weniger fatalistisch blickt Ellen Bos, die Professorin der | |
| Andrássy-Universität, auf die derzeitige politische Großwetterlage Ungarns. | |
| „Magyar ist definitiv ein Konservativer“, sagt sie, „und er stellt sich | |
| damit bewusst auch als Alternative zur Opposition da.“ Zwar könne sie nicht | |
| abschätzen, wohin die Bewegung führen werde, die im Februar dieses Jahres | |
| ihren Anfang nahm und dem ungarischen Superwahltag am 9. Juni eine bis vor | |
| Kurzem ungeahnte Brisanz verleiht. Dafür sei die Entwicklung zu jung – und | |
| auch zu beispiellos. „Aber vielleicht“, sagt Bos, „sollte man Magyars | |
| Erfolg doch als Chance sehen. Die Alternative wäre schließlich, dass alles | |
| so bleibt, wie es ist. | |
| 8 Jun 2024 | |
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