# taz.de -- Landesparteitag der CDU: Wegner gibt den Cowboy | |
> Parteichef Kai Wegner schießt nach dem Mietendeckel-Aus gegen | |
> Rot-rot-grün. Die Landesliste für die Bundestagswahl wird zur Hälfte mit | |
> Frauen besetzt. | |
Bild: Kai Wegner (CDU) will im Herbst Regierender Bürgermeister werden | |
BERLIN taz | Das Timing meint es gut mit CDU-Landeschef Kai Wegner, der im | |
Herbst Regierender Bürgernmeister werden will. Der Parteitag, bei dem er | |
nun gleich massiv gegen die Grünen ausholen wird, ist zwar schon länger | |
geplant. Nun aber kommt er bloß zwei Tage nach dem von der CDU so sehr | |
begrüßten Aus für den [1][rot-rot-grünen Mietendeckel]. Und Wegners zu | |
Wochenbeginn noch von manchen belächelte Unterstützung für Markus Söder bei | |
der Kanzlerkandidatur scheint an der CDU-Basis inzwischen Mehrheitsmeinung. | |
Mit solcher Bestätigung holt man dann gern um so fester gegen die | |
Konkurrenz aus – und das sind für Wegner vor allem die Grünen, für ihn | |
„eine zweite Linkspartei“. | |
Man müsse bloß mal [2][ins Wahlprogramm der Grünen] schauen – auf jeder | |
Seite würden einen da Ideologie, Bevormundung und Verbote anspringen. „Und | |
sie wollen uns vorschreiben, wie wir zu sprechen haben“, fügt Wegner hinzu. | |
Da werde die CDU gegenhalten: „Darauf gebe ich Ihnen mein | |
Indianerehrenwort“, sagt er – vor vier Wochen hatte | |
[3][Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch] eine Debatte auselöst, als | |
sie sich bei einem Parteitag von dem zuvor von ihr verwandten begriff | |
„Indianerhäuptling“ distanzierte. Die Grünen schnitten zudem die | |
entsprechende Passage aus einem Youtube-Mitschnitt des Parteitags. | |
Der Parteichef fordert zudem, die [4][Olympischen Spiele 2036] nach Berlin | |
zu holen. Der Zeitpunkt sei mit Blick auf die Spiele ein Jahrhundert zuvor | |
genau richtig: Berlin könnte sich weltoffen und international präsentieren, | |
„um die Nazi-Spiele von 1936 in den Schatten zu stellen“. Für eine gute | |
Idee hielte er geteilte Spiele mit Jerusalem oder Tel Aviv. | |
Nach dieser Forderung geht es beim CDU-Parteitag in digitaler Variante um | |
die Kandidatenliste für die Bundestagswahl. Die ist von Bedeutung, wenn | |
einer Partei über die Zweitstimme mehr Sitze zustehen, als sie Wahlkreise | |
gewinnt. Wegner hebt dabei besonders die flugs als Ersatzfrau akquirierte | |
Eisschnelllauf-Ikone Claudia Pechstein hervor. Sie tritt im Wahlkreis | |
Treptow-Köpenick an, nachdem sich dort der vorgesehene Kandidat wegen Nähe | |
zu einem Maskengeschäft zurückgezogen hat. | |
Der Landesvorstand empfiehlt sie aber auch für Platz 6 der Landesliste – | |
einen Platz vor der langjährigen Bezirks- und Bundespolitikerin Christina | |
Schwarzer aus Neukölln. Nicht auf der Liste, die zehn Namen umfasst: der | |
erste schwarze Direktkandidat der Berliner CDU, Joe Chiallo, der in Spandau | |
antritt. „Er wollte nicht auf die Liste“, heißt es auf taz-Anfrage von | |
einem Parteitsprecher. | |
## Mario Czaja scheitert mit Comeback | |
Die meiste Konkurrenz gibt es für Listenplatz 4. Der Landesvorstand hat | |
einstimmig Ex-Justizsenator Thomas Heilmann empfohlen, der mutmaßlich | |
ohnehin über seinen erfolgsversprechenden Zehlendorfer Wahlkreis im | |
Bundestag bleibt. Gleich drei andere aber beanspruchten den Platz | |
ebenfalls, darunter eine langjährige Pankower Bezirkspolitikerin, ein | |
früherer Bundestagsabgeordnete – und Mario Czaja, der zusammen mit Heilmann | |
bis 2016 als Gesundheitssenator in einer rot-schwarzen Landesregierung saß. | |
Czaja wirbt damit, ein vorderer Platz für ihn wäre ein wichtiges Zeichen | |
für seinen Direktwahlkampf in Marzahn-Hellersdorf, wo bislang die | |
Linkspartei dominiert. | |
Dem mag die Partei nicht folgen: Knapp ein halbes Dutzend namhafter CDUler | |
wendet sich mit Redebeiträgen gegen seine Kandidatur. Der Kreischef und | |
Bürgermeister von Reinickendorf, Frank Balzer, wirft ihm sogar vor sogar, | |
Czaja habe „zum wiederholten Male im Vorfeld von Parteitagen versucht, | |
Druck über die Medien aufzubauen.“ Nur 37 von rund 230 Delegierten stimmen | |
schließlich für den Exsenator, der damit nur das drittbeste Ergebnis weit | |
hinter Heilmann mit 144 Stimmen bekommt. | |
Überraschenderweise hat auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf | |
Listenplatz 1 einen Gegenkandidaten – und der schneidet dabei alles andere | |
als schlecht ab: Kevin Kratzsch, Vizebundeschefs des Bundesverbands der | |
Schausteller und mutmaßlich chancenloser CDU-Direktkandidat in | |
Friedrichshain-Kreuzberg, drängt darauf, gerade jemanden aus seinem Bezirk | |
in den Bundestag zu schicken. Fast 30 Prozent der Delegierten kann er, in | |
der CDU bisher ein Nobody, damit hinter sich bringen. Grütters, die | |
Spitzenkandidatin der vergangenen vier Bundestagswahlen, setzt sich zwar | |
durch, muss sich aber mit 69 Prozent begnügen. | |
So stehen schließlich fünf Frauen auf den zehn Listenplätzen, und auch auf | |
den aussichtsreichen ersten sechs Plätzen gibt es einen 50-Prozent-Anteil, | |
was sich Parteichef Wegner zugute schreibt. Zwischen Grütters und Pechstein | |
rangiert dabei auf Platz 3 die 37-jährige Mitgliederbeauftrage Ottilie | |
Klein, die sich als Kind von Russlanddeutschen vorstellt. | |
Ex-Olympiasiegerin Pechstein, die noch im Februar ankündigte, auch bei den | |
Olympischen Spielen Anfang 2022 starten zu wollen, war erst eineinhalb | |
Stunden nach Parteitagsbeginn eingetroffen – „sie hatte Training“, | |
entschuldigte die Parteiführung sie. | |
18 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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