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# taz.de -- Kandidaten fürs Rote Rathaus: Ein Wahlkampf mit der Doppelspitze
> Da gibt es schon nach andere, die gern ganz oben stehen würden. Zum
> Wahltermin hin heißt es aber vor allem Jarasch gegen Giffey.
Bild: Irgendwie muss man sich entscheiden
Manchmal zeigen sich die großen Unterschiede für die nahende
Abgeordnetenhauswahl in kleinen Dingen. Dass sie lange Zeit
Indianerhäuptling werden wollte, hat Grünen-Spitzenkandidatin Bettina
Jarasch beim [1][Parteitag vergangenes Wochenende] erzählt. Kaum regte sich
Kritik daran – der Begriff sei rassistisch, hieß es –, übte sich Jarasch …
Selbstkritik, sprach von „unreflektierten Kindheitserfahrungen“ und dass
auch sie dazulernen müsse. Ihre SPD-Konkurrentin Franziska Giffey hingegen
hätte mutmaßlich sinngemäß formuliert: Wenn ich etwas sage, dann meine ich
das auch – und halte meinen Kurs, auch wenn mir jemand vor den Bug schießt.
Zugespitzt heißt das: Wer am 26. September auf Landesebene nach einem sehr
personalisierten Wahlkampf Giffey wählt – oder korrekt: der SPD seine
Zweitstimme gibt –, der bekommt auch Giffey. Die hat ihrer Partei vor ihrer
Kür offen gesagt, wofür sie steht, ist auf dieser Basis [2][zur
SPD-Spitzenkandidatin] gewählt worden und wird sich fortan kaum reinreden
lassen. Das zeigte sich gleich nach ihrer Wahl, als einige SPDler ihr bei
ihrem Topthema Clankriminalität vergeblich Steine in den Weg zu legen
versuchten.
Wer hingegen Jarasch wählt, bekommt die Grünen. „Alles ist drin“ wie auf
Bundesebene könnte deren nun beschlossenes Wahlprogramm lauten, weil es so
breit aufgestellt ist, dass es auch bei der Industrie- und Handelskammer,
nicht gerade der führende Grünen-Fanclub, durchaus nicht nur auf Ablehnung
stößt.
Vom schwarz-grünen Mitregieren in Steglitz-Zehlendorf bis zu verbreiteter
Sympathie fürs linksextreme Lager in Friedrichshain und Kreuzberg spreizt
sich, wofür der Berliner Landesverband steht, dessen Mitgliederzahl sich in
den vergangenen fünf Jahren auf 10.000 verdoppelt hat. Die Frage ist: Wer
gibt am Ende den Ton an? Für die CDU war das nach dem Parteitag sofort
klar. „Die Kreuzberger Grünen haben sich mit ihren radikalen Forderungen
auf ganzer Linie durchgesetzt“, resümierte die CDU-Spitze und nannte die
Grünen „eine grün lackierte Linkspartei“.
Jarasch ist nicht mit dem eindeutigen Anspruch angetreten, klar die
Richtung vorzugeben, das letzte Wort oder die bei der SPD immer mal wieder
zitierte „Beinfreiheit“ haben zu wollen. Als Denke von gestern hat sie
dergleichen vielmehr bezeichnet. Brückenbauerin will sie vielmehr sein.
Dass sie in Sachen Indianerhäuptling so schnell die Sicht ihrer Kritiker
übernahm, bestätigte das erneut.
Das Besondere ist, dass die Grünen auf dieser Basis am 26. September eine
doppelte Chance haben: Wer mit Jarasch nichts anfangen kann, der wird die
Partei vielleicht wegen ihres Programms und des bundesweiten Booms wählen.
Die SPD aber wird sich allein über Franziska Giffey im Roten Rathaus halten
können.
Natürlich sind da auch noch andere Parteien und Spitzenkandidaten. Aber auf
einen plötzlichen Boom der Linkspartei mit Klaus Lederer als Nummer eins
deutet nichts hin. Und für Kai Wegner und seine CDU, die noch unter der
Maskenaffäre auf Bundesebene leiden wird, gilt: So zerstritten kann
Rot-Rot-Grün gar nicht sein, dass SPD und Grüne als Juniorpartner Wegner
zum Regierungschef machen. Den Zweikampf Jarasch versus Giffey kann nur
noch eine völlige Diskreditierung der SPD-Frau durch ihre Doktorarbeit
verhindern.
27 Mar 2021
## LINKS
[1] /Landesparteitag-Gruene-in-Berlin/!5756829
[2] /Abgeordnetenhauswahlen-in-Berlin/!5752644
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Wochenkommentar
Bettina Jarasch
Franziska Giffey
Klaus Lederer
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Die Linke Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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