# taz.de -- Landesparteitag der Christdemokraten: Mit tiefschwarzer Tinte gesch… | |
> Am Samstag will die Berliner CDU Parteichef Kai Wegner zum | |
> Spitzenkandidaten wählen. Das Wahlprogramm zeigt: CDU und Grüne trennen | |
> weiter Welten. | |
Bild: Will Regierungschef werden, steht mit seiner CDU aber bloß bei 16 Prozen… | |
BERLIN taz | Es ist die Tagesordnung des Parteitags, die quasi in a | |
nutshell zeigt, wieso die CDU weit weg von den Grünen bleibt, so | |
grün-schwarz sie sich auch geben mag. Am Samstag treffen sich die | |
christdemokratischen Delegierten, rund 300, um ihren Frontmann Kai Wegner | |
noch mal ganz offiziell zum Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl | |
zu machen, um ihn zudem auch als Parteichef wiederzuwählen – und um ihr | |
Wahlprogramm zu beschließen. Wofür bei den Grünen ein ganzer Tag reserviert | |
wäre, obwohl dem auch dort schon monatelange Diskussionen vorangegangen | |
sind, dafür sieht besagte Tagesordnung gerade mal eine Stunde vor. | |
Im Neuköllner Hotel Estrel wird es sein, dass die Berliner CDU erstmals | |
seit Pandemiebeginn einen Präsenzparteitag erlebt. Das Hotel ist inzwischen | |
eine Art Stammlokal für derartige Treffen geworden – [1][SPD und Grüne | |
tagten hier] im Herbst ebenfalls und wählten dort ihr Führungspersonal. | |
135 Seiten ist der Entwurf des Wahlprogramms stark, an dem sich angesichts | |
der kalkulierten Diskussionszeit am Samstag nicht mehr allzu viel ändern | |
dürfte. 2016, als das Wahlprogramm die Form eines Films hatte, [2][den die | |
Delegierten im Delphi-Kino] sahen, gab es anschließend keine einzige Frage | |
dazu – obwohl das Ganze vom Vorstand standardmäßig eingeleitet war mit den | |
Worten, man freue sich auf spannende Beratungen dazu. | |
Der aktuelle Entwurf böte da schon was. Dem klassischen Konservativen, für | |
den Verkehr oft bloß „Auto“ heißt, könnte es zu viel des Guten sein, was… | |
alles an anderer Mobilität drin steht – oder dass darin überhaupt | |
Diversität vorkommt. Der Öko-Bürgerliche hingegen dürfte vielleicht doch | |
hinterfragen, was sich in Sachen Verkehr und Klimaschutz fast durch das | |
ganze Programm zieht: Dass man nur auf „Angebote statt Verbote“ setzen | |
will, und auf „Anreize statt Zwang“. Die Selbsteinschätzung der | |
Christdemokraten lautet: „Wir sind die Stimme der verkehrspolitischen | |
Vernunft.“ | |
## Beim Klimaschutz gegen Verbote – anderswo nicht | |
Da fällt dann bloß auf, dass die CDU kein Problem mit Verboten hat und dort | |
nicht auf Anreiz und Überzeugung setzt, wo es um andere Dinge geht: Ein | |
„Kinderkopftuch“ in Kita und Grundschule beispielsweise soll eindeutig | |
verboten sein, genauso wie es Messerverbotszonen geben soll. | |
Im Klimaschutzkapitel setzt die CDU der [3][Forderung der Grünen] nach | |
einem Fahrverbot für Benziner oder Dieselautos in der Innenstadt bis 2030 | |
entgegen, dass bis zum selben Jahr stadtweit, und nicht nur in der City, 75 | |
Prozent aller Fahrzeuge emissionsfrei sein sollen. Wobei das, zumindest | |
böse gedacht, als Hintertür offen lässt, in diese nicht näher bezeichneten | |
„Fahrzeuge“ auch alle Fahrräder reinzurechnen. | |
„Berlin wird Klima-Hauptstadt“, ist das entsprechende Kapitel im | |
Wahlprogramm überschrieben, und es finden sich durchaus konkrete Projekte: | |
10.000 hitze- und dürreresistente Bäume will die Partei, käme sie in die | |
Regierung, sofort pflanzen, eine Grün-Dach-Pflicht für alle öffentlichen | |
Gebäude – eingeschränkt durch „wo immer möglich“ – auf den Weg bring… | |
Auch für Fassadenbegrünung soll es ein Programm geben. Zudem sollen nach | |
ihren Vorstellungen große Parkplätze mit Photovoltaik-Anlagen überdacht | |
werden. Die gleichfalls aufgeführte Forderung nach einem [4][Wald auf dem | |
Tempelhofer Feld] beschloss die CDU bereits Ende 2019 | |
Überraschend wirken auch Punkte wie – unter der Überschrift „Diversität … | |
der Bildungspolitik“ – die Vorgabe, dass queere Themen in der Aus- und | |
Fortbildung eine größere Rolle spielen sollen. Im sozialpolitischen Kapitel | |
gibt es Unterpunkte zu queerem Wohnen und queerer Pflege. | |
Innenpolitisch gibt sich die CDU als Freund der Polizei, grenzt sich da | |
deutlich von Rot-Rot-Grün ab, und als Bewahrer oder Wiederhersteller von | |
Recht und Ordnung. 1.000 zusätzliche Polizisten sollen dafür sorgen, „dass | |
der Schutzmann an der Ecke wieder zum normalen Straßenbild gehört“. | |
Zusätzlich zu Ordnungsamt und Polizei soll es eine „Stadtpolizei“ geben, | |
und 100 zusätzliche Mülldetektive, um Umweltsünder zu entdecken. Wie von | |
Exjustizsenator Thomas Heilmann und seinem SPD-Mitstreiter Heinz | |
Buschkowsky schon lange per Volksbegehren gefordert, soll es | |
Videoüberwachung an allen kriminalitätsbelasteten Orten geben. Auch | |
geplant: eine Gefährderdatei „Linke Gewalttäter“. | |
In zwei Punkten legt sich die CDU besonders konkret fest: Zum einen mit dem | |
„Bildungsversprechen“, das auch den ersten Punkt des Wahlprogramms bildet: | |
Dass alle Schüler am Ende der Grundschule lesen, schreiben und rechnen | |
können – und zwar ordentlich. Zum anderen ist da die | |
Schlagloch-Reparatur-Garantie: Binnen 24 Stunden nach Meldung, so | |
verspricht die CDU, soll das jeweilige Problem beseitigt sein. | |
Klare Unterschiede zur politischen Konkurrenz links der Mitte findet sich | |
auch beim BER und bei der Autobahn 100: Beim Flughafen will die CDU private | |
Partner in das derzeit rein staatliche Unternehmen holen; die A 100 will | |
sie bis zur Frankfurter Allee weiterbauen. Allein Letzteres ließ schon mal | |
eine geplante Koalition platzen – Rot-Grün 2011 – und brachte die CDU für | |
fünf Jahre in den Senat. | |
17 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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