| # taz.de -- Kurzarbeit bei den Zeitungsverlagen: Da passt was nicht zusammen | |
| > „Süddeutsche“ und „Zeit“ schicken ihre Redaktionen in Kurzarbeit. | |
| > Gleichzeitig jubeln sie über so viele LeserInnen wie lange nicht mehr. | |
| Bild: Die „Süddeutsche“ in München. Hier wie auch bei der „Zeit“ in H… | |
| Corona und die Medien, das ist ein widersprüchliches Verhältnis. Einerseits | |
| jubeln die Verlage über Klick- und Aborekorde. [1][Andererseits klagen sie | |
| über massive Anzeigenverluste]. Ein paar Beispiele: Die Süddeutsche Zeitung | |
| hat schon jetzt fast 150.000 DigitalabonnentInnen, so viele hatte sie bis | |
| Jahresende erreichen wollen. Die Zeit hat mehr Printabos verkauft als | |
| jemals in einem ersten Quartal. Aber spüren die Menschen, die diesen heiß | |
| begehrten Journalismus machen, von diesen Erfolgen etwas? | |
| Die Zeit schickt ihre Print-Redaktion ab Montag in Kurzarbeit: 90 Prozent | |
| soll dort nur noch gearbeitet werden. Bei der Süddeutschen, Print und | |
| Online, wird die Arbeit um bis zu 15 Prozent reduziert. [2][Kurzarbeit] | |
| bedeutet, dass bei „vorübergehendem Arbeitsausfall“ der Staat einen Teil | |
| der Gehälter zahlt. | |
| Nur fällt im Journalismus gerade kaum Arbeit weg. Gut, die | |
| Stadionreporterin hat vielleicht weniger zu tun. Aber im Politikteil, der | |
| Wirtschaft? Viele JournalistInnen sagen, dass sie gerade so viel arbeiten | |
| wie lange nicht. Bei SZ und Zeit soll die Kurzarbeit nach Informationen der | |
| taz für alle Ressorts gelten, nicht nur für die Stadionreporterin. Die | |
| Verlage argumentieren, dass ihre Zeitungen derzeit mit reduziertem Umfang | |
| erscheinen, bei der SZ sind es bis zu 23 Prozent weniger Seiten. Klingt | |
| erst mal logisch: Weniger Zeitung gleich weniger Arbeit. Aber so einfach | |
| ist es nicht. | |
| Denn vor Corona entstanden 100 Prozent Zeitung ja auch nicht mit 100 | |
| Prozent Arbeitskraft, sondern eher mit 120, ohne dass die Verlage das | |
| gestört hätte. Überstunden sind im Journalismus einkalkuliert – selten | |
| vergütet, oft erwartet. Dazu kommt die Arbeitszeiterfassung: Wenn bei VW | |
| die Bänder still stehen, ist das eindeutiger Arbeitsausfall. Im | |
| Journalismus aber gibt es keine Stechuhr. Artikel müssen recherchiert, | |
| Informanten gesprochen werden. | |
| Die Idee zu einer Recherche entsteht nicht immer zwischen nine und five, in | |
| einem Text mit 90 Zeilen steckt nicht weniger Arbeit als in einem mit 100. | |
| Wer JournalistInnen in Kurzarbeit schickt, senkt die Qualität. Und riskiert | |
| Subventionsbetrug. Wenn bei Kurzarbeit die JournalistInnen weiter 100 | |
| Prozent arbeiten, ist das illegal. Denn das ausfallende Gehalt und die | |
| Sozialbeiträge werden zu bis zu 67 Prozent von der Allgemeinheit | |
| übernommen. Ja, Corona bedeutet für angeschlagene Presseverlage weitere | |
| Verluste. Bloß ist Kurzarbeit, pauschal für ganze Redaktionen, dagegen kaum | |
| das richtige Mittel. | |
| Vielmehr zeigt Corona: Journalismus ist systemrelevant und sollte nicht von | |
| so etwas Schwankendem wie Anzeigeneinnahmen abhängig sein. Wenn | |
| Qualitätsmedien uns durch Krisen begleiten sollen, dann brauchen sie eine | |
| stabilere Finanzierung. Genossenschaften, Communitymodelle, Spenden, | |
| Stiftungen, meinetwegen Subventionen. Oder, ganz klassisch: Abos. Viele | |
| neue Corona-AbonnentInnen werden nach der Krise dabeibleiben. Irgendwann | |
| kommen die AnzeigenkundInnen zurück. Und dann haben private Verleger auf | |
| Kosten der Allgemeinheit wohl viel Geld gespart. | |
| 19 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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