| # taz.de -- Kulturschaffende im Umgang mit Rechts: „Es geht um die Freiheit d… | |
| > Rechte Angriffe auf Kultureinrichtungen nehmen zu. Eine Handreichung gibt | |
| > Tipps für den Umgang mit Drohungen und Veranstaltungsstörungen. | |
| Bild: Mit der „Erklärung der Vielen“ vernetzen sich Kulturschaffende gegen… | |
| Mitglieder der rechtsextremen [1][Identitären Bewegung] stören mit lauten | |
| Zwischenrufen eine live im Radio übertragene Diskussion im Berliner Gorki | |
| Theater. Die AfD in Sachsen-Anhalt, immerhin mit 24,3 Prozent der Stimmen | |
| in den Landtag gewählt, fordert, dass die Bühnen im Land „mehr klassische | |
| deutsche Stücke spielen und sie so inszenieren, dass sie zur Identifikation | |
| mit unserem Land anregen“. Die Berliner Fraktion der radikal rechten Partei | |
| beantragt, drei missliebigen Theatern in der Stadt den Etat zu kürzen. In | |
| Dessau sagt das Bauhaus ein Konzert der Band Feine Sahne Fischfilet | |
| [2][nach Druck von rechts ab]. | |
| Immer häufiger erleben Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen | |
| Angriffe von rechts. Die AfD und ihr neurechtes Umfeld haben neben der | |
| Politik längst auch die Kultur zum Kampfplatz erkoren. „Viele Kollegen und | |
| Kolleginnen, die erstmals damit konfrontiert sind, sind ratlos, wie sie | |
| reagieren sollen“, sagt der Präsident des Deutschen Bühnenverein, Ulrich | |
| Khuon, der Intendant des Deutschen Theaters ist. | |
| Khuon weiß, wovon er spricht. Sein Haus hat im vergangenen Sommer selbst | |
| einen Angriff der Identitären erlebt, die eine Aufführung auf dem Vorplatz | |
| des Theaters störten. „Das war ein gewalttätiger Übergriff: durch Lärm, | |
| durch Geschrei, durch Dazwischengehen. Das ist mehr als ein verbaler | |
| Zwischenruf. Dagegen müssen wir uns wehren.“ | |
| Auch deshalb sitzt Khuon wohl am Donnerstagvormittag im Saal seines | |
| Theaters auf einem Podium und stellt gemeinsam mit Berlins Kultursenator | |
| Klaus Lederer (Linke) und Bianca Klose, Leiterin der Mobilen | |
| Beratungssstelle gegen Rechtsextremismus (MBR), eine Handreichung vor. | |
| Diese gibt Tipps zum Umgang mit dem „Kulturkampf von rechts“. | |
| ## Ruhig bleiben und das eigene Selbstverständnis klären | |
| Denn darum, da sind sich alle drei einig, gehe es längst: „Wir müssen | |
| deutlich machen, wie gefährlich das ist, was gerade passiert“, sagt Khuon. | |
| „Es geht um die Freiheit der Kunst.“ In Ländern wie Ungarn und Polen, wo | |
| Rechtspopulisten regieren, sehe man bereits, „wie eine einstmals offene | |
| Gesellschaft sich verengt“, ergänzt Kultursenator Lederer. | |
| Klose, bei deren Beratungsstelle Anfragen aus der Kultur in vergangenen | |
| Monaten stark zugenommen haben, äußert einen alarmierenden Befund: „Wir | |
| sehen, dass Häuser und Projekte sich hetzen lassen und beinahe in | |
| vorauseilendem Gehorsam zurückweichen.“ Deshalb klinge mancher Ratschlag, | |
| den die vom MBR erstellte Handreichung gibt, zwar banal, sei es aber nicht: | |
| sich nicht verunsichern lassen. Ruhig bleiben. Und das Selbstverständnis | |
| klären. Das sei die Voraussetzung dafür, dass man diesen Angriffen | |
| entschlossen entgegentrete – und nicht etwa Forderungen nach einem | |
| politisch neutralen Kulturbetrieb aufsitze oder Opferinszenierungen auf den | |
| Leim gehe. | |
| Klose gibt aber auch konkrete Tipps. Sich etwa juristisch beraten zu | |
| lassen, wenn AfD-Politiker Einsicht in die Fördermittel beantragen oder | |
| behaupten, als gewählte Abgeordnete hätten sie jederzeit Recht auf den | |
| Besuch einer öffentlich geförderten Einrichtung. So dramatisch wie Klose | |
| sieht Intendant Khuon die Lage an den Theatern nicht. „Ich bemerke dort | |
| eine große Sehnsucht, Gesicht zu zeigen.“ | |
| ## „Wir dürfen aber auch nicht überempfindlich sein“ | |
| Das gelte auch für Bühnen in Chemnitz oder Dresden, wo gerade „Das blaue | |
| Wunder“ auf dem Spielplan steht. Dort koste das deutlich mehr als in | |
| Berlin. Wichtig seien die Vernetzung und der Austausch untereinander. Ein | |
| Beispiel dafür: die „Erklärung der vielen“, in der sich Kultureinrichtung… | |
| und Kulturschaffende gegen Rechtspopulismus positionieren. 2.350 | |
| Unterschriften gibt es bereits. | |
| „Wir dürfen aber auch nicht überempfindlich sein“, betonte Khuon. Und | |
| natürlich müsse man in die Auseinandersetzung mit der AfD und ihren | |
| AnhängerInnen gehen. Er selbst sei beispielsweise einer Einladung der AfD | |
| nach Magdeburg gefolgt und habe mit dem AfD-Rechtsaußen Hans-Thomas | |
| Tillschneider diskutiert. „Aber ich würde ihnen doch kein Podium im | |
| Deutschen Theater bieten.“ | |
| Klose und ihr Team werden bald eine zweite Handreichung dieser Art | |
| herausbringen: diesmal für Museen und Gedenkstätten. Denn neben der Kultur | |
| hat die Rechte auch das Feld der Geschichtspolitik zum Kampffeld | |
| auserkoren. | |
| 17 Feb 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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