| # taz.de -- Kürzungsdebatte im Sozialbereich: Und eure Lösung, liebe Linke? | |
| > Es geht wieder um Sozialkürzungen. Aber als Linke immer nur Nein zu | |
| > sagen, bringt wenig. Nötig sind eigene Ideen, um die Sozialsysteme zu | |
| > retten. | |
| Bild: Alte Debatte ohne neue Lösungen, die immer wieder hochkommt: Angst vor d… | |
| Verschärfte Debatten um Sozialkürzungen kommen in Deutschland offenbar im | |
| Zyklus von 20 Jahren um die Ecke: Die frühen 1980er Jahre waren so eine | |
| Zeit, 20 Jahre später folgte die berüchtigte | |
| „Gürtel-enger-schnallen“-Debatte, die in die Agenda 2010 und in [1][Hartz | |
| IV] mündete. Jetzt baut sich wieder eine Diskursverschiebung in Richtung | |
| Kürzungen auf; die jüngsten Äußerungen der Wirtschaftsweisen Veronika | |
| Grimm, [2][notfalls an die Sozialleistungen heranzugehen], sind nur das | |
| aktuellste Beispiel. | |
| Die gesellschaftliche Linke inklusive des linken Flügels der SPD macht es | |
| sich zu einfach, solche Forderungen empört-routiniert zurückzuweisen. | |
| Besser wäre es, mit eigenen Ideen zu kommen, statt in die Rolle des | |
| passiven Opfers zu verfallen – so wie es zu Agenda-Zeiten geschah. Beispiel | |
| Rente: Immer weniger BeitragszahlerInnen müssen für immer mehr RentnerInnen | |
| aufkommen. Das ganze System kann derzeit – mit halbwegs moderaten | |
| Beitragssätzen – nur funktionieren, indem der Bund jährlich sage und | |
| schreibe knapp 20 Prozent des Bundeshaushalts zuschießt. Das kann nicht | |
| lange gut gehen. | |
| Es wäre, nur zum Beispiel, eine linke Antwort, relativ gute Renten zu | |
| deckeln zugunsten kleinerer Renten. Bis heute gilt aber die heilige Formel | |
| namens Äquivalenzprinzip: Wer mehr Rentenbeiträge einzahlt, bekommt auch | |
| eine höhere Rente. Selbst Länder wie die Schweiz, die nicht gerade unter | |
| Sozialismus-Verdacht stehen, verteilen innerhalb ihrer Grundrente von oben | |
| nach unten um. | |
| Beispiel [3][Bürgergeld]: Das kostet trotz Arbeitskräftemangels inzwischen | |
| 50 Milliarden Euro jährlich. Es ist leicht hochzurechnen, wie die Kosten | |
| weiter steigen werden, wenn sich die maue Wirtschaftslage verfestigen | |
| sollte – die Vehemenz einer Kürzungsdebatte kann man sich jetzt schon | |
| ausmalen. | |
| Das Argument, aktuell von SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas geäußert, es | |
| fehle an Qualifizierungsprogrammen und Sprachkursen, klingt wie eine | |
| bequeme Ausrede, nichts zu tun. Aber braucht man für einen Job im Backshop | |
| wirklich großartige Qualifizierungen und Sprachkurse? Im Gegenteil, bei der | |
| Arbeit lernen Menschen die Sprache. An einer bürokratischen Umständlichkeit | |
| festzuhalten, ist nicht links, sondern ziemlich deutsch. | |
| Was es braucht, ist eine gesellschaftliche Linke, die Probleme offen | |
| benennt und eigene Lösungen präsentiert. Sonst droht sie, wie zu | |
| Agenda-Zeiten, von einer neoliberalen Diskursdynamik überrollt zu werden. | |
| 11 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kommentar-Sozialer-Arbeitsmarkt/!5518276 | |
| [2] https://www.tagesschau.de/inland/sozialversicherung-wirtschaftsweise-100.ht… | |
| [3] /Buergergeld/!t5868929 | |
| ## AUTOREN | |
| Gunnar Hinck | |
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