| # taz.de -- Kritik aus EU an Hilfspaket: „Gefährliche Verzerrungen“ | |
| > Das deutsche 200-Milliarden-Hilfspaket gegen hohe Energiepreise stößt in | |
| > der EU auf Kritik. Finanzminister Lindner verteidigt es als „angemessen“. | |
| Bild: Lässt die Kritik am „Abwehrschirm“ nicht gelten: Finanzminister Lind… | |
| Brüssel taz | Der [1][deutsche „Doppelwumms“] gegen die Energiekrise hat | |
| einen unerwarteten Nebeneffekt: In der EU wird der Ruf nach einem neuen, | |
| schuldenfinanzierten Hilfsprogramm für alle 27 Mitgliedstaaten laut. Es | |
| könne nicht angehen, dass Deutschland bis zu 200 Milliarden Euro ausgebe, | |
| kleinere Staaten jedoch leer ausgingen, hieß es bei einem Treffen der | |
| Finanzminister am Dienstag in Luxemburg. | |
| Angestoßen wurde die Debatte von den EU-Kommissaren für Wirtschaft und | |
| Binnenmarkt, Paolo Gentiloni und Thierry Breton. In einem Zeitungsbeitrag | |
| warben der Italiener und der Franzose gemeinsam für neue „europäische | |
| Instrumente“ auf Schuldenbasis. Zur Begründung verwiesen sie auf die | |
| deutsche Gaspreisbremse, die einen „Subventionswettlauf“ in der EU erzeugen | |
| könnte. | |
| Als Vorbild für das neue „Instrument“ gilt der Wiederaufbaufonds, den die | |
| EU in der Coronakrise aufgelegt hatte. Das 750 Milliarden Euro schwere | |
| Programm wird durch Schulden finanziert, ist aber schon weitgehend | |
| verplant. Auch gegen den Wiederaufbaufonds hatte sich Deutschland zunächst | |
| gewehrt. Nun zeichnet sich eine Wiederauflage des Streits ab, der | |
| „Doppelwumms“ führt zum „Rumms“. | |
| Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte, die EU könne die Instrumente | |
| der Pandemie nicht „eins zu eins“ auf die heutige Lage übertragen. Das | |
| deutsche Hilfsprogramm sei keine „Bazooka“, sondern ein begrenzter | |
| Abwehrschirm im „Energiekrieg“ mit Russland. Deutschland zeige damit | |
| Präsident Wladimir Putin: „Wir nutzen unsere wirtschaftliche Stärke, um uns | |
| zu schützen“. | |
| ## Draghi warnt vor „Verzerrung des Binnenmarktes“ | |
| Aus Sicht anderer EU-Länder wie Italien, Ungarn oder Belgien ist dies | |
| jedoch ein deutscher Alleingang, der ein Ungleichgewicht in der EU schafft. | |
| Der scheidende italienische Regierungschef Mario Draghi warnte vor | |
| „gefährlichen und ungerechtfertigten Verzerrungen des Binnenmarktes“, wenn | |
| sich die EU-Staaten mit ihren Entlastungspaketen überböten. | |
| Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán sagte: „In der Energiekrise kann | |
| Deutschland seinen eigenen Unternehmen mit Hunderten Milliarden Euro | |
| helfen“. Ärmere Länder könnten das nicht. „Das ist der Beginn des | |
| Kannibalismus in der EU“, empörte sich Orbán. Brüssel müsse handeln, „d… | |
| das wird die europäische Einheit zerstören“. | |
| ## Scholz verteidigt das Paket | |
| Ärger gibt es auch in Belgien. Premierminister Alexander De Croo hatte | |
| schon im Frühjahr eine EU-weite Gaspreisbremse gefordert. Deutschland war | |
| und ist jedoch dagegen. Dass das größte EU-Land nun eine [2][nationale | |
| Gaspreisbremse] einführt, ist aus belgischer Sicht ein Problem – denn das | |
| Königreich ist hoch verschuldet und kann sich keine großen | |
| Schuldenprogramme mehr leisten. | |
| Rückendeckung bekam Lindner von Bundeskanzler Olaf Scholz. Der | |
| Wiederaufbaufonds sei noch längst nicht ausgeschöpft, sagte Scholz nach | |
| einem Gespräch mit dem niederländischen Premier Mark Rutte in Berlin. Rutte | |
| hatte sich bis zuletzt gegen den Fonds gesträubt. Er gilt als Anführer der | |
| „sparsamen Vier“ („frugal four“), der auch Dänemark, Schweden und | |
| Österreich angehören. | |
| Unterstützung kommt dagegen aus dem Europaparlament. „Wir brauchen dringend | |
| abgestimmte Programme, um ein weiteres wirtschaftliches Auseinanderdriften | |
| innerhalb der EU zu verhindern“, sagte der Sprecher der deutschen Grünen, | |
| Rasmus Andresen. Der SPD-Wirtschaftsexperte Joachim Schuster sprach sich | |
| für einen „entschlossenen, koordinierten und solidarischen Ansatz der | |
| europäischen Wirtschaftspolitik“ aus. Er plädiert für einen dauerhaften | |
| Investitions-mechanismus mit einem Volumen von etwa einem Prozent der | |
| europäischen Wirtschaftskraft. Sein Modell: der Corona-Wideraufbaufonds. | |
| 4 Oct 2022 | |
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| Eric Bonse | |
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