Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Konsequenzen der Kraftwerks-Abschaltung: Nach dem Blackout
> Mit dem Kohlekraftwerk Moorburg verabschiedet sich ein politischer
> Zankapfel im kommenden Jahr von der Bildfläche. Mit welchen Folgen?
Bild: Lange bekämpft: das Kohlekraftwerk Moorburg
Hamburg taz | 2021 ist Schluss. Fast gleichzeitig sollen, soviel ist seit
Dienstag klar, im kommenden Jahr die letzten beiden norddeutschen
Großkraftwerke abgeschaltet werden, die über Jahrzehnte von der
Umweltbewegung kräftig befeindet wurden. Nach dem letzten [1][norddeutschen
Atomkraftwerk in Brokdorf] wird nun auch das [2][Steinkohle-Kohlekraftwerk
Moorburg] nach nur sechs Jahren Laufzeit vom Netz gehen.
## Warum will Vattenfall Moorburg stilllegen?
Ein ökonomischer Reinfall ist das Kraftwerk für Vattenfall vor allem, weil
die geplante Auskopplung von rund 650 Megawatt Wärme in das Hamburger
Fernwärmenetz am Widerstand einer Bürgerinitiative und des
Grünen-Umweltsenators Jens Kerstan gescheitert ist. Zudem brachten ein
gesunkenes Strompreisniveau und gestiegene CO2-Preise das Kraftwerk in die
roten Zahlen. Deshalb bot Vattenfall der Bundesnetzagentur an, das
Krafttwerk für eine vergleichsweise geringe Stilllegungsprämie vom Netz zu
nehmen – und [3][bekam am Dienstag den Zuschlag.]
## Ist die Abschaltung ökologisch sinnvoll?
Umweltpolitisch ist die Stilllegung hoch umstritten. „Niemandem ist zu
erklären, warum ein junges Steinkohlekraftwerk vom Netz geht, während die
schmutzigsten Braunkohlekraftwerke noch viele Jahre weiterlaufen dürfen“,
sagt Greenpeace-Klimaexperte Andree Böhling. Dass das technisch überholte
Kohlekraftwerk Wedel bis 2025 am Netz bleibt, kritisiert auch die
CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Die Abschaltung von Norddeutschlands
Klimakiller Nummer eins ist eine richtige Antwort auf die Klimakrise“,
jubelt hingegen Christiane Blömeke, Landesvorsitzende des BUND Hamburg.
## Bleibt die Versorgungssicherheit gewährleistet?
Genau das muss die Bundesnetzagentur noch prüfen, bevor sie endgültig
grünes Licht für die Moorburg-Abschaltung gibt. Zwar wird in
Norddeutschland schon heute vor allem durch die Windkraft sehr viel Strom
regenerativ erzeugt, doch unklar ist, ob die dezentrale und sehr von der
Wetterlage abhängige Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom den Verbrauch in
der Metropolregion Hamburg zuverlässig decken kann. Stuft die Agentur
Moorburg als systemrelevant ein, wovon Expert*innen nicht ausgehen, muss
das Kraftwerk für einen noch zu bestimmenden Zeitraum in Reserve gehalten
werden.
## Steigen nun die Strompreise?
Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Elektrische Energie wird an der
Strombörse gehandelt. Zwar fallen mit Moorburg und Brokdorf zwei
Großproduzenten weg, doch gerade hier hat der Ausbau der Windkraft, vor
allem im Offshore-Bereich, in den vergangenen Jahren zu gewaltigen
Kapazitätserhöhungen geführt. Deshalb dürfte der Strompreis nicht
unkontrolliert in die Höhe schnellen. „An der Börse gibt es ein Überangebot
an Strom, deshalb ist die Versorgungssicherheit Hamburgs auch ohne Moorburg
nicht gefährdet“, glaubt Umweltsenator Kerstan.
## Bricht die Wirtschaft ein?
Anders sieht es bei den Stromlieferung für die Wirtschaft aus: Matthias
Boxberger, Chef des Industrieverbandes, sieht in der Stilllegung „ein
Warnsignal für die Versorgungssicherheit“. Bislang liefert Moorburg vor
allem industriellen Großkunden Strom. So hat die Kupferhütte Arubis einen
noch bis 2040 gültigen Stromliefervertrag mit dem Kraftwerk, der nun
Makulatur ist. Das gilt auch für alle anderen Verträge mit
Industrieunternehmen. Ob diese auch in Zukunft so preisgünstig wie bislang
an die hohen Energiemengen ran kommen, die sie für ihre Produktion
benötigen, ist fraglich. Das hat zwei Konsequenzen: Höhere Strompreise
würden die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen weniger
konkurrenzfähig machen, gleichzeitig aber den Druck erhöhen, weniger Strom
zu verbrauchen und so die Umwelt zu schonen.
3 Dec 2020
## LINKS
[1] /Eon-droht-AKW-Gegnern/!5294130
[2] /Vattenfall-will-Klimakiller-abschalten/!5709411
[3] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiewirtschaft-zuschlag…
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Hamburg
Energiewende
Kohleausstieg
Kohlekraftwerke
Moorburg
Bundesnetzagentur
Strompreis
Kohlekraftwerke
Wasserstoff
Hafenerweiterung
Energiewende
Energie
Erneuerbare Energien
Kohleausstieg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Steigende Strompreise in Hamburg: Teure Leitungen
In Hamburg ist laut dem Portal Verivox der Strom im Bundesvergleich am
teuersten. Das liege auch an den hohen Netzentgelten des kommunalen
Betreibers.
Pläne für Standorte stillgelegter Meiler: Freizeitpark statt Kohlekraftwerk
Da der fossile Energieträger keine Zukunft hat, suchen die Betreiber neue
Verwendungen für ihre Elektrizitätswerke. Eine Idee: Wasserstoff-Fabriken.
Wasserstoff statt Kohle in Moorburg: Auferstehung der Investitionsruine
Auf dem Gelände des abgeschalteten Kohlekraftwerks Hamburg-Moorburg wollen
vier Firmen im großen Stil Wasserstoff aus Ökostrom erzeugen.
Pläne zur Hamburger Hafenentwicklung: „Moorburg wird nicht geopfert“
Die Handelskammer will beim Thema Hafenentwicklung über die Zukunft von
Moorburg diskutieren, stößt jedoch auf taube Ohren.
Fanal der Energiepolitik in Hamburg: Einen Haufen Kohle verbrannt
2020 hat es sich gezeigt, wie die Klimaschutzpolitik durchschlägt.
Ausgerechnet eines der effizientesten Kohlekraftwerke kann abgeschaltet
werden.
Weniger Entschädigungen als gedacht: Großer Andrang beim Kohleausstieg
Zu den Steinkohlekraftwerken, die nächstes Jahr stillgelegt werden, gehören
mit Moorburg und Westfalen auch neuere Anlagen.
Abschalten von Kohlekraftwerken: Versagen von Politik und Industrie
Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der CO2-Preis machen auch junge
Kohlekraftwerke unrentabel. Die Konzerne haben zu lange auf sie gesetzt.
Kommission verlangt Änderungen: Billigerer Kohleausstieg dank EU
Für Betreiber von Steinkohlekraftwerken gibt es weniger Geld. Bei der
Braunkohle prüft die EU-Kommission die Entschädigung noch ausführlich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.