# taz.de -- Konkurrenz auf dem Streamingmarkt: Apple macht auf Netflix | |
> Im Herbst will Apple einen eigenen Streamingdienst starten. Damit wird | |
> der Kampf um die Marktführerschaft auf ein neues Level gehoben. | |
Bild: Der Coup des Abends: Apple arbeitet mit Oprah Winfrey zusammen | |
Die ganz große Euphorie wollte nicht aufkommen, als [1][Apple]-Chef Tim | |
Cook am Montag nach fast zwei Stunden die gewohnt sakrale | |
[2][Produktpräsentation seines Konzerns] im kalifornischen Cupertino mit | |
den Worten „What a fun morning“ für beendet erklärte. Dabei hatten | |
Medienvertreter im Steve-Jobs- Theater und die Zuschauer des Livestreams | |
gerade die größte Stardichte bewundern können, die das | |
Technologie-Unternehmen jemals für einen solchen Anlass auf die Bühne | |
gebracht hat. Regisseur Steven Spielberg, die Schauspielerinnen Reese | |
Witherspoon und Jennifer Aniston und Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey: | |
Sie alle waren Teil einer Inszenierung, die den nächsten großen Schritt der | |
Unternehmensgeschichte angekündigte. Mit dem Service „Apple TV+“ will man | |
ab Herbst einen eigenen Streamingdienst für selbst produzierte Filme und | |
Serien starten und visiert damit wohl an, den bisherigen Marktführer | |
Netflix vom Thron zu stoßen. | |
Branche und Aktionäre reagierten verhalten. Denn der Plan des Konzerns, in | |
das Videostreaminggeschäft einzusteigen, gilt seit Jahren als offenes | |
Geheimnis. Und auch die vorgestellten Eigenproduktionen, wie Spielbergs | |
Neuauflage der Mystery-Serie „Amazing Stories“, sind längst bekannt. | |
Lediglich die Zusammenarbeit mit der Talk-Ikone Oprah Winfrey ist ein Coup, | |
den man sich dramaturgisch geschickt bis zum Ende aufgehoben hatte. | |
Essentielle Aussagen darüber, wie viel der neue Streamingservice die Kunden | |
kosten wird, wie das Angebot konkret aussehen soll, sowie wann und in | |
welchen der 100 angekündigten Ländern es außerhalb der USA überall zu sehen | |
sein wird, blieb Cook schuldig. | |
Dass der Einstieg von Apple in den Video-Streamingmarkt mit einem | |
Paradigmenwechsel des Unternehmens einhergeht, der neben der | |
Hardware-Produktion in Zukunft auf digitale Services setzt, hatte man im | |
Rahmen der Präsentation zuvor bereits untermauert. Über die Flatrate | |
„News+“ sollen in den USA und Kanada zukünftig monatlich über 300 Magazine | |
und Artikel aus Tageszeitungen wie The Los Angeles Times und Wall Street | |
Journal zum Preis von 9,99 Dollar abrufbar sein. Eine ähnliche Flatrate | |
soll es mit „Apple Arcade“ für kostenpflichtige Games geben und mit der | |
„Apple Card“ wird man eine digitale Kreditkarte anbieten. | |
## Youtube zieht sich zurück | |
Doch der Markt für Subscription-Video-On-Demand-Angebote (SVoD), also | |
kostenpflichtig abonnierbare Streamingservices, ist bereits jetzt hart | |
umkämpft. Neben den beiden derzeit größten Anbietern Netflix und Amazon | |
Prime Video operieren in den USA Plattformen wie Hulu und in Deutschland | |
Maxdome oder Magenta TV nach einem ähnlichen Prinzip. Auch immer mehr | |
Fernsehsender erweitern ihr Angebot und starten Portale mit exklusiven | |
Inhalten, wie CBS in Nordamerika oder hierzulande RTL. | |
Dass die [3][Agentur Bloomberg ausgerechnet am Tag der Apple-Präsentation | |
berichtete], die zu Google gehörende Video-Plattform YouTube habe sich von | |
geplanten Produktionen teurer High-End-Serien zurückgezogen, wird als Beleg | |
für die schwierigen wirtschaftlichen Aussichten auf diesem Markt bewertet. | |
Denn neben Apple stehen auch die Unterhaltungsriesen Disney und Warner vor | |
dem globalen Start eigener SVoD-Portale, um Netflix zu attackieren, die | |
derzeit weltweit 140 Millionen Nutzer haben. | |
Vor allem der Einstieg von Disney wird in der Branche gefürchtet. Dort | |
hatte man in der Woche zuvor noch die Übernahme großer Teile des | |
Konkurrenten 21st Century Fox für 71,3 Milliarden Dollar besiegelt. Damit | |
wechseln sowohl das Filmstudio 20th Century Fox, eine Reihe von | |
Fox-Fernsehsendern als auch Hulu den Besitzer. Die quasi Monopolstellung, | |
die Disney dadurch zukünftig im SVoD-Geschäft besitzen wird, dürfte die | |
Machtverhältnisse erschüttern. So wird gemutmaßt, dass zukünftig nicht nur | |
alle klassischen Disneyproduktionen exklusiv dort zu sehen sein werden, | |
sondern beispielsweise auch dazu gehörende Kino-Frenchises von Marvel, die | |
„Star Wars“-Reihe oder die Produktionen des Animationsstudios Pixar. Hinzu | |
kommt nun das riesige Angebot von Fox mit Kinohits wie „Avatar“. | |
2017 hatte Disney den Start von eigenen Streamingdiensten für 2019 | |
angekündigt und erklärt, die Lizenzverträge für Disneytitel mit Netflix | |
nicht mehr zu verlängern. Dort setzt man nun verstärkt darauf, das Angebot | |
durch exklusive Eigenproduktionen zu erweitern. „Der Wettbewerb ist hart, | |
und es ist aufgrund der Konkurrenz deutlich teurer geworden, die besten | |
Leute der Branche zu verpflichten“, kommentierte [4][Netflix-Chef Reed | |
Hastings im Interview mit der Süddeutschen Zeitung] den gestiegenen Druck | |
auf seine Firma. | |
## Unüberschaubarer, fragmentierter Markt | |
Die offensive Hollywood-Starpower im Rahmen der Apple-Produktion muss | |
demnach vor allem auch als Ansage an die Mitbewerber verstanden werden, der | |
vermeintlichen Übermacht von Disneygroße und zugkräftige Namen bei den | |
selbst produzierten Inhalten entgegensetzen zu können. Eher nebenbei teilte | |
man mit, das Angebot der Apple „TV+“-App in Zukunft auch über Smart TVs von | |
Samsung, LG oder Sony sowie über Amazon Fire TV vertrieben werde. Diese | |
Öffnung über die Grenzen der eigenen Produktpalette hinaus dürfte einer der | |
wichtigsten strategischen Schachzüge sein, um dem neuen Streamingservice | |
schnellstmöglich eine größtmögliche Verbreitung zu garantieren. | |
Was das alles letztendlich für die Verbraucher bedeutet, wird sich erst | |
zeigen, wenn die Dienste in den USA und international verfügbar sind. „In | |
jedem Fall wird Apples SVoD-Dienst ein glaubwürdiger Anwärter im Kampf um | |
den Anteil der Unterhaltungsdollars der Verbraucher sein – die natürlich | |
nicht unbegrenzt sind“, urteilt Todd Spangler, Digitalredakteur des | |
US-Branchenblatts Variety. Klar ist, dass der fragmentierte Markt schon | |
bald noch unüberschaubarer werden wird, aber die inhaltlichen Angebote für | |
die Nutzer zunächst weiter wachsen werden. | |
Durch den Konkurrenzkampf könnten zunächst auch die preislichen Anreize für | |
Abonnenten attraktiver werden. Fundierte Prognosen ließ die oberflächliche | |
Show am vergangenen Montag nicht zu. Die Angst davor, die Rivalen könnten | |
sich dadurch vorab auf den Launch einstellen, war wohl zu groß. Dadurch | |
wirkte das Ganze, als habe der Tech-Konzern hauptsächlich feierlich | |
inszeniert sein neues Revier markieren wollen, ehe es die zukünftige | |
Konkurrenz tut. | |
29 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Apple/!t5010834 | |
[2] https://www.apple.com/apple-events/march-2019/ | |
[3] https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-03-24/youtube-bows-out-of-holl… | |
[4] https://www.sueddeutsche.de/medien/netflix-hastings-interview-1.4382271 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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