Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fernsehpläne des Computerkonzerns: Apple ganz unrevolutionär
> Der US-Computerkonzern stellt ein renoviertes "Apple-TV" und ein soziales
> Netz namens "Ping" vor. Besonders innovativ ist beides nicht. Die
> TV-Konzerne werden geschont.
Bild: Kein neues iPhone: Steve Jobs stellt das neue Apple-TV-Kästchen vor.
BERLIN taz | Vor einigen Wochen machten Gerüchte die Runde, laut denen
Apple sich nun endlich mit aller Macht ins TV-Geschäft stürzen werde.
Miet-Fernsehdienste wie bei einem Kabelnetzbetreiber seien zu erwarten,
dazu eine riesige Filmbibliothek. Selbst einen eigenen Flachbildfernseher
mit dem Apfel-Logo erträumten sich manche. Als Firmenboss Steve Jobs
Mittwochabend in San Francisco bei einem seiner routinierten
Keynote-Auftritte allerdings das neue "Apple TV" vorstellte, war von
Revolution eher wenig zu spüren.
Das Kästchen, das der Benutzer an den Fernseher anschließen kann, ist
kleiner geworden – okay. Und kosten soll es auch nur noch 120 Euro, nachdem
der Kunde für das sich schlecht verkaufende Vorgängermodell noch das
Doppelte bezahlen musste. Dafür funktioniert Apple TV Version 2 nur, wenn
es am Netz hängt und wahlweise von Apples Videoladen oder einem Mac oder PC
mit iTunes bespielt wird – die Festplatte wurde gestrichen.
Ein Flatrate-TV-Abodienst scheiterte aber am Widerstand der
Hollywoodstudios, die in den USA auch die meisten Fernsehserien
produzieren. Stattdessen kann man sich als große Neuerung für 99 US-Cent
nun ausgewählte Sendungen in HD-Qualität für 48 Stunden mieten oder sie zum
bereits bekannten Preis von 3 Dollar kaufen. Das ist besonders deshalb eher
teuer, weil der große Konkurrenzdienst Hulu in den USA für die jeweils
neuesten Folgen nichts kostet oder mit einem erweiterten Angebot für 10
Dollar im Monat ein großes Archiv bietet (beides allerdings mit kurzen
Werbeblöcken). Ebenso verschenken viele Sender die neuesten Folgen bislang
direkt auf ihrer Website als Stream, um Reklameeinnahmen zu generieren.
In Deutschland bleibt bei Apple TV zunächst sowieso alles beim Alten:
Mietbar sind nur Filme in Standardauflösung und HD, für TV-Serien fehlen
Apple noch die Rechte. Stattdessen muss man sich diese weiterhin kaufen –
je nach Länge ab 1,99 Euro pro Folge, HD-Episoden sind mit bis zu 2 Euro 99
noch teurer. Ebenfalls nicht in Deutschland nutzbar ist der in den USA bei
Filmfans höchst beliebte Videomietdienst Netflix, den Apple TV nun auch
darstellen kann. Er bietet zu einem Monatspreis ein großes Film- und
kleineres TV-Angebot.
Neben dem wenig revolutionären Apple TV stellte Jobs zusätzlich drei neue
iPods vor. Der neue "Nano" besitzt keine Tasten mehr, sondern einen
iPhone-artigen berührungsempfindlichen Bildschirm. Auch die Steuerung
erfolgt ähnlich. Das Display ist allerdings sehr klein und bietet keine
Möglichkeit mehr, Videos zu schauen, auch die vorher vorhandene
Aufnahmefunktion wurde gestrichen – lediglich Fotografieren ist möglich.
Der neue "Touch" wiederum ist eine Art Zwilling des iPhone 4: Mit maximal
400 Euro bei doppeltem Speicher relativ moderat bepreist, besitzt er nun
das gleiche hochauflösende Display und den selben Hauptprozessor. Dank
einer Kamera kann man außerdem Videokonferenzen führen, die Apple
"Facetime" nennt.
Am unspannendsten war dagegen der neue "Shuffle" – er sieht nun wieder aus
wie die Vorvorgeneration, liest Titel auf Wunsch mit Namen und Interpreten
vor und lässt sich nun dank großer Tasten wieder vernünftig bedienen.
Apple führt soziales Netz ein
Auf der Software-Seite stellte Jobs eine neue Version des
iPhone-Betriebssystems iOS vor. Sie beseitigt vor allem nervige Fehler der
Vorversion, etwa ein Abschaltproblem des Bildschirms beim Telefonieren und
Verlangsamungen bei alten iPhones. Außerdem ist ein neues soziales Netzwerk
für Spieler eingebaut und ein Modus, der hübschere Kamerabilder ("HDR")
aufnehmen kann.
Das iPad muss dagegen wie seit Monaten weiterhin bei einer veralteten
Software bleiben: Es soll erst im November ein Upgrade erhalten. Dann ist
das Gerät nicht nur Multitasking-fähig und bietet eine Sortierung von
Programmen in Ordnern, sondern verfügt auch über eine Druckfunktion, die
Apple bislang peinlicherweise nicht eingebaut hatte.
Als letztes zeigte Steve Jobs auch noch eine neue Version von iTunes, jener
Musik- und Video-Management-Software, an der bei Apple multimediatechnisch
alles hängt. Sie hat nun ein eigenes soziales Netzwerk namens "Ping"
eingebaut, das Facebook und Twitter ähnelt beziehungsweise seine Daten
dorther bezieht. Im Web ist Ping jedoch ebenso wenig nutzbar wie über
iPhone oder iPad – letzteres soll erst nach einem Update möglich sein.
Künstler können bei Ping eigene Seiten haben, wo sie ihre Lieblingsmusik
und ihre neuesten Status-Updates präsentieren, die bislang offenbar direkt
von Twitter importiert werden. Aber auch Normalnutzer dürfen mit eigenen
Profilen mitmischen und sich in Ping ihren Freunden zeigen und Musiktipps
geben.
Bei Ping fing sich Apple allerdings gleich zum Start Zensurvorwürfe ein:
Das Klatschblog "Valleywag" schrieb am Mittwoch [1][mit Screenshots], dass
Twitter-Botschaften von Lady Gaga, die sich positiv über einen juristischen
Erfolg der kalifornischen Heiratsbewegung für Schwule und Lesben äußerte,
bei Ping merkwürdigerweise nicht auftauchten.
Ob es sich um einen technischen Fehler handelte – so werden auch Links von
Twitter derzeit nicht oder nur eingeschränkt dargestellt – oder eine
tatsächliche willentliche Zensur, blieb zunächst unklar. Apple hatte
allerdings schon einmal eine schwule Anwendung aus dem iTunes-Laden
genommen – offenbar, weil diese (auch) nackte Männeroberkörper zeigte.
2 Sep 2010
## LINKS
[1] http://valleywag.gawker.com/5627968/lady-gagas-pro+gay-marriage-tweets-too-…
## AUTOREN
Ben Schwan
## TAGS
Apple
## ARTIKEL ZUM THEMA
Konkurrenz auf dem Streamingmarkt: Apple macht auf Netflix
Im Herbst will Apple einen eigenen Streamingdienst starten. Damit wird der
Kampf um die Marktführerschaft auf ein neues Level gehoben.
Netflix, Hulu Plus & Co.: Stream mir das Lied vom Tod
Während Deutschland mit bezahlten Einzeldownloads Vorlieb nehmen muss, kann
man sich in den USA für ein paar Dollar im Monat an Filmen und TV-Serien
satt sehen.
Apple im Visier einer Satire-Website: "iHand ist kein Apple-Produkt"
Vom Mitarbeiter zum Spötter: Eine US-Website veröffentlicht ironische
Falschmeldungen rund um den Computerkonzern Apple. Nur eine Nachricht wurde
bislang dementiert.
Zwist um soziales Netzwerk: Facebook blockt Apples Ping
Nur wenige Stunden nach der Inbetriebnahme des Musik-Netzwerkes Ping, hat
Facebook die Verbindung zu dem Apple-Dienst gekappt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.