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# taz.de -- MIPTV in Cannes dreht sich um Kurzfilme: Für den kleinen Hunger
> Kurzformate trenden auf der Fernsehmesse MIPTV. Die Produzenten wollen
> Kurzfilme und Miniserien für den mobilen Empfang etablieren.
Bild: Was für die Bahnfahrt nach Hause: Kurzfilme on demand
Sind hochwertig gemachte Kurzformate der neueste Trend, wenn es um Filme
und Serien geht? Jetzt, auf der größten Fernsehmesse der Welt, der MIPTV in
Cannes, schien es so. Ein kompletter Themenschwerpunkt dreht sich dieses
Mal um das Thema „Short Form Content“.
Das hat auch İsmail Şahin gefreut. Der Berliner durfte neben fünf anderen
internationalen Teilnehmern sein Projekt [1][„Interworld“] auf der Messe
vorstellen, um Produktionspartner zu finden. Und die Idee für eine
Mystery-Serie, die in den 80er Jahren an der deutsch-deutschen Grenze
spielt, kam an. Für die geplanten zehn Teile, jeweils 15 Minuten lang,
benötigt Şahin ein Budget von zweieinhalb Millionen Euro: „Ich bin sofort
von einem kanadischen und einem finnischen Sender angesprochen worden. Auch
ein argentinischer Streamingdienst hat direkt Interesse geäußert.“
Schon im Vorfeld hatten die Organisatoren des internationalen Programmarkts
eine Studie in Auftrag gegeben, die ein enormes Wachstumspotential für
diesen Bereich bestätigt: Die Anzahl von mobilen Endgeräten, auf denen
Videos heruntergeladen und geschaut werden können, wächst beständig. Vor
allem die „Generation Z“, also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen,
konsumierten Medieninhalte zu einem Drittel über Smartphones, zu 26 Prozent
am Computerschirm und zu zehn Prozent über Tablets. Dabei würden im Schnitt
68 Videos pro Tag geschaut.
Die 2017 gegründete Plattform Facebook Watch beispielsweise hat heute jeden
Monat 400 Millionen Nutzer, Youtube sogar zwei Milliarden. Parallel dazu
sorgte an der Cote d’Azur auch die US – Plattform „Quibi“ für
Gesprächsstoff, die ausschließlich Premium – Inhalte für „mobile devices…
produzieren und anbieten möchte. Die Filme und Serienfolgen sollen nicht
länger als zehn Minuten sein. Der Start des Angebots, das sich an die 18-
bis 35jährigen „Millenials“ richtet, ist für Ende des Jahres geplant.
## Wie Netflix, nur kurz
Bereits im Vorjahr sammelte Starproduzent und Mitinitiator Jeffrey
Katzenberg von den großen Hollywood-Studios rund eine Milliarde Dollar ein,
um das Vorhaben zu verwirklichen. Weitere 500 Millionen Dollar kommen im
Lauf der nächsten Monate noch dazu. Große Namen, etwa Justin Timberlake
oder Guillermo del Toro, sollen die Inhalte liefern, Stars wie Anna
Kendrick die Abonnenten locken, die sich zum Beispiel beim Warten an der
Bushaltestelle mit den audiovisuellen „Quick Bites“ die Zeit vertreiben.
Dabei ist die Tendenz zu kurzen Videos im Zeitalter von Youtube und
Instagram nicht neu – der Qualitätsanspruch der Medienindustrie allerdings
schon.
„Fesselnde Geschichten, die bisher in zwei bis vier Stunden erzählt wurden,
dauern nun zwischen fünf und 15 Minuten“, prognostiziert der Kölner
Produzent Wolfgang Link mit Blick auf „Quibi“. „Und das mit Minutenpreise…
wie man sie aus der hochwertigen Fiction kennt. Link spricht von
Produktionskosten ab 10.000 Dollar pro Minute, im Premiumsegment sogar von
bis zu 125.000 Dollar. Lässt sich so etwas über Abos finanzieren? Da wagt
der Produzent keine Prognose.
Nüchtern sieht den Hype der Geschäftsführer von Warner Bros. ITVP
Deutschland, René Jamm: „Am Ende des Tages ist es eine andere, weitere Form
des Erzählens, die im linearen Fernsehen selten stattfindet.“ Seine erste
Shortform-Produktion ist die satirische Web-Serie „In bester Verfassung“.
Sie wird Anfang Juni zuerst online unter anderem in der ZDF Mediathek
laufen. An der Produktion der acht jeweils sieben bis acht Minuten langen
Folgen sind neben der bekannten TV-Schauspielerin Gudrun Landgrebe auch die
Youtuber Joseph Bolz („De Changeman“) und Fabian Siegismund („Battle Bros…
beteiligt. Und die wollen vor dem Start über ihre Kanäle für die Reihe
werben – eine Geschichte um zwei Verfassungsschützer, die in der Eifel eine
islamistische Terrorbedrohung erfinden.
## „Playmo High“
Jamm geht übrigens davon aus, dass durch die Kurzform-Formate auch noch
ganz andere Anbieter als bisher aktiviert werden: „Neben Sendern sowie
Videoplattformen werden sicher große Marken ebenfalls ‚Short form‘
produzieren.“
Dafür gab es in Südfrankreich schon erste Beispiele.
Playmobil-Vorstandsmitglied Lars Wagner etwa bestätigt, „Short
Form-Inhalte“ seien Teil der digitalen Strategie des Spielzeug-Herstellers.
Schon seit Jahren ist der Konzern auf Youtube präsent: „Dieses Engagement
werden wir ausbauen, das nächste Highlight steht bereits an.“ Am 19. April
startet die Serie „Playmo High“ als Stop-Motion-Animation. Die erste
Staffel umfasst elf Folgen mit einer Länge zwischen fünf und sechs Minuten.
Für İsmail Şahin jedenfalls war auf der MIPTV ganz klar zu sehen, dass
Sender und Plattformen verstärkt nach solchen Inhalten suchen oder damit
beginnen, sie selbst herzustellen: „Das Nutzungsverhalten der jungen Leute
gibt diese Richtung ganz klar vor.“
11 Apr 2019
## LINKS
[1] https://vimeo.com/210157019
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Kurzfilm
Streaming
Unterhaltungsfernsehen
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Charité
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