# taz.de -- Konferenz der Integrationsminister*innen: Teilhabe statt Grenzschutz | |
> Der Bund müsse Integrationsmaßnahmen besser unterstützen, fordern die | |
> Minister*innen der Länder. Dabei gehe es um mehr als Unterbringung. | |
Bild: Geflüchtete Frauen aus der Ukraine beim Sprachkurs im Offenen Wohnzimmer… | |
BERLIN taz | Zwei Wochen vor der Bund-Länder-Runde im Kanzleramt haben die | |
Landesintegrationsminister*innen den Bund aufgefordert, Länder | |
und Kommunen bei der Integration von Migrant*innen mehr und stetiger zu | |
unterstützen. Die kurzfristige Unterbringung Geflüchteter sei eine „große | |
Herausforderung“, sagte Kai Klose (Grüne) aus Hessen. „Als | |
Integrationsminister geht es uns aber um mehr: um zusätzlichen Wohnraum, | |
Plätze in Kitas und Schulen, Sprachkurse“, so Klose. „Es geht um Teilhabe | |
an der Gesellschaft.“ | |
Die Kosten für all das seien bei der vom Bund bislang zugesagten | |
Finanzierungspauschale „nicht ausreichend berücksichtigt“. Klose | |
appellierte an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), am für den 10. Mai | |
geplanten Treffen mit den Ministerpräsident*innen zu „konkreten | |
Finanzvereinbarungen“ zu kommen, die den Integrationsleistungen in Ländern | |
und Kommunen „auch wirklich Rechnung tragen.“ Hessen hat derzeit den | |
Vorsitz der Integrationsminister*innenkonferenz inne. | |
Die meisten Menschen, die in die Bundesrepublik kommen, blieben auch, sagte | |
Bremens Integrationssenatorin Anja Stahmann (Grüne). „Deswegen kommt es | |
darauf an, dass wir uns anstrengen mit Integrationsangeboten“, sagte die | |
Sprecherin der SPD-geführten Länder. „Die Bereitschaft der zu uns | |
geflüchteten und zugewanderten Menschen ist hoch, sich mit unserer | |
Gesellschaft auseinanderzusetzen, die Sprache zu lernen und Fuß zu fassen.“ | |
Viele Anträge seien mit allen 16 Stimmen verabschiedet worden, so auch der | |
Leitantrag unter dem Titel „Menschen. Leben. Vielfalt“, der ein „klares | |
Bekenntnis zu einer vielfältigen Gesellschaft“ darstelle, betonte Klose. | |
Dass alle Länder unabhängig von ihren Regierungskonstellationen eine „sehr | |
einheitliche Position“ dem Bund gegenüber erarbeitet hätten, sei „schon | |
erstaunlich“, sagte Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata | |
Touré, Sprecherin der unionsgeführten Länder. | |
## Lindners Äußerungen seien „frech“ | |
Seit Monaten [1][fordern Länder und Kommunen] angesichts gestiegener | |
Geflüchtetenzahlen mehr finanzielle Unterstützung des Bundes. Viele | |
Kommunen kämen an ihre Grenzen, die vom Bund bereits [2][zugesagte – aber | |
noch nicht ausgezahlte – jährliche Unterstützung von 2,75 Milliarden] sei | |
schon jetzt absehbar nicht genug für das laufende Jahr. | |
Anfang April hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den | |
Forderungen nach mehr Geld jedoch eine [3][klare Absage erteilt]: Der Bund | |
unterstütze die Länder „bereits massiv“. Diese stünden finanziell | |
„wesentlich besser“ da als der Bund: „Insofern müsste eigentlich der Bund | |
die Länder um Unterstützung bitten und nicht umgekehrt.“ | |
Sie finde diese Aussage „frech“, kritisierte Touré. Es sei nicht so, dass | |
die Länder die Verantwortung einfach nach oben abgäben. „Schleswig-Holstein | |
etwa hat einen Notkrefit aufgenommen, um diese Herausforderung meistern zu | |
können.“ | |
Die Landesminister*innen kritisierten, dass der Bund offenbar plane, | |
bei Integrationsmaßnahmen zu kürzen. So stehe für die Migrationsberatung in | |
diesem Jahr zwar die erfreuliche Rekordsumme von 81 Millionen Euro zur | |
Verfügung. „Wir haben allerdings mit den Köpfen geschüttelt, als wir in den | |
Haushaltsplan 2024 geschaut und dort nur eine Summe von 57 Millionen | |
gesehen haben“, sagte Stahmann. | |
Und während es 2022 noch 45 Millionen für die Erstorientierungskurse | |
gegeben habe, seien es [4][in diesem Jahr nur noch 25 Millionen]. „Indem | |
man diese Summe beinahe halbiert, lässt man das Zuwanderungsgeschehen des | |
letzten Jahres und das für dieses Jahr zu erwartende völlig außer Acht“, | |
kritisierte Klose. Begonnene Kurse müssten deswegen abgebrochen, neue | |
könnten kaum langfristig geplant werden. Dabei hätte die Ampel im | |
Koalitionsvertrag angekündigt, diese Angebote bedarfsgerecht zu | |
finanzieren. | |
Integration sei ein Querschnittsthema, das viele Menschen im Land | |
beschäftige und der Bundesregierung ein Anliegen sein müsse, sagte | |
Stahmann. Es gehe bei dem Thema um mehr als um [5][innenpolitische Fragen | |
wie Grenzkontrollen], sagte Klose. Die Anwesenden begrüßten deswegen, dass | |
beim Flüchtlingsgipfel im Februar erstmals neben den | |
Innenminister*innen auch die für Integration zuständigen | |
Minister*innen beteiligt waren. „Darauf mussten wir aber sehr drängen“, | |
so Klose. | |
27 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Unterbringung-von-Gefluechteten/!5924028 | |
[2] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/gefluechtete-kosten-bund-101.… | |
[3] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/lindner-laender-bund-fluechtlinge-fi… | |
[4] https://www.bvib.de/mittelkuerzungen-2023-fuer-erstorientierungskurse | |
[5] /Deutsch-oesterreichische-Grenze/!5925904 | |
## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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