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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Zivilisatorischer Rückschritt
> Die Debatten um Migration sind in den letzten Jahren verstummt. Trotzdem
> treiben Deutschland und die EU die Verschärfung des Asylrechts weiter
> voran.
Bild: An den Grenzen Europas, wie hier zu Belarus, leben Menschen unter unwürd…
Angesichts sich überschlagender Krisen ist es verhältnismäßig still um das
Thema Migration geworden. In der Studie “[1][Die Ängste der Deutschen]“,
für die der Versicherer R+V jedes Jahr Bundesbürger:innen befragt,
rangiert der Punkt “Überforderung des Staats durch Geflüchtete“ als
einziger migrationsbezogener Punkt unter den Top-Ten nur auf dem achten
Platz.
Die ersten Plätze belegen hingegen Inflation, [2][steigende Mieten] und die
Angst vor einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage. Auch in den
Medien wird Migrationspolitik deutlich weniger kontrovers diskutiert als
noch vor ein paar Jahren.
Auf dem ersten Blick ist es durchaus begrüßenswert, dass rassistische
Akteure wie die AfD und Pegida nicht mehr die mediale Agenda bestimmen,
indem sie [3][irrationale Ängste vor “Überfremdung“ und dem “Islamisier…
des Abendlandes“] schüren. Doch während sich die gesellschaftliche Stimmung
entspannt, wird auf politischer Ebene das Migrationsregime immer weiter
verschärft.
So verhandelt die EU-Kommission gerade eine [4][Reform des EU-Asylrechts],
gemäß der Asylanträge schon in Lagern an den EU-Außengrenzen gestellt
werden sollen. Ist der Antrag erfolglos, droht die sofortige Abschiebung.
## Aushölung des Asylrechts
Kritiker:innen fürchten, die Neuregelegung würde die rechtliche
Situation von Geflüchteten noch weiter verschlechtern – in einem
Schnellverfahren in einem Lager in Griechenland oder Italien sei kaum ein
faires Ergebnis zu erwarten.
Die “Wertegemeinschaft“ EU setzt dabei schon seit Jahren in ihrem
Migrationsregime auf [5][Abschreckung und Willkür statt auf
Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte]: Tausenden Menschen sterben an den
Außengrenzen der EU, ohne auch nur die Chance zu haben Asyl zu beantragen.
Hilfeleistung wird nicht nur unterlassen, sondern auch aktiv verhindert und
kriminalisiert.
Wie dramatisch die Situation ist, zeigt auch [6][der Dokumentarfilm “The
Game: Spiel zwischen Leben und Tod“], der am Freitag im Regenbogenkino
gezeigt wird. Regisseurin Manuela Federl begleitete mehrere Menschen auf
der gefährlichen Balkanroute an der bosnisch-kroatischen Grenze im Winter
2020, sprach mit Hilfsorganisationen und dokumentierte unter andere
gewalttätige Pushbacks der Grenzpolizei. Im Anschluss an den Film gibt es
eine Diskussion mit der Journalistin Nidžara Ahmetašević und
Aktivist:innen, die vor Ort humanitäre Hilfe leisten (Freitag, 12. Mai, 18
Uhr, Lausitzer Straße 21a).
Gleichzeitig werden die Kommunen in Deutschland mit der Unterbringung von
Geflüchteten größtenteils alleingelassen. Unterbringung in isolierten
Massunterkünften unter unwürdigen Bedingungen und vermeidbare Spannungen
mit der lokalen Bevölkerung sind häufig die Folge.
## Würdelose Unterbringung
Auf dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern, der am Mittwoch im
Kanzleramt stattfindet, wird auch die Frage der Unterbringung diskutiert.
Aktivist:innen rufen daher [7][zu einer Kundgebung vor dem]
Regierungssitz auf und fordern die “zukünftige Gestaltung von
menschenwürdigen, selbstbestimmten und geschlechterspezifischen
Unterbringungsmöglichkeiten“. Insbesondere sollen Geflüchtete selbst ihren
Wohnort wählen können und nicht wie bislang an die Massenunterkunft
gebunden sein (Mittwoch, 10. Mai, 12 Uhr, Willi-Brandt-Straße 1).
Während Bund und Länder kaum Fortschritte dabei erzielen, Geflüchtete
menschenwürdig unterzubringen, investieren sie umso mehr Geld und
Ressourcen darin, ihre Abschiebung schneller und effektiver zu gestalten.
So plant das Land Brandenburg ein eigenes Abschiebezentrum am Flughafen
BER, indem ausreisepflichtige Geflüchtete inhaftiert werden sollen. Trotz
[8][intensiver Proteste gegen das Zentrum], sind die finanziellen Mittel
vom Land Brandenburg bereits fest im Haushalt eingeplant.
Um das Abschiebezentrum doch noch zu stoppen, planen die Aktivist:innen
Anfang Juni ein [9][Protestcamp] in Schönefeld. Neben Workshops und
Skillsharing soll es reichlich Gelegenheiten geben sich zu vernetzten, um
den Widerstand gegen das Zentrum zu organisieren. Über Anmeldung per Mail
wird gebeten (Donnerstag, 1. Juni bis Dienstag, 6. Juni, BER Flughafen
Schönefeld).
9 May 2023
## LINKS
[1] https://www.ruv.de/newsroom/themenspezial-die-aengste-der-deutschen/grafike…
[2] /Stark-gestiegene-Mieten/!5923642
[3] /10-Jahre-AfD/!5910563
[4] /Umstrittene-Asylreform/!5929996
[5] /Menschenrechtsverein-gibt-auf/!5928738
[6] https://regenbogenfabrik.de/the-game-spiel-zwischen-leben-und-tod/
[7] https://regenbogenfabrik.de/the-game-spiel-zwischen-leben-und-tod/
[8] /Demo-gegen-Abschiebezentrum-am-BER/!5830981
[9] https://abschiebezentrumverhindern.noblogs.org/camp-2023/
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
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