| # taz.de -- Kommentar Quotierte Wahllisten: Ohne Frauen ist kein Staat zu machen | |
| > Ohne äußeren Druck gibt keiner freiwillig Macht ab. Das Parité-Gesetz in | |
| > Brandenburg ist ein Meilenstein für die Politik. | |
| Bild: Ja, sorry, is so. | |
| Manchmal ist erst im Nachhinein klar, welche Momente historische waren. | |
| Manchmal zeichnen sich historische Momente aber auch schon vorher ab. Die | |
| Verabschiedung eines Parité-Gesetzes im Brandenburger Landtag ist so ein | |
| Fall. Wenn SPD, Linkspartei und Grüne am Donnerstag dafür stimmen, die | |
| Landeslisten künftig zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern zu besetzen, | |
| gehen sie 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts einen Schritt, der | |
| ein Meilenstein für die deutsche Politik und damit den Alltag hierzulande | |
| ist – und der beides bedeutend gerechter gestaltet. | |
| Brandenburg bezieht sich auf Artikel 3 des Grundgesetzes, der die | |
| Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz garantiert und Diskriminierung | |
| verbietet. Doch Gleichheit, das zeigen die vergangenen Jahrhunderte, stellt | |
| sich nicht automatisch her. Weder werden Frauen und Männer hierzulande | |
| gleich bezahlt, noch übernehmen sie auch nur annähernd gleiche Aufgaben in | |
| Beruf und Familie. Weder sind [1][die männlichen Monokulturen der | |
| Vorstandsetagen] aufgebrochen, noch entspricht der Anteil von Frauen in | |
| der Politik dem an der Bevölkerung: Nur rund ein Drittel der Abgeordneten | |
| im Bundestag sind Frauen, genauso gering ist der Schnitt in den | |
| Länderparlamenten. | |
| Der [2][Mangel an Repräsentation von Frauen in der Politik] ist ein | |
| demokratisches Defizit. Wenn Frauen nicht oder zu wenig vorkommen, werden | |
| ihre ökonomischen Probleme nicht oder zu wenig berücksichtigt, werden | |
| Gesetze gemacht, die ihre Perspektiven nicht ausreichend einbeziehen, | |
| werden öffentliche und private Räume gestaltet, die ihren Ansprüchen nicht | |
| genügen und manchmal sogar gefährlich für sie sind – Vergewaltigung in der | |
| Ehe etwa wurde erst 1997 strafbar. | |
| Wenn sich solche Missstände ein Jahrhundert lang halten, sollte man sich | |
| fragen, warum. Weil Gleiche Gleiche fördern, also Männer Männer. Weil die, | |
| die die Macht haben, sie nicht freiwillig hergeben. Weil das Fehlen von | |
| Vorbildern dazu führt, dass junge Frauen gar nicht daran denken, dass | |
| bestimmte Positionen auch für sie vorgesehen sein könnten. Und weil es | |
| Kraft kostet und durchaus unangenehm sein kann, die einzige Frau unter 20 | |
| selbst ernannten Alphatieren zu sein, die nach Feierabend noch einen mit | |
| trinken gehen muss, [3][um politische Netzwerke zu pflegen]. | |
| Dass freiwillige Quoten dabei nicht helfen, ist hinlänglich bekannt. Die | |
| Grünen waren in den 80ern die Ersten, die dem aktiv entgegentraten. Mehr | |
| als 30 Jahre später macht sich nun Brandenburg daran, den | |
| verfassungsrechtlichen Auftrag des Staates ernst zu nehmen. Denn Artikel 3 | |
| gebietet nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz – sondern verpflichtet | |
| auch dazu, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Ohne | |
| Frauen zu gleichen Teilen, das hat Brandenburg erkannt, ist kein Staat zu | |
| machen. | |
| 31 Jan 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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