# taz.de -- Kommentar Glyphosat-Entscheidung: Mitgift für die Große Koalition | |
> Deutschland hat trotz Absprachen zwischen Union und SPD der Verlängerung | |
> der Glyphosatzulassung zugestimmt. Dreistigkeit darf nicht siegen. | |
Bild: Falls Sie ihn nicht kennen: Das ist Christian Schmidt. Er ist Landwirtsch… | |
Wenn man das Einhalten von Regeln und Absprachen als bürgerliche Tugend | |
betrachtet, dann hat sich die CSU am Montag endgültig aus dem Kreis der | |
bürgerlichen Parteien verabschiedet. Gegen das erklärte Votum von | |
SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks hat das von CSU-Mann Christian | |
Schmidt geführte Landwirtschaftsministerium in Brüssel [1][für die | |
Verlängerung der Genehmigung für das umstrittene Ackergift Glyphosat | |
gestimmt] – und damit erst eine Mehrheit unter den EU-Staaten ermöglicht. | |
Dabei sind die Regularien der Bundesregierung klar: Wenn sich das Kabinett | |
nicht einigen kann, muss sich Deutschland in Brüssel enthalten. Darüber hat | |
sich Schmidt einfach hinweggesetzt – wohl in der Annahme, dass ihm die | |
Dankbarkeit der Agrarindustrie mehr nützt, als ihm der Ärger der | |
Bevölkerung schadet. Und mutmaßlich in der Hoffnung, dass dieses Vorgehen | |
bei einer Regierung, die ohnehin nur noch geschäftsführend im Amt ist, | |
keine großen Konsequenzen haben wird. | |
Doch damit dürfte er sich verrechnet haben. Wenn die SPD noch irgendeine | |
Form der Selbstachtung hat, muss sie darauf bestehen, dass Schmidt als | |
Minister zurücktritt, bevor auch nur ein weiterer Gedanke an eine neue | |
Große Koalition verschwendet wird. Und wenn schon die Entscheidung auf | |
EU-Ebene durch das dreiste Vorgehen des CSU-Manns gegen den erklärten | |
Willen der SPD gefallen ist, müssen die Sozialdemokraten nun dafür sorgen, | |
dass Glyphosat zumindest in Deutschland verboten wird. | |
SPD-Umweltministerin Hendricks hat sich schließlich aus gutem Grund gegen | |
das Pestizid ausgesprochen: Es spielt nicht nur eine wichtige Rolle beim | |
Rückgang der Artenvielfalt, sondern wird von der Internationalen | |
Krebsforschungsagentur der WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ | |
eingestuft. Zudem sind Alternativen vorhanden; nicht zuletzt lehnt eine | |
breite Mehrheit in der Bevölkerung den Einsatz des Giftes ab. | |
Der Protest der Sozialdemokraten gegen die regelwidrige Entscheidung des | |
Agrarministers darf darum nicht nur eine kurze Protokollnotiz bleiben, | |
sondern muss tatsächlich Konsequenzen haben. Eine erneute Große Koalition | |
mit einem vertragsbrüchigen Partner darf es nur geben, wenn dieser für sein | |
Handeln zur Rechenschaft gezogen wird und dessen Folgen so weit wie möglich | |
entschärft werden. | |
Falls die SPD trotz dieses bewussten Affronts durch die Union zur | |
Tagesordnung übergeht und Koalitionsgespräche beginnt, trägt sie die | |
Entscheidung faktisch mit – und braucht dann ihrerseits nicht mehr über | |
Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit zu reden. | |
27 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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