| # taz.de -- Innere Sicherheit von Rot-Grün-Gelb: Big Ampel is watching you | |
| > Eine mögliche Ampelregierung will mit einer progressiven | |
| > Sicherheitspolitik aufwarten. Doch beim Thema Überwachung herrscht | |
| > Streit. | |
| Bild: Künftig etwas weniger Überwachung? Die Ampel ist darüber noch uneins | |
| BERLIN taz | Das Thema Innere Sicherheit galt in den | |
| [1][Ampelverhandlungen] nicht als großer Brocken. Die Hardliner der Union | |
| verabschieden sich aus der Regierung. SPD, FDP und Grüne verkündeten in | |
| ihrem Sondierungspapier einmütig, nun Bürgerrechte zu stärken und für eine | |
| „präventive Sicherheit“ einzutreten. Das aber übertünchte, dass es auch … | |
| diesem Feld [2][harte Konflikte] zwischen dem Trio gibt – die nun auch in | |
| den Koalitionsverhandlungen vorerst nicht gelöst wurden. | |
| Verhandelt wurde über das Thema Innere Sicherheit in der Arbeitsgruppe 16. | |
| Nach taz-Informationen hakte es dort vor allem beim Thema Überwachung. Denn | |
| während Grüne und FDP hier einen restriktiven Weg einschlagen wollen, soll | |
| die SPD in den Gesprächen vieles offen gehalten haben. Am Mittwoch, dem | |
| Endtermin aller Facharbeitsgruppen, deutete alles darauf hin, dass dieser | |
| Punkt ungeeint blieb und nun von den Chefverhandlern geklärt werden muss. | |
| Tatsächlich prallten hier schon vor den Verhandlungen konträre Positionen | |
| aufeinander. Noch im Juni hatte die SPD mit der Union den | |
| [3][Staatstrojaner für Geheimdienste und die Bundespolizei] beschlossen, | |
| mit dem diese auch verschlüsselte Nachrichten auf Handys oder Computer | |
| mitlesen dürfen. SPD-Chefin Saskia Esken war lange dagegen, ließ ihre | |
| Fraktion aber gewähren. Und die betonte, dass eine wehrhafte Demokratie | |
| eben auch „zeitgemäße Befugnisse“ brauche. | |
| ## Grüne und FDP gegen Massenüberwachung | |
| FDP und Grüne kritisierten den Beschluss dagegen scharf. Die Ausweitung der | |
| Überwachung gehe „auf Kosten der Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger�… | |
| erklärte Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz. Die Innere Sicherheit sei | |
| bei der GroKo „in ganz schlechten Händen“. Seine Partei hatte im | |
| Wahlprogramm klar erklärt, man lehne „das Infiltrieren von technischen | |
| Geräten ab“. Auch brauche es eine Verpflichtung, Sicherheitslücken auf | |
| Endgeräten zu melden, in die Trojaner schlüpfen könnten. | |
| Die FDP reichte im Juli gar Verfassungsbeschwerde gegen den Staatstrojaner | |
| ein. Auch sie sprach von einem „Generalangriff auf die Bürgerrechte und die | |
| IT-Sicherheit“ – und verwies ebenso auf die Sicherheitslücken, die bewusst | |
| offen blieben. Auch das FDP-Wahlprogramm fordert eine Schließung dieser | |
| Lücken und lehnt den Staatstrojaner explizit ab. | |
| Zumindest für die Bundespolizei scheiterte der Staatstrojaner zwar vorerst | |
| im Bundesrat. Die SPD aber verteidigte das Instrument zuletzt weiter. Die | |
| erweiterten Befugnisse seien „überfällig und richtig“, erklärte | |
| Niedersachsens SPD-Innenminister Boris Pistorius. SPD-Fraktionsvize Dirk | |
| Wiese sprach von notwendigen Instrumenten für eine moderne Polizei. | |
| In den Koalitionsverhandlungen prallten diese Positionen nun aufeinander. | |
| Schon im Sondierungspapier hieß es nur wolkig, man wolle eine | |
| „gesamtheitliche Betrachtung der Eingriffsbefugnisse des Staates | |
| vornehmen“. Was das aber für die einzelnen Instrumente bedeutet, blieb | |
| offen – und das offenbar bis zum Schluss der Fachverhandlungen. Gleiches | |
| wohl in der Frage, ob und wie Schwachstellen auf Endgeräten geschlossen | |
| werden. | |
| ## Wieder Vorratsdatenspeicherung | |
| Dazu soll es der Arbeitsgruppe nicht mal gelungen sein, ein altes | |
| Dauerstreitthema abzuräumen: die [4][Vorratsdatenspeicherung]. Auch die | |
| lehnen Grüne und FDP seit Jahren vehement ab. Teile der SPD, darunter etwa | |
| Justizministerin Christine Lambrecht, sprachen sich zuletzt aber dafür aus, | |
| zumindest im Kampf gegen Kindesmissbrauch. | |
| Für Datenschützer bleibt die anlasslose Massendatenspeicherung dagegen ein | |
| Graus. Sollte ausgerechnet sie in einem Ampel-Koalitionsvertrag stehen, | |
| wäre es für Grüne und FDP eine Schmach. Gut möglich, dass die Ampel das | |
| Thema deshalb am Ende den Gerichten überlässt – wo demnächst | |
| [5][Grundsatzentscheidungen] zur Vorratsdatenspeicherung anstehen. Ein | |
| Aufbruchsignal für die Bürgerrechte wäre dieses Wegdelegieren für Grüne und | |
| FDP indes auch nicht. | |
| Bei der SPD ist die Verhandlungsführung offenbar auch personalpolitisch | |
| motiviert. Denn auch wenn die Grünen zuletzt [6][Interesse am | |
| Innenministerium] signalisierten, spricht einiges dafür, dass dieses am | |
| Ende an die SPD geht. Als Personalie wird hier Lambrecht gehandelt – die | |
| momentan auch Chefverhandlerin für die SPD bei der Inneren Sicherheit ist. | |
| Kommt das wirklich so, will sich die SPD offenbar möglichst viel | |
| Handlungsspielraum freihalten. | |
| Einigen konnte sich die Ampel dagegen auf eine bessere Ausrüstung für die | |
| Polizei, die künftig wieder mehr „Präsenz und Bürgernähe“ zeigen soll, … | |
| es im Sondierungspapier heißt. Kommen soll auch das in der vergangenen | |
| Legislatur noch gescheiterte [7][Demokratiefördergesetz] und ein Gesetz zur | |
| Cyberabwehr. Interessant wird zudem, wie sich SPD, FDP und Grüne die im | |
| Sondierungspapier angekündigte „Generalrevision der Sicherheitsarchitektur“ | |
| vorstellen. | |
| 10 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Streit-in-Koalitionsverhandlungen/!5810555 | |
| [2] /Gespraeche-zwischen-FDP-und-Gruenen/!5803872 | |
| [3] /Groko-beschliesst-Ueberwachungsgesetze/!5773411 | |
| [4] /Vorratsdatenspeicherung-vor-EuGH/!5800851 | |
| [5] /Urteil-zur-Vorratsdatenspeicherung/!5718766 | |
| [6] /Gruen-gelbe-Sondierungen-nach-der-Wahl/!5805146 | |
| [7] /Union-blockiert-Gesetzesvorhaben/!5778171 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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