| # taz.de -- Grün-gelbe Sondierungen nach der Wahl: Innenminister Robert Habeck? | |
| > Für den Fall, dass Christian Lindner in einer Ampel aufs | |
| > Finanzministerium besteht, liebäugelt Robert Habeck mit dem | |
| > Innenministerium. Ein grüner Tabubruch. | |
| Bild: Robert Habeck in der Pose „We want you“ | |
| Berlin taz | Bei bevorstehenden Koalitionsgesprächen gibt es im politischen | |
| Betrieb zwei Wahrheiten. Die eine, mantrahaft vorgetragene, lautet: | |
| zunächst geht es um die Sache, jetzt ist nicht die Zeit für Personalien. | |
| Und zugleich geht es, Wahrheit zwei, zugleich immer auch um Personalien, | |
| weil sich Inhalte und Personen nie ganz voneinander trennen lassen und es | |
| um viel Macht geht. Eine der meistdiskutierten Fragen in Berlin ist deshalb | |
| diese: Was wird aus [1][Robert Habeck], wenn [2][Christian Lindner] darauf | |
| besteht, Finanzminister zu werden? | |
| Beide haben das Amt für sich reklamiert, aber bei einer Ampel dürfte | |
| Lindner die besseren Chancen haben (bei Jamaika wäre das nicht ganz so | |
| klar, aber die Karibik ist in diesen Tagen eher etwas für Fantasten). | |
| Irgendwie muss der FDP ja schmackhaft gemacht werden, dass sie als | |
| kleinster und konservativster Teil in eine mögliche Koalition mit SPD und | |
| Grünen einsteigen soll. Das weiß auch Habeck. | |
| Für diesen Fall gibt es bei den Grünen ein Planspiel, das nicht nur eine | |
| große Überraschung, sondern auch eine Art Tabubruch wäre: Habeck könnte | |
| Innenminister werden. Das gab es noch nie in der deutschen | |
| Nachkriegsgeschichte, weder in einem Land noch im Bund. Der Grünen-Chef, | |
| ist an verschiedenen Stellen zu hören, beschäftigt sich intensiv mit dem | |
| Gedanken. Auf den ersten Blick wirkt dies, im Wortsinne, etwas verrückt. | |
| Die Grünen gucken traditionell skeptisch auf den Sicherheitsapparat, viele | |
| grüne Innenpolitiker wollten bis vor kurzem noch den Verfassungsschutz | |
| abschaffen. Das Ministerium ist der Ort, an dem schwarze und rote Sherrifs | |
| wie Manfred Kanther und Otto Schily wüteten und aus dem ein Hans-Georg | |
| Maaßen erwuchs. | |
| Auf den zweiten Blick entfaltet die Idee allerdings einen eigenen Charme: | |
| Das Innenministerium ist zugleich das Verfassungsministerium, in dem die | |
| Bürgerrechte und das Grundgesetz verteidigt werden (sollten). Die | |
| Sicherheitsbehörden, ohnehin nicht mehr das, was sie mal waren, könnten aus | |
| grüner Sicht weiter domestiziert werden. | |
| ## Akzente setzen bei Bauen und Heimat | |
| Und dann ist da ja noch, als Seehofersches Erbe, der große Bereich Bauen | |
| und Heimat. Habeck redet seit einiger Zeit von einem anderen Bezug auf | |
| Patriotismus, der Bereich Bauen und Heimat wäre wie gemacht dafür, an | |
| dieser Stelle Akzente zu setzen. Habeck ist mit dem Anspruch angetreten, | |
| Vizekanzler der nächsten Regierung zu werden, er besitzt mehr als genügend | |
| Machtbewusstsein, um sich ein solches Amt zuzutrauen. Und wer das | |
| Innenministerium geführt hat, der kann auch Kanzler. Zum Beispiel bei der | |
| nächsten Bundestagswahl. | |
| Der Plan birgt allerdings nicht unerhebliche Risiken. Was, wenn wieder ein | |
| Verfassungsschutzbeamter in den Keller zum illegalen Aktenschreddern geht? | |
| Was, wenn die Amerikaner Handydaten anfordern, mit denen später | |
| Drohnenangriffe vorbereitet werden? Was, wenn das BKA die nächste | |
| Spionagesoftware beschaffen will? Sicherheitspolitik kann etwas Toxisches | |
| haben, ganz besonders aus Sicht der Grünen. Aber auch das gehört zu Habeck: | |
| Ein Spieler war er schon immer. | |
| Und [3][Annalena Baerbock]? Könnte ein um Klimapolitik erweitertes | |
| Wirtschaftsministerium übernehmen, oder das Umweltministerium, ergänzt | |
| durch Energiepolitik. Es wäre ein Transformationsministerium im doppeltem | |
| Sinn: für die Grünen, aber auch Baerbock selbst, die sich nach der | |
| Spitzenkandidatur auf die grüne Kernpolitik rückbesinnen würde. Natürlich | |
| sind das alles nur Gedankenspiele im kleinen Kreis der an den Verhandlungen | |
| Beteiligten. Natürlich ist der Schlüssel zur Verteilung der Ministerien | |
| zwischen den Parteien noch nicht fixiert, derzeit kursiert 8/5/4 für | |
| SPD/Grüne/FDP. Und natürlich gilt: Vor Wahrheit zwei gilt Wahrheit eins – | |
| ohne eine inhaltliche Einigung sind auch keine Posten zu verteilen. | |
| 1 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Junge | |
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