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# taz.de -- Ampel streitet über Massenspeicherung: Auch Faeser will Vorratsdat…
> Die Innenministerin will eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung, FDP
> und Grüne halten dagegen. Bald spricht der EuGH.
Bild: Für „maximalen Ermittlungsdruck“: Innenministerin Nancy Faeser (SPD)
Berlin taz | Der Gegenwind kam prompt. Kaum hatte Bundesinnenministerin
Nancy Faeser (SPD) ihren Aufschlag zur [1][Vorratsdatenspeicherung]
gemacht, gaben die Koalitionspartner von Grünen und FDP Kontra. Man habe
im Koalitionsvertrag vereinbart, die anlasslose Vorratsdatenspeicherung
„endgültig abzuschaffen“, stellte Justizminister Marco Buschmann (FDP)
klar. „Das gilt.“ Und auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz betonte
gegenüber der taz: „Die Vorratsdatenspeicherung ist rechtsstaatlich tot,
und das seit langer Zeit.“
Faeser hatte am Donnerstag in der Zeit eine rasche Wiedereinführung der
Vorratsdatenspeicherung gefordert. Die Speicherung von Daten sei „unbedingt
erforderlich“, um etwa Täter in schweren Fällen von Missbrauch
identifizieren zu können. Gerade in diesem Feld brauche es „maximalen
Ermittlungsdruck“, die Vorratsdatenspeicherung sei hier unverzichtbar.
Viele Täter gingen den Ermittlern „durch die Lappen“, weil die
Vorratsdatenspeicherung aktuell weitgehend außer Kraft gesetzt sei.
Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung, mit der Provider Telefon- und
Internetverbindungsdaten festhalten sollen, wurde 2015 wieder eingeführt,
liegt aber bereits seit 2017 auf Eis – auch weil ein [2][Rechtsstreit vor
dem Europäischen Gerichtshof] (EuGH) andauert. Er will nun am 20. September
seine Entscheidung verkünden.
Faeser hatte schon zuvor beklagt, dass eine Verfolgung von digitalen
Straftaten an der Anonymität von Täter:innen scheitere. Das
verpflichtende Speichern von IP-Adressen und Portnummern sei deshalb
„unverzichtbar“. Unterstützung kommt von [3][Unions- und
SPD-Innenminister:innen aus den Ländern]. Eine konkrete Umsetzung oder
Speicherfristen lässt Faesers Ministerium auf Nachfrage jedoch offen.
## „Ein totes Pferd, von dem Faeser absteigen sollte“
Im [4][Koalitionsvertrag] einigte sich die Ampel auf keine definitive
Absage an die Vorratsdatenspeicherung, vereinbarte aber, diese nur
„rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss“ anzuwenden �…
ein Massenspeichern ist damit de facto ausgeschlossen.
Und Justizminister Buschmann spricht sich seit Amtsantritt klar gegen das
Instrument aus. „Die Vorratsdatenspeicherung ist nicht mit unseren
Grundrechten vereinbar“, betont der FDP-Mann auch jetzt. „Allein deshalb
kann sie keine Option sein.“ FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle sekundiert:
„Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist ein totes Pferd, von dem auch
Nancy Faeser zügig absteigen sollte.“ Der Koalitionsvertrag und die
europäische Rechtsprechung seien hier „eindeutig“, so Kuhle zur taz.
Nicht minder deutlich werden die Grünen. Hier nennt Fraktionsvize von Notz
ebenso die Rechtsprechung und den Koalitionsvertrag „sonnenklar“. Die
Bekenntnisse zur Vorratsdatenspeicherung seien daher „rein deklaratorischer
Natur“. „Wir sollten endlich über Instrumente sprechen, die wirkungsvoll
und verfassungskonform sind.“
Auch die Mitglieder des Digitalausschusses im Bundestag zeigten sich am
Donnerstag überrascht von Faesers Vorstoß. Die Vorsitzende,
Grünen-Politikerin Tabea Rößner, verwies ebenso auf den Koalitionsvertrag.
Darin heißt es, dass die Cybersicherheit gestärkt werden soll, ohne
Bürgerrechte abzubauen. „Die Vorratsdatenspeicherung in ihrer alten Form
wiedereinzuführen steht in krassem Widerspruch dazu und ist
verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen“, sagte Rößner der taz. Im
Digitalausschuss wird erwogen, Faeser zu einem Gespräch zu bitten. Konkrete
Planungen gab es am Donnerstag aber noch nicht.
## Gegenwind auch aus den eigenen Reihen
Und Faeser bekommt auch aus den eigenen Reihen Gegenwind. Die Absprachen
seien klar, sagte Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion, der taz. „Und auch das gemeinsame Ziel im Kampf gegen
Missbrauch eint uns.“ Man müsse nun das EugH-Urteil abwarten und brauche
endlich Rechtssicherheit. Auch SPD-Chefin [5][Saskia Esken] sprach sich
wiederholt gegen die Vorratsdatenspeicherung aus.
Justizminister Buschmann setzt derweil auf eine Alternative: das „[6][Quick
Freeze]“. Dabei sollen Daten erst nach einem Anfangsverdacht auf eine
schwere Straftat und nur von konkret verdächtigten Nutzer:innen
gespeichert werden. Da die Vorratsdatenspeicherung momentan gar nicht
angewendet wird, hätten die Ermittler so künftig mehr Befugnisse als heute,
erklärte Buschmann zuletzt.
8 Sep 2022
## LINKS
[1] /EuGH-zur-Vorratsdatenspeicherung/!5812668
[2] /EuGH-und-Vorratsdatenspeicherung/!5816482
[3] /Innenministerkonferenz-startet/!5855023
[4] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
[5] /Streit-um-Vorratsdatenspeicherung/!5647083
[6] /Innenministerkonferenz-startet/!5855023
## AUTOREN
Konrad Litschko
Tanja Tricarico
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