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# taz.de -- EuGH und Vorratsdatenspeicherung: Gutachten für Persönlichkeitsre…
> Generalanwalt Sánchez-Bordona hält die anlasslose Speicherung von
> Internetverkehrsdaten für unzulässig. Der Europäische Gerichtshof dürfte
> dem folgen.
Bild: Hier sollen die Computer ins Rödeln kommen: Rechenzentrum des Landeskrim…
Die deutsche Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht und muss
abgeschafft oder geändert werden. Zu diesem Schluss kommt in einem
Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) der unabhängige
Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona. Das endgültige Urteil wird in
einigen Wochen verkündet.
Als Vorratsdatenspeicherung bezeichnet man die anlasslose Speicherung der
Telefon- und Internetverbindungsdaten der gesamten Bevölkerung. Die
Provider müssen dabei etwa festhalten, wer wann wen angerufen oder
angeschrieben hat und wer wann sich wo mit welcher IP-Adresse ins Internet
eingeloggt hat. Bei Mobiltelefonen wird auch der Standort gespeichert.
Inhalte werden jedoch nicht erfasst. So soll ein riesiger Datenfundus
entstehen, auf den die Polizei bei Bedarf zugreifen kann.
[1][Seit rund zwanzig Jahren ist die Vorratsdatenspeicherung einer der
zentralen Streitpunkte der deutschen Innenpolitik.] Das aktuelle Gesetz
wurde 2015 von der Großen Koalition eingeführt. Es wurde aber bis heute
nicht angewandt. Denn die Provider Space Net und Deutsche Telekom klagten
gegen das Gesetz. Mit Blick auf die strenge EuGH-Rechtsprechung zu anderen
Staaten wurde das deutsche Gesetz auch alsbald von der Bundesnetzagentur
ausgesetzt und steht nur auf dem Papier. 2019 fragte das
Bundesverwaltungsgericht dann den EuGH, was er von den deutschen Regelungen
hält. In diesem Verfahren gab nun der unabhängige Generalanwalt
Sánchez-Bordona seine Empfehlungen ab.
Nach Ansicht des Generalanwalts verstößt die deutsche Regelung gegen
EU-Recht, denn sie ermögliche eine umfassende Bildung von
Persönlichkeitsprofilen. Die Verkehrsdaten, die von allen Menschen
gespeichert werden sollen, erlauben Einblicke in Gewohnheiten und soziale
Beziehungen, so Sánchez-Bordona. Jede präventive Vorratsdatenspeicherung
verstoße deshalb prinzipiell gegen die EU-Richtlinie zum Datenschutz für
elektronische Kommunikation.
## Interesse bei den Ampel-Parteien
Der Generalanwalt hält nur drei Ausnahmen für zulässig. So könnte eine
allgemeine Vorratsdatenspeicherung zeitweise eingeführt werden, solange es
eine Bedrohung der „nationalen Sicherheit“ gibt. Beispiele nannte
Sánchez-Bordona nicht.
Auch eine „gezielte“ Vorratsdatenspeicherung gegen bestimmte Gruppen oder
in bestimmten Regionen sei möglich, so der Generalanwalt. Dies dürfe aber
niemanden diskriminieren, sei also schwer umzusetzen.
Die dritte Ausnahme ist die relevanteste: Wenn nur die IP-Adressen
gespeichert werden, mit denen sich die Nutzer ins Internet einwählen, dann
wäre ein zentraler Wunsch der Polizei erfüllt. So könnte etwa die
Verbreitung von Missbrauchsabbildungen besser bekämpft werden.
Der EuGH wird diesen Empfehlungen voraussichtlich folgen, denn der
Generalanwalt hat hier eins zu eins das letzte EuGH-Urteil zur
Vorratsdatenspeicherung von Oktober 2020 zitiert.
Dass die Speicherdauer in Deutschland mit zehn Wochen kürzer ist als in
anderen EU-Staaten (wo sechs Monate gespeichert wird), sei zwar ein
„lobenswerter Fortschritt“, könne das deutsche Gesetz aber nicht retten.
Denn auch aus einer zehnwöchigen Speicherung von Verkehrsdaten könne ein
umfassendes Persönlichkeitsbild erstellt werden, so Sánchez-Bordona.
Das Urteil des EuGH wird wohl auch von den Ampelfraktionen mit Interesse
erwartet. [2][Denn bei den Koalitionsverhandlungen ist die
Vorratsdatenspeicherung ein wichtiges Streitthema.] Grüne und FDP wollen
sie abschaffen, die SPD-Innenminister der Länder halten sie für notwendig.
18 Nov 2021
## LINKS
[1] /Vorratsdatenspeicherung-vor-EuGH/!5800851
[2] /Innere-Sicherheit-von-Rot-Gruen-Gelb/!5810795
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Vorratsdatenspeicherung
EuGH
Persönlichkeitsrechte
Datenschutz
Helmut Kohl
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Datenschutz
Schwerpunkt Meta
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